Wer fleißig Doppelhaushalte vorlegt, die weniger Ausgaben vorsehen als Geld eingenommen wird, der hat jedes Jahr im Januar ein Freudenfest: Dann bleibt was übrig. Und wenn man dreistellige Millionenbeträge schon mal vorsorglich eingespart hat, bleiben dreistellige Millionenbeträge übrig. 319 Millionen Euro waren es im Januar 2013, die aus dem Jahr 2013 übrig blieben. Was er damit anfangen wollte, wusste Sachsens Finanzminister Georg Unland auch schon.

311 Millionen wollte er in den Garantiefonds für die Sachsen LB stecken. Am Dienstag, 24. September, stellte er im Regierungskabinett den Jahresabschluss für 2012 vor. Und er konnte die Summe, die er dem Garantiefonds, mit dem die Sachsen für einen Teil der Ausfälle durch das Sachsen-LB-Desaster haften, sogar noch aufstocken.

“Die Steuermehreinnahmen 2012 bieten die einmalige Chance, das letzte Risiko einer Deckungslücke im Garantiefonds abzusichern”, erklärte Finanzminister Prof. Dr. Georg Unland am Dienstag dazu.

Neben den Zuführungen nach dem Garantiefondsgesetz wird durch eine einmalige Zuführung von nunmehr 343 Millionen Euro die maximal mögliche Inanspruchnahme des Garantiefonds vollständig ausfinanziert.

“Wir entlasten damit zukünftige Haushalte. Denn nachhaltige Haushaltspolitik im Sinne der Schuldenbremse bedeutet, in guten Zeiten Vorsorge zu treffen und Risiken zu vermeiden. Die Politik in Sachsen bleibt handlungs- und gestaltungsfähig”, meinte der Finanzminister.

Vor dem Hintergrund der bisher geleisteten Zahlungen, des aktuellen Fondsbestands, der Zuführungen im Doppelhaushalt 2013/14 sowie der Zuführungen nach dem Garantiefondsgesetz verblieb bisher ein Betrag von 343 Millionen Euro zur Absicherung des maximalen Risikos von 2,75 Milliarden Euro ungedeckt, wie es die sächsische Staatsregierung nach der Sachsen-LB-Pleite übernommen hat. Insgesamt hatte die die Sachsen LB insbesondere mit ihren Ablegern in Irland rund 16 Milliarden Euro an Risiken aufgebaut. Das aber wäre mehr als ein kompletter Jahreshaushalt des Freistaats Sachsen gewesen. Daran hätte Sachsen nicht nur bis 2020 gezahlt, sondern ungefähr bis 2150.
Mit der Zuführung der 343 Millionen Euro sei der Garantiefonds nun vollständig ausfinanziert, so Unland. “Die Finanzierung der Landesbank-Folgekosten war sehr schmerzhaft. Das Geld hätte man in vielen Politikbereichen sinnvoll einsetzen können. Jetzt haben wir aber eine Altlast beseitigt. Kein Politikbereich muss in Zukunft mehr fürchten, dass wegen der ehemaligen Landesbank Einschnitte zu seinen Lasten erfolgen”, so Unland weiter.

Insgesamt sei der Freistaat das erste Bundesland, das die Folgekosten seiner Landesbank ohne Neuverschuldung abgearbeitet habe.

Was so erst einmal nur auf dem Papier stimmt. Denn wirklich abbezahlt hat Sachsen erst 1 Milliarde von den 2,75 Milliarden. Ende Juni hatte das Finanzministerium die jüngste Tranche von 94 Millionen Euro gemeldet, mit der sich die abgeleistete Ausfallhöhe auf 1.001.200.504,60 Euro erhöhte. Da Finanzministerium gibt den gezahlten Betrag freilich nur mit 984 Millionen Euro an. Und erwähnt in der Fußnote: “ohne Verzugszinszahlung”. Was ja dann im Umkehrschluss heißt: Der Freistaat hat auch schon 17 Millionen Euro an Verzugszinsen gezahlt.

Die nächste Meldung zur nächstfälligen Ausfallrate ist in den nächsten Tagen zu erwarten. Es ist wahrscheinlich, dass sie wieder im Bereich der 90 Millionen Euro liegt. Was natürlich Folgerungen hat: 100 Millionen Euro Rücklagen pro Jahr sind zu wenig. Zwar waren per 30. Juni noch 823 Millionen Euro im Fondsbestand. Die 343 Millionen kommen jetzt dazu, womit sich die Rücklage auf 1,146 Milliarden Euro erhöht. Das reicht aber bei quartalsweisen Zahlungen von 90 Millionen Euro gerade so drei Jahre. Ende 2016 wäre der Topf leer.

