2013 war irgendwie das Jahr der Nachhaltigkeit. Gewählt deshalb, weil Sachsens höchster Forstbeamter vor 300 Jahren erstmals den Begriff der Nachhaltigkeit prägte. Zuallererst für die Waldbewirtschaftung, weswegen die sächsische Regierung tatsächlich glaubt, Sachsen sei ein Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit. Aber das ist der Freistaat nicht mal bei seinen eigenen Staatsforsten, stellt die Landtagsabgeordnete Gisela Kallenbach fest.

“Wir fordern, dass sächsische Staatswälder nach den internationalen Kriterien für verantwortungsvolle Waldwirtschaft des Forest Stewardship Council (FSC) bewirtschaftet werden”, erklärt Gisela Kallenbach, umweltpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, zum “Internationalen Tag des Waldes” am 21. März. “Nach den anspruchsvollen ökologischen und sozialen Qualitätsstandards wurde bisher erst ein Prozent der sächsischen Waldfläche zertifiziert. Das sind etwa 5.000 Hektar. Zum Vergleich: Die Hälfte des Staatswaldes im Bundesland Rheinland-Pfalz – immerhin 110.000 Hektar – ist bereits nach dem Standard des FSC zertifiziert.”

Jedes Jahr verschwinden weltweit rund 13 Millionen Hektar Wald – eine Fläche von der Größe Griechenlands. Aufgrund dieser massiven Waldvernichtung, die eine existenzielle Bedrohung für Millionen von Menschen ist, hat die Welternährungsorganisation FAO Ende der 70er Jahre den 21. März zum “Internationalen Tag des Waldes” ernannt. Mit einer eigenen Resolution hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen im Dezember 2012 beschlossen, den 21. März jedes Jahres zum Internationalen Tag der Wälder zu erklären.

Beim FSC-Siegel nimmt ein unabhängiger Zertifizierer ein vorherige Vor-Ort-Prüfung für die erstmalige Zertifizierung des jeweiligen Betriebs vor. Nach einer erfolgten Zertifizierung finden jährliche Vor-Ort-Audits in jedem Forstbetrieb statt, um zu überprüfen, dass die FSC-Standards eingehalten werden. Die Einhaltung der Standards innerhalb einer Gruppe wird durch einen Gruppenvertreter mit Hilfe eines internen Monitoringsystems sichergestellt.

Im Freistaat Sachsen ist auch das Forstzertifikat PEFC von Bedeutung. 64 Forstbetriebe sind nach PEFC zertifiziert und nutzen das PEFC-Logo. Darunter befindet sich auch der Wald im Eigentum des Freistaates (38,7 Prozent). Das PEFC-Siegel beruht auf freiwilliger Selbstverpflichtung. Der Antragssteller erhält eine PEFC-Urkunde, die seine Zertifizierung belegt. Die Einhaltung der Standards wird stichprobenartig geprüft.

“Bisher liegt die Waldumbaufläche in Sachsen pro Jahr nur zwischen 1.000 und 1.500 Hektar. Geht es in dem Schneckentempo weiter, braucht es noch 100 Jahre, um den Wald für den Klimawandel fit zu machen”, kritisiert Kallenbach. “Neben den naturgemäß bewirtschafteten Forsten muss auch der Anteil der Waldflächen, in denen natürliche Prozesse ungestört ablaufen können, mittelfristig im Staatswald auf zehn Prozent erhöht werden.”

Aktuell befinden sich die Landeswälder von Hessen und Baden-Württemberg im FSC-Zertifizierungsprozess. Die Wälder der Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Berlin sowie zahlreiche Gemeinde- und Privatwälder sind bereits nach den Standards des FSC zertifiziert.

Leitbild der angestrebten Wirtschaftswälder beim FSC-Siegel sind naturnahe Waldökosysteme, die sich bezüglich Baumartenzusammensetzung, Vorrat, Dynamik und Struktur den natürlichen Waldgesellschaften annähern. Um das FSC-Siegel zu bekommen, sind unter anderem Umstellungen bei der Bürgerbeteiligung, dem Einsatz von Pestiziden, dem Einbringen nichtheimischer Baumarten, dem erweiterten Mindestabstand von Wirtschaftswegen und bei der Ausweisung von geschützten Flächen für die natürliche Waldentwicklung vorzunehmen sowie faire Löhne nachzuweisen.

“Ohne zusätzliche Anstrengungen beim Waldumbau ist der sächsische Wald dem Klimawandel nicht gewachsen. Auf der Hälfte der rund 200.000 Hektar Staatswald wachsen Fichten in Monokultur außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes. Diese sind verhältnismäßig artenarm. Sie sind deshalb besonders anfällig gegen Trockenheit und Schädlingsbefall. Schon jetzt treffen Stürme und Borkenkäferbefall besonders die Fichtenmonokulturen. Darüber hinaus fällt die Klimaschutzbilanz von Nadelwäldern im Vergleich zu Laub- und Mischwäldern sehr viel schlechter aus. Der Umbau von Nadelwäldern hin zu Laubwäldern kann deshalb die Speicherkapazität der Böden für Kohlenstoff verdoppeln.”

Informationen Zertifizierung in Sachsen:
www.umwelt.sachsen.de/umwelt/ua/20563.htm

Ergebnisse und Bilanz des Waldumbaus in Sachsen:
www.forsten.sachsen.de/wald/247.htm#article395

FSC-Standards:
www.fsc-deutschland.de/fsc-standards.55.htm

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Redaktion über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar