Innenminister Markus Ulbig (CDU) hat am Dienstag den sächsischen Verfassungsschutzbericht 2012 vorgestellt. Die rechte Szene verzeichnet demnach weiterhin Mitgliederschwund. Zählten die Schlapphüte 2011 noch 2.600 Kameraden, waren es ein Jahr später nur 2.500. Der Linksextremismus spielt außerhalb der Großstädte Leipzig und Dresden nur eine marginale Rolle. Die Verfassungsschützer zählten 2012 gerade einmal 730 Szenegänger. Damit sank ihre Zahl im Vergleich zu 2011 um drei Prozent.
Autonome stellen laut dem Bericht mit etwa 340 Personen unverändert die größte Gruppe innerhalb der linken Szene, wenngleich ihre Zahl binnen eines Jahres um rund 30 Personen (8 Prozent) gesunken ist. Ursächlich hierfür sei ein Rückgang der Autonomen in Dresden sowie in mittleren und Kleinstädten. In Leipzig, in der sachsenweit die meisten von ihnen aktiv sind, blieb das Potenzial unverändert.
Unter dem Mitgliederschwund der Rechtsextremisten leidet vor allem die NPD, die binnen eines Jahres 60 Mitglieder verlor. Obwohl sich mittlerweile nahezu allen wichtigen Parteiinfrastrukturen in Sachsen befinden, verfügt die Partei im Freistaat nur über 700 Anhänger. Eine gegenläufige Entwicklung gab es in den letzten Jahren im Bereich der Neonationalsozialisten, deren Zahl bisher kontinuierlich anstieg. Sie behaupteten im Jahr 2012 ihre Stellung als zahlenmäßig bedeutendstes Lager im Bereich des Rechtsextremismus in Sachsen. Ihre Anhängerzahl verharrte mit ca. 1.000 Personen auf dem hohen Niveau des Vorjahres.
Der seit einigen Jahren im Freistaat Sachsen feststellbare Rückgang der rechtsextremistischen Straftaten setzte sich im Jahr 2012 weiter fort. Mit 1.602 Delikten sank diese Zahl nochmals um ca. 5 Prozent (2011: 1.692). Auch die Anzahl der rechtsextremistischen Gewaltdelikte verringerte sich deutlich um ca. 36 Prozent auf 54 Taten (2011: 84). Der Anteil der Gewalttaten an den rechtsextremistischen Straftaten betrug damit im Jahr 2012 etwa 3 Prozent (2011: ca. 5 %).
Im Jahr 2012 war im Freistaat Sachsen ein deutlicher Rückgang sowohl bei den linksextremistisch motivierten Straf- als auch bei den Gewalttaten zu verzeichnen. So ging die Anzahl der Straftaten um ca. 54 Prozent auf 396 Delikte (2011: 869) zurück. Die Anzahl der Gewaltdelikte verringerte sich um ca. 59 Prozent auf 82 Fälle (2011: 202). Im Bereich Linksextremismus betrug der Anteil der Gewalttaten an den Straftaten ca. 21 Prozent (2011: ca. 23 %) und ging damit leicht zurück.
Der Ausländerextremismus spielt in Sachsen nach wie vor nur eine marginale Rolle. Die Behörden registrierten 2012 nur drei extremistisch motivierte Straftaten, die durch Migranten begangen worden sind. Ein Verfahren stand im Zusammenhang mit Spendensammlungen des Verantwortlichen der kurdischen PKK für das Bundesland Sachsen.
“Die Beobachtung extremistischer Bestrebungen hat für den Verfassungsschutz auch zukünftig oberste Priorität”, erklärte Ulbig am Dienstag in Dresden. “Vor allem rechtextremistische Strukturen werden weiterhin intensiv aufgeklärt. Das Vereinsverbot der neonationalsozialistischen Kameradschaft ‘Nationale Sozialisten Döbeln’ im Februar zeigt, dass der Dienst gute Erkenntnisse liefert.”
Im Verfassungsschutzbericht finden sich in diesem Jahr erstmals ausführliche Lagebilder auf Ebene der Landkreise, um die Extremismusprävention vor Ort noch intensiver zu unterstützen. In einem Hintergrundbeitrag wird phänomenübergreifend über Reaktionen von Extremisten auf den rechtsterroristischen “Nationalsozialistischen Untergrund” (NSU) berichtet.
Der Innenminister zweifelt trotz des jüngsten Aktenskandals nicht an seinen Schlapphüten: “Alle Experten und Kommissionen haben bestätigt, an den bestehenden Sicherheitsstrukturen aus Polizei und Nachrichtendiensten festzuhalten”, so Ulbig. “Guter Verfassungsschutz ist das Fernlicht der Sicherheitsbehörden – da wollen wir hin.”
Nach Bekanntwerden des NSU hatten sich verschiedene Gremien mit der Arbeit der Sicherheitsbehörden befasst und eine Reihe konkreter Vorschläge zur Verbesserung der Analysefähigkeit unterbreitet. Unstrittig dabei ist, dass den bereits umgesetzten Maßnahmen weitere folgen müssen. Dazu gehört auch die aktuelle Neustrukturierung des Landesamtes zum 1. Juli 2013, mit der ein zentraler Bestandteil der Vorschläge der von Ulbig im Jahr 2012 eingesetzten Expertenkommission umgesetzt wird.
Die Kommission hat die Arbeitsabläufe und -strukturen im LfV analysiert und in ihrem Abschlussbericht mehr als 80 Empfehlungen ausgesprochen. Eine Vielzahl dieser Empfehlungen konnten, unter Begleitung einer eigens dafür eingerichteten Projektgruppe, bereits umgesetzt werden. Weitere werden mit der Strukturreform realisiert.
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