Tatsächlich wird er noch weiter aufgefüllt. Und zwar jährlich um jeweils 100 Millionen Euro. Im Doppelhaushalt 2013/2014 kommen also noch einmal 200 Millionen Euro dazu, die man ebenfalls “in vielen Politikbereichen sinnvoll” hätte einsetzen können.

Und dann bleibt immer noch ein Rest von 400 Millionen Euro, die nach dem Garantiefondsgesetz in den Folgejahren eingestellt werden müssten. Wenn die Raten, die als Ausfälle gemeldet werden, weiter so hoch bleiben, wird der Finanzminister im Doppelhaushalt 2015/2016 die vollen fehlenden 400 Millionen einstellen müssen.

Heißt für die Sachsen: Es wird weiter gespart.

Auch wenn finanzielle Spielräume bestehen. Denn zum Jahresabschluss 2012 erläuterte der Finanzminister auch noch, dass die Ausgabereste vollständig finanziert wurden und der Abschluss ausgeglichen ist. Und er hat weiteres Geld locker gemacht, um Schulden zu tilgen. Aufgrund der durch den Zensus korrigierten Bevölkerungszahl habe das Finanzministerium eine Sondertilgung von 169,2 Millionen Euro vorgenommen. Eingeplant war auch 2013 nur eine Schuldentilgung von 75 Millionen Euro. Sachsen spart zwar emsig, hält sich aber beim Abbau des Schuldenbergs vorerst zurück. Aktuell sind es noch 11 Milliarden Euro.

Mit der jetzigen besonderen Tilgung soll die Pro-Kopf-Verschuldung trotz zensusbedingtem Rückgang der Bevölkerung weitgehend konstant bleiben. “Der Jahresabschluss 2012 spiegelt einen nachhaltigen und generationengerechten Haushalt wieder und steht damit in der besten Tradition der sächsischen Haushaltspolitik”, erklärte der Finanzminister.

Skizze zur Finanzierung des Garantiefonds:
www.medienservice.sachsen.de/medien/assets/download/99824
Zum Abschluss des Haushaltsjahres 2012 erklärt der haushalts- und finanzpolitische Sprecher der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag, Sebastian Scheel: “Aus unserer Sicht sind Mehreinnahmen in Höhe von 512,7 Mio. EUR keine überraschende Größenordnung. Sachsens Finanzminister Unland rechnet sich künstlich arm und entzieht dem Landtag politischen Gestaltungsspielraum.

Die Verwendung der halben Milliarde für Garantiefonds und Sondertilgungen unterstreicht nachdrücklich den Schaden aus der Sachsen LB-Pleite und die zum Schuldenstands-Fetisch verkommene Finanzpolitik der regierenden CDU. In Anbetracht der Tatsache, dass der Freistaat seit Jahren freie Mittel in Rücklagen umlenkt, ist es umso beschämender, dass die Gehaltsanpassung der Bediensteten nur zeitverzögert stattfinden kann. Die Bankpleite bezahlen damit auch die Beschäftigten.”

Und Antje Hermenau, Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag erklärt: “Handwerklich mag der Finanzminister die Sachsen-LB-Pleite gemeistert haben. Politisch wird die CDU das Debakel nie loswerden. Sie hat es versäumt, für politische Hygiene zu sorgen und die verantwortlichen Aufsichtsräte auf Schadensersatz zu verklagen.”

Weiter heißt es in der Mitteilung der Landtags-Abgeordneten: “2,75 Mrd. Euro kostet die Sächsinnen und Sachsen die Sachsen-LB-Pleite. Das Geld fehlt an allen Ecken und Enden. Besonders in unseren Kitas, Schulen und Sporthallen könnte es heute viel besser aussehen. Wir hätten mehr Geld für Energieeffizienz und Klimaschutz und für die Leistungsfähigkeit unserer Kommunen.”

Der finanzpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Jens Michel erklärt zum Haushaltsabschluss 2012 der sächsischen Staatsregierung und zur Verwendung der Mehreinnahmen: “Das Sachsen den Haushalt 2012 mit 512 Millionen Euro Überschuss abschließt, ist ein klares Zeichen für eine solide Finanzpolitik im Freistaat. Es ist richtig, dass Finanzminister Georg Unland die Steuermehreinnahmen aus 2012 für den Garantiefonds zur früheren Landesbank sowie zur Schuldentilgung des Freistaates nutzt. Wir schaffen so mehr Planungssicherheit, weil Sachsen alle Risiken einer möglichen Deckungslücke aus der Bürgschaft des Notverkaufs der Sachsen LB an die Landesbank Baden Württemberg abgesichert hat.

Gerade die im Sommer dieses Jahres vom Landtag beschlossene Verfassungsänderung mit dem Neuverschuldungsverbot gibt uns Zukunftsvorsorge auf. Die Landesbürgschaft ist eine Eventualverbindlichkeit und für den Fall der Fälligkeit haben wir damit eine wichtige Vorsorge getroffen.”

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