Nach dem Obmann der Grünen im NSU-Untersuchungsausschuss ("Neonazistische Terrornetzwerke in Sachsen") des Sächsischen Landtages zieht auch Kerstin Köditz, Obfrau der Linksfraktion, eine durchwachsene Bilanz dessen, was sie da in der letzten Zeit zu hören bekam. "Als Gesamteindruck der zehn Zeugenvernehmungen bleibt haften, dass es in Sachsen für Polizisten offenbar zumindest nicht karrierehinderlich ist, wenn man mit einem sehr schwachen Gedächtnis ausgestattet ist", sagte sie am Freitag, 25. Oktober.
“Oft schien nicht nur ‘A’ nicht gewusst zu haben, was ‘B’ getan hat oder zu tun beabsichtigte, sondern ‘A’ sagte sogar das Gegenteil von dem aus, was die feste Überzeugung von ‘B’ war. Im Nachhinein erstaunt allerdings nicht, dass dieser Wirrwarr im Polizeialltag der Jahre um 2000 nicht auffiel, denn die Ineffektivität der damaligen sächsischen Polizeistruktur wurde immer deutlicher”, stellt Köditz fest. “Damit wurde zugleich die bisher wie ein Mantra von den sächsischen Verantwortlichen vorgetragene Behauptung widerlegt, die mangelhafte Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern und mit der Bundesebene sei wesentlich ursächlich für den Misserfolg bei der Fahndung.”
Wichtige Ursachen dürften im Eigenleben des Geheimdienstes sowie in komplizierten Strukturen der Polizei liegen, die dazu führten, dass selbst innerhalb der Polizeidirektion Chemnitz Erkenntnisse nur mangelhaft weitergegeben wurden, so Köditz. “So erfuhren zwar Beamte der sächsischen Soko Rex von der bundesweiten Fahndung nach dem untergetauchten Trio, wurden aber nicht in dieser Sache aktiv. Selbst der Chemnitzer Polizeipräsident Uwe Reißmann konnte sich nicht daran erinnern, jemals informiert worden zu sein.”
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Es war das Nicht-Kooperieren der sächsischen Behörden selbst, das dazu führte, dass die drei Rechtsradikalen in Chemnitz und Zwickau jahrelang untertauchen und unbehelligt zu ihren Taten ausschwärmen konnten.
Kerstin Köditz: “Es gilt längst als gesicherte Erkenntnis, dass die neonazistische Organisation ‘Blood & Honour’ die logistische Absicherung des Untertauchens des flüchtigen Trios organisierte. Das Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen allerdings, dies wurde deutlich, gab sein einschlägiges Wissen nicht an die Polizei weiter. Es liegt nahe, dass die Fahndung erleichtert worden wäre, wenn den Ermittlern dieses Wissen zur Verfügung gestanden hätte.”
Vernommen wurden durch den Ausschuss auch zwei Beamte des Landeskriminalamtes Berlin. “Dabei wurde deutlich, dass das LKA Berlin damals im fraglichen Bereich mindestens drei Spitzel in Sachsen geführt hat”, resümiert Köditz. “Ein Zeuge war zwar nicht der Führer des NSU-Unterstützers und Blood & Honour-Kaders Thomas Starke, führte aber im Freistaat zwei andere Quellen im Bereich Neonazismus. Für mich bleibt die Frage offen, ob mittels der Spitzel anderer Landeskriminalämter die Anweisung an den polizeilichen Staatsschutz in Sachsen umgangen werden sollte, keine eigenen V-Leute in diesem Bereich zu führen. Keine Unterschiede waren zwischen den Polizeibeamten aus Sachsen und aus Berlin bezüglich des schwachen Gedächtnisses auszumachen.”
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