Er hat sich einen der schwersten Jobs in der neuen Bundesregierung ausgesucht: Sigmar Gabriel (SPD), der neue Wirtschafts- und Energieminister. Mit seinem Reformvorschlag fürs EEG-Gesetz hat er gleich heftige Kritik geerntet - von konservativer Seite genauso wie von den Befürwortern der Energiewende. Der energiepolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, Dirk Panter, hat Gabriels Vorschlag vehement begrüßt. Warum nur? - Die L-IZ hat nachgefragt.

Sehr geehrter Herr Panter, glauben Sie wirklich, dass das von Sigmar Gabriel vorgelegte Reformpaket die Probleme des Umbaus der Energiewirtschaft löst und auch die Strompreise in den Griff bekommt?

Die Energiewirtschaft und der Strommarkt sind eine hochkomplexe Angelegenheit, deshalb wird es den “einen Wurf”, der alle Probleme löst, nicht geben können. Allerdings hat Wirtschaftsminister Gabriel mit seinem Eckpunktepapier und dem ambitionierten Zeitplan deutlich gemacht, welchen zentralen Stellenwert die Energiepolitik für ihn hat. Anders als unter der schwarz-gelben Regierung werden die Probleme endlich angepackt, nachdem sich vier Jahre lang Wirtschafts- und Umweltministerium gegenseitig blockiert haben. Die vorgelegten Eckpunkte werden den Anstieg der Strompreise bremsen.

Gerade beim Ausbau erneuerbarer Energieanlagen (Windparks, Solaranlagen) hat Sigmar Gabriel neue Beschränkungen eingebaut, die weitere Investitionen in solche Anlagen kaum noch lukrativ erscheinen lassen. Es ist also eher ein Brems-Paket als eine Reform. Oder sehen Sie das anders?

In der Tat gibt es bei den nun geplanten Ausbaukorridoren noch Diskussionsbedarf. Man muss aber sehen, dass die niedrigen Ausbauziele vor allem von Seite der CDU/CSU durchgesetzt wurden. Zentral für die Reform des EEG – auch im Hinblick auf unsere Klimaschutzziele – sind der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien sowie gleichzeitig eine Begrenzung der Kosten. Dies soll z.B. durch den Abbau bestehender Überförderungen (Grünstromprivileg, Managementprämie) erreicht werden. Andererseits sollen die Vergütungssätze für Strom aus erneuerbaren Energien schrittweise gesenkt werden. Dieser Schritt ist richtig, denn die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien ist in den letzten Jahren deutlich rentabler und günstiger geworden.

Nachdem schon die deutsche Solarwirtschaft herbe Einbußen hinnehmen musste, sehen jetzt die Investoren und Betreiber für Windparks ein Ende der Rentabilität. Sind da die Gabrielschen Rezepte die richtigen?

Für die zum Teil massiven Einbrüche bei der deutschen Solarwirtschaft kann das EEG nicht verantwortlich gemacht werden. Der bedauernswerte Niedergang der deutschen Solarindustrie hängt vielmehr mit internationaler, vor allem chinesischer Konkurrenz zusammen, die ihre Produkte weitaus billiger anbieten können. Für die Windkraft soll nun analog zur Photovoltaik ein “atmender Deckel” eingeführt werden. Das ist sicherlich problematisch, da im Bereich der Windkraft längere und kostenintensivere Planungs- und Realisierungsprozesse bestehen. Ich kann mir gut vorstellen, dass in diesem Bereich nachgesteuert wird. Klar ist aber auch: Bombensichere Renditeerwartungen von 8 Prozent und mehr für die Betreiber von EE-Anlagen wird es in Zukunft nicht mehr geben können.Das Thema der EEG-Umlage-Befreiungen für mittlerweile über 1.300 Unternehmen hat er gar nicht angepackt, obwohl das derzeit der wichtigste Kostentreiber bei den Strompreisen für Haushalte und kleine Unternehmen ist.

