Echte Chancen auf Sitze im Bundestag hat die NPD wohl auch bei der anstehenden Wahl nicht. Auf Wahlkostenrückerstattungen für die gesammelten Stimmen schon. Derzeit sorgt sie mal wieder für die übliche Vorwahl-Aufregungen und Zwist im Land. Während im Hessischen Bad Hersfeld ein FDP-Bürgermeister die Plakate der NPD mittlerweile abhängen lässt und eine Strafanzeige wegen Volksverhetzung gestellt hat, ist es bis auf den Unmut der Linken in Sachsen noch weitgehend ruhig. Neben anderen Forderungen lässt die NPD mal wieder gegen Ausländer plakatieren. Diesmal konkret gegen Sinti und Roma.

Im Zentrum steht für die rechte Partei mal wieder der Islam, die vorgebliche Überfremdung und natürlich das Wahlergebnis bei Menschen mit schlichtem Gemüt. Das Abendland versinkt erneut im Chaos, ganze Völkerstämme wandern ein und die Sharia scheint in Deutschland geltendes Recht. Könnte man meinen, wenn man so auf die meist hoch hängenden Plakate der NPD trifft. Wie immer, wenn es um Populismus geht, wird die Seniorin, deren Rente durch die Privatisierungswünsche der Versicherungs- und Bankenlobby und die Niedriglohnpolitik in Deutschland schmilzt, mal eben flott den Sinti und Roma aufgehalst. Ganz so, als ob diese bei der im Rentenverteilungsdebatte in Deutschland auf der anderen Seite des Tisches bei Oma Krause sitzen.

Diese Art des Wahlkampfes hat im hessischen Bad Hersfeld nun dazu geführt, dass Bürgermeister Thomas Fehling (FDP) die Plakate bereits entfernen ließ und Anzeige wegen Volksverhetzung erstattete. Die NPD hat bereits reagiert und zieht nun gegen die “Sachbeschädigung” zu Felde. Eben das könnte nun auch in Sachsen drohen – zumindest wenn es nach dem Willen der Linkspartei geht.
Der minderheitenpolitische Sprecher der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag, Heiko Kosel, zu den NPD-Plakataktionen in Sachsen: “Ich appelliere an die Gemeinden insbesondere in den Landkreisen Bautzen und Görlitz, dem Beispiel der Stadt Bad Hersfeld zu folgen und Menschen diskriminierende Plakate der rechtsextremen NPD in eigener Verantwortung abzuhängen. In unserer ostsächsischen Region ist eine wahre Schwemme gegen Ausländer und Sinti und Roma hetzender Plakate dieser Partei zu sehen. Allein in Lohsa hingen im Ort an der stark befahrenen Straße aus Richtung Uhyst an der Spree nach Hoyerswerda 21 NPD-Plakate.”

Inwieweit dies auch für in Leipzig gleichlautende, hängende Plakate zutreffen könnte und ob die Leipziger Kommune reagiert, ist noch offen. Neben den in rot gehaltenen Schwarz-Weiß-Malereien der NPD gegen Sinti und Roma erfreuen die Rechten auch mit einem weiteren Motiv das in Vorwahlzeiten gern noch flacher fliegende Hirn des umworbenen Wahlwilligen. Eines zeigt ein blondes Mädel, welches scheinbar Seit an Seit mit der natürlich namenlosen Burkabemützten Muslima gestellt Maria heißt und den NPD-Wahlkämpfern offenbar lieber als die Sharia ist. Mal abseits lassend, inwieweit eine in Deutschland unstrittige Rechtsgesetzgebung mit zwischenmenschlichen Neigungen abgleichbar ist, bleibt zu hoffen, dass man sich bei der NPD bewusst ist, dass auch der Name Maria nur scheinbar astrein fürs stramm rechte Klientel daherkommen darf.
Stammt der Name doch vom hebräischen Mirjam, dem Namen der Prophetin und Schwester des Moses im Alten Testament ab. Aber mit den stammesgebietlichen Roswithas und Solveigs hätte dass wohl so auch nicht geklappt, der gelungene Reim fürs wenig genutzte Hirn stand im Wege. Was natürlich dazu führt, hier mehr Kreativität beim NPD-Wunsch nach mehr Abgrenzung gegenüber den seit alttestamentarischen Zeiten andauernden Wanderungsbewegungen einzufordern. Die Maria hingegen ist wohl zu Unrecht blond und fürchtet sich vor einer Gesetzgebung, die noch nicht einmal im weit überwiegenden Teil der islamischen Welt Anwendung findet.

Heiko Kosel jedenfalls sieht nun Handlungsbedarf in Sachsen. Während sich viele Menschen an ihn wendeten, um zu erfahren, wie sie vor allem gegen das “Sinti-und-Roma-Plakat” strafrechtlich vorgehen könnten, seien längst die Kommunen und das Land Sachsen in der Pflicht.

“Aber auch die Staatsregierung ist angehalten, die Kommunen zu informieren, wie diese rechtlich gegen die Kampagne der NPD vorgehen können”, so Kosel weiter. “Ich unterstütze die Forderung des Zentralrates der Sinti und Roma an das Bundesjustizministerium, gesetzliche Schritte gegen diskriminierende Wahlwerbung einzuleiten. Das sächsische Justizministerium sollte sich dabei mit Druck auf das Bundesministerium nicht zurückhalten, und die Justiz im Freistaat sollte sich angesichts einer massiven rassistischen Hetzkampagne der NPD handlungsschneller zeigen.”

Ob es in dieser Sache noch kurz vor der Wahl zu Bewegungen seitens der Kommunen und dem Land Sachsen vor allem bei der menschenfeindlichen Sinti und Roma-Kampagne kommt, ist derzeit offen. Ob es dabei die Maria gleich mit vom Laternenpfahl haut, auch. Ebenso, wie der Name der geheimnisvollen Schönen unter der Burka lautet. Aber vielleicht ist es ja sogar ein Jüngling namens Holger?
Lange hat die Debatte in Bad Hersfeld dann doch nicht gedauert. Am heutigen Tage hat das zuständige Verwaltungsgericht Kassel einem Eilantrag der NPD stattgegeben. Demnach handele es sich bei den plakatierten Sprüchen nach Auffassung des Gerichtes nicht um den Straftatbestand der Volksverhetzung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Falls die Kommune Bad Hersfeld keinen Widerspruch gegen die Entscheidung beim Hessischen Verwaltungsgherichthof einlegt, müsste die Stadt die Plakate jedoch umgehend wieder anbringen.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Michael Freitag über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar