War das nun mutig? War es schon eine Kehrtwende in der sächsischen Hochwasserschutzpolitik, was Sachsens Umweltminister Frank Kupfer da am Freitag, 28. Juni, erklärte? - Er hat Sachsens Städte und Gemeinden aufgefordert, bestehende Bebauungspläne für Bereiche an den Gewässern noch einmal auf den Prüfstand zu stellen. "Angesichts der Bilder der letzten Wochen sollte jedem klar sein: Bauen in Überschwemmungsgebieten birgt großes Risiko und wird im Ernstfall zu hohen Sachschäden führen", sagte er.
Und er sagte noch mehr Sinnvolles: “Außerdem kostet jede Bebauung Retentionsraum. Gemeindeegoismen bei der Schaffung von Wohn- oder Gewerbegebieten sind deshalb absolut fehl am Platze.”
Er hätte auch sagen können: teuer und auf Dauer unbezahlbar. Denn wenn nicht nur Wohnhäuser, sondern auch Gewerbeansiedlungen im natürlichen Überschwemmungsraum der Flüsse stehen, kostet das immer wieder auch teure Aufbauhilfe. Auch die Infrastrukturen, die diese Bauten erschließen, müssen hinterher aufwändig repariert werden.
Das grundsätzliche Bauverbot in Überschwemmungsgebieten ist eigentlich im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) des Bundes geregelt. Darüber hinaus definiert das WHG, welchen Anforderungen Bauvorhaben entsprechen müssen, damit für sie eine Ausnahme erteilt werden kann. Der Bauherr muss demnach alle Maßnahmen treffen, damit das Objekt selbst und andere dadurch nicht gefährdet werden. Dazu gehört auch, dass es die Belange des Hochwasserschutzes nicht beeinträchtigen darf.
Sachsen wolle, so der Minister, beim Hochwasserschutz aber noch über das Bundesrecht hinausgehen. Mit dem neuen Sächsischen Wassergesetz, das sich derzeit zur Beratung im Sächsischen Landtag befindet, soll die bundesweit bisher einmalige Kategorie von überschwemmungsgefährdeten Gebieten eingeführt werden, in denen das Bauen nur unter Einschränkungen erlaubt ist. “In solchen Gebieten können Schäden zum Beispiel dadurch vermieden werden, dass man im Keller eines Einfamilienhauses auf eine Einliegerwohnung verzichtet. Dies können dann auch die zuständigen Behörden anordnen”, so der Minister.
Überschwemmungsgefährdete Gebiete sind Gebiete, in denen Hochwasser statistisch seltener als einmal in 100 Jahren auftritt. Demgegenüber handelt es sich bei den im WHG geregelten Überschwemmungsgebieten um Gebiete, die bei einem Hochwasser überschwemmt werden, das statistisch einmal in 100 Jahren vorkommt.
Es ist eigentlich so einfach. Kupfer: “Eines haben die Hochwasser der vergangenen Jahre gezeigt: Dort, wo die Gewässer eingezwängt in ein künstliches Bett verlaufen, suchen sie sich ihr altes natürliches Flussbett”. Weitere Regelungen sehen deshalb den grundsätzlichen Erhalt von Gewässeraufweitungen oder neuer Gewässerbetten vor, die sich infolge eines natürlichen Ereignisses gebildet haben. Darüber hinaus sollen nach Möglichkeit Ufermauern entfernt und Ufer in einen naturnahen Zustand versetzt werden.Zustimmung bekam Kupfer für diese für Sachsens Regierung ungewöhnlich deutliche Stellungnahme von den sächsischen Grünen. Auf die Aufforderung des sächsischen Umweltministers Kupfer, Bebauungspläne an Flussufern kritisch zu überprüfen, reagiert der Landesvorsitzenden der Grünen Volkmar Zschocke auf jeden Fall mit Erstaunen: “Schön, dass Herr Kupfer endlich die Augen aufmacht. Das Erwachen des Umweltministers kommt aber reichlich spät.”
Denn bisher hat Sachsens Staatsregierung sich gemeinsam mit ihrer Talsperrenverwaltung einseitig auf immer mehr und immer höhere Mauern als Flutschutzmaßnahme fokussiert. Diese seien wichtig, so Zschocke, um Hab und Gut zu schützen, doch sorgen sie auch für immer höhere Pegelstände und reißendere Flüsse. “Jahrelang hat der Freistaat die Bebauung von Flussauen nicht nur zugelassen, sondern zum Teil sogar gefördert. Aus den Überflutungen 2002 wurde wenig gelernt. Stattdessen hat der Freistaat viele Mauern gebaut. Wenn jetzt der Umweltminister fordert, Ufermauern zu entfernen, ist das im Grundsatz nicht falsch, muss aber den Kommunen wie der blanke Hohn vorkommen. Die Kommunen brauchen mehr als kluge Ratschläge, sie brauchen konkrete Unterstützung”, so Zschocke.
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Förderung sei nicht nur bei der Renaturierung der Fließgewässer notwendig, sondern auch bei der Flächenentsiegelung, beim Rückbau von Infrastruktur in besonders gefährdeten Gebieten, bei der Entwicklung eines flächendeckenden Systems von natürlicher Regenrückhaltung oder beim Betrieb mobiler Flutschutzelemente statt permanenter Mauern.
Zschocke ist sich sicher, dass zu effektivem Hochwasserschutz auch wirksame Bürgerbeteiligung und Respekt gegenüber Umweltschützern gehören: “Zu einem wirklichen Umsteuern beim Hochwasserschutz gehört es auch, die fachliche Expertise von Umweltverbänden und die Erfahrung von Anwohnern zu nutzen und diese nicht zu denunzieren. Herr Kupfer hat da noch viel Überzeugungsarbeit in den eigenen Reihen vor sich. Wenn ein Umweltverband, wie vom Umweltminister gefordert, neue und breitere Flussbetten schützen will, sollte dieser unterstützt und nicht aus den Reihen der CDU angefeindet werden. Mit Drohungen gegenüber Umweltschützern muss Schluss sein.”
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