Es ist richtig, dass die unter der schwarz-gelben Regierung massiv ausgeweiteten Ausnahmeregelungen bei der EEG-Umlage zu einer Entsolidarisierung bei der Finanzierung der Energiewende geführt und mittlerweile sogar die Wettbewerbshüter der EU auf den Plan gerufen haben. Das Eckpunktepapier von Sigmar Gabriel spricht dabei aber eine klare Sprache: die privilegierten Unternehmen sollen einen angemessenen Kostenbeitrag übernehmen und die Ausnahmeregelungen werden europarechtskonform ausgestaltet. Die Ausnahmen dürfen – wie damals unter der rot-grünen Bundesregierung – ausschließlich für energieintensive Unternehmen gelten, die im internationalen Wettbewerb bestehen müssen.

Völlig offen ist das Thema der Gaskraftwerke, die als eigentliche “Übergangstechnologie” für die Energiewende gedacht waren. Aber weil der Preis für Kohlestrom im Keller ist, sind sie nicht konkurrenzfähig und etliche Stadtwerke haben dadurch schon existenzielle Probleme. Und: Da CO2-Zertifikate am Markt so gut wie nichts kosten, ist Strom aus Braunkohle derzeit der günstigste auf dem Markt und verdrängt alle anderen – auch die alternativen – Stromerzeuger. Kann die Gabrielsche Reform überhaupt greifen, wenn sich bei den Subventionen für Kohle – auch in Sachsen – und der Inflation von CO2-Zertifikatien nicht bald etwas ändert?

Auch hier sollte man differenzieren. Der Emissionshandel ist nicht Teil des EEG und kann folglich in diesem Gesetz nicht geregelt werden. Dies muss auf europäischer Ebene geschehen. Im Koalitionsvertrag hat sich die SPD durchgesetzt und es wurde vereinbart, dass die Bundesregierung darauf hinarbeiten soll, den Emissionshandel auf EU-Ebene endlich zu einem wirksamen Instrument der CO2-Reduktion zu entwickeln. Mit der geplanten Herausnahme von Millionen Zertifikaten aus dem Handel (das sog. “Backloading”) soll erreicht werden, dass die Preise für den CO2-Ausstoß signifikant ansteigen. Dies wird dann auch Auswirkungen auf die Stromproduktion aus fossilen Energieträgern haben.

Das Ursprungs-Statement von Dirk Panter zum Nachlesen:

“SPD reformiert die Energiewende und “kärchert” den Scherbenhaufen der FDP weg

Was kann schwarzgelb nach vier Jahren Regierungsbeteiligung energiepolitisch vorweisen? 48 Monate Konzeptlosigkeit, fortwährend steigende Stromkosten für die Privatverbraucher und aufgeblähte Sonderregelungen für die Unternehmen! Dem Scherbenhaufen zum Trotz hat Energieminister Gabriel in kürzester Zeit ein Konzept vorgelegt, das nicht nur binnen eines halben Jahres greifen, sondern vom Koalitionspartner CDU mitgetragen wird. Nach vier verlorenen FDP-Jahren reformiert die SPD die Energiewende mit Hochdruck und “kärchert” den Scherbenhaufen der FDP weg.

Dass sich die Freien Demokraten nun für eine kurzfristige Entlastung der Privatverbraucher stark machen, ist einzig und allein Stimmungsmache. Sie haben zu Regierungszeiten nichts, aber auch gar nichts unternommen, um der Preissteigerung einen Riegel vorzuschieben. Stattdessen ist parallel die Zahl der Unternehmen, die von den sogenannten Ausgleichsregelungen und damit von Vergünstigungen profitieren, die letztlich die Verbraucher bezahlen müssen, um das Dreifache angestiegen. Kamen 2011 gerade einmal 600 Unternehmen in den Genuss der Privilegien, waren es 2013 schon 1.800. Nun im Nachhinein auf sächsische Aktivitäten zu verweisen, die sowohl beim Koalitionspartner CDU, als auch in der Wissenschaft und Wirtschaft als Rohrkrepierer verpufften, ist merkwürdig, passt aber zur Vorgehensweise der FDP. Viel versprechen, nichts können, nichts liefern und dann jammern.”

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