Am 7. Mai fand in Konstanz die deutsche Umweltministerkonferenz statt. Sachsens Umweltminister Frank Kupfer (CDU) ist zwar nicht hingefahren. Er hat lieber in Annaberg-Buchholz die Annaberger Klimatage 2014 eröffnet. Nach Konstanz hat er seinen Staatssekretär Dr. Fritz Jaeckel geschickt. Aber der hatte wieder so einen typischen sächsischen Vorschlag in der Tasche.
Im Namen Sachsens hat er auf der Umweltministerkonferenz in Konstanz auf angemessene Entschädigungen gedrängt, wenn Landwirte ihre Felder als Überschwemmungsflächen bei Hochwasser zur Verfügung stellen. Gemeinsam mit Thüringen, Sachsen-Anhalt und Bayern brachte Sachsen dazu einen Antrag zum Nationalen Hochwasserschutzprogramm (NHWSP) ein.
“Das Nationale Hochwasserschutzprogramm ist insbesondere für Hochwasserschutzprojekte mit länderübergreifender Bedeutung enorm wichtig. Die Schaffung von Poldern kann nicht allein Aufgabe der Oberlieger an den Gewässern sein, die selbst keinen Vorteil von diesen Maßnahmen haben”, erklärte dazu im Nachhinein Umweltminister Frank Kupfer.
Dass Kupfer das Thema Polder überhaupt anspricht, ist schon ein kleines Wunder. Denn beim Hochwasserschutz hat Sachsen seit der “Jahrhundertflut” 2002 zu 99 Prozent rein auf technischen Hochwasserschutz gesetzt – hat für 1,6 Milliarden Euro vor allem Deiche ertüchtigt, verstärkt oder neu gebaut, Hochwasserbecken, Staumauern und Steuerungsbauwerke gebaut, Hochwasserschutz also rein ingenieurtechnisch umgesetzt. Die 2002/2003 entworfenen Pläne, rund 7.500 Hektar Retentionsflächen an Sachsens Flüssen wieder zu gewinnen, wurden auf dem Papier auf 5.000 Hektar eingedampft. Wirklich geöffnet wurden bis zur “Jahrhundertflut” 2013 aber nur 111 Hektar. Das bekam Sachsen-Anhalt mit voller Wucht zu spüren: Die Wassermassen rauschten durch die ertüchtigten sächsischen Deichsysteme und brachten mit ihrer Wucht dann im flussabwärts gelegenen Sachsen-Anhalt die Deiche reihenweise zum Brechen.
Die Kritik aus dem flussab gelegenen Nachbarland war entsprechend deutlich.Wie wichtig so ein “Polder” flussaufwärts ist, konnten die Leipziger erleben, als während der Juni-Flut das Nahleauslasswerk geöffnet wurde. Für den Schutz der Stadt Leipzig spielt der “Polder” Burgaue nicht die geringste Rolle. Aber die Wassermassen, die hier aus dem Flusssystem der Weißen Elster herausgenommen werden und kurzzeitig den Auenwald fluten, entspannen die Lage im flussabwärts gelegenen Halle.
Der Freistaat Sachsen, der nun seit über zehn Jahren seinen Landwirten zuliebe auf den Bau von Poldern und Deichrückverlegungen weitestgehend verzichtet hat, der möchte nun gern, dass andere dafür finanziell einspringen.
Sachsens Sicht auf das Thema: “Neben der finanziellen Sicherstellung eines solchen Programms müssen auch länderübergreifende Regelungen für den Fall getroffen werden, dass bei Hochwassern landwirtschaftliche Flächen gezielt als Retentionsraum genutzt werden.”
“Die betroffenen Landwirte müssen in diesen Fällen Einbußen an ihren Erträgen bis hin zum Totalverlust hinnehmen. Es ist selbstverständlich, dass sie nicht allein gelassen werden dürfen, wenn durch ihre Mithilfe Schäden an Hab und Gut der Menschen in Ortschaften vermieden werden. Dazu sollte der Bund gemeinsam mit den Ländern verbindliche Regelungen erarbeiten”, erklärt Frank Kupfer, wie er sich das vorstellt.
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Als Konsequenz aus dem Juni-Hochwasser 2013 hatten die Umweltminister schon im September 2013 die Erarbeitung eines nationalen Hochwasserschutzprogrammes beschlossen. Dabei war die Feststellung, dass an den Oberläufen der Flüsse wichtige Retentionsräume fehlen, weil die Flüsse in den letzten Jahrzehnten massiv eingedeicht wurden und natürliche Überschwemmungsflächen verbaut wurden, besonders wichtig. Nicht alle dieser Flächen werden landwirtschaftlich genutzt. Ein gut Teil dieser natürlichen Überschwemmungsflächen sind nach wie vor naturnahe Flussauen – wie der komplette Auenwald zwischen Leipzig und Halle.
Bis zum Herbst 2014 sollen nun die überregional wirksamen Maßnahmen insbesondere zur Gewinnung von Hochwasserrückhalteräumen identifiziert und als Programmvorschlag der Umweltministerkonferenz vorgelegt werden, meldet das SMUL. Was Sachsen jetzt vorschlägt für die Umweltministerkonferenz, ist dann ein Teil dessen, was es 2002 schon auf seiner To-do-Liste stehen hatte. Aber wenn das jetzt andere bezahlen, wär’s doch viel schöner: Sachsen hat die Polder Dommitzsch, Polbitz, Dautzschen, Döbeltitz, Ammelgosswitz und Außig an der Elbe, die Hochwasserrückhaltebecken Mulda und Oberbobritzsch im Erzgebirge sowie die Deichrückverlegung Bennewitz-Püchau an der Mulde in das Programm eingebracht, meldet das SMUL. Und da das alles nicht neu ist, kann es auch melden. “Für diese Maßnahmen sind Planungen in unterschiedlichen Stadien vorhanden.”
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