Am Montag, 13. Mai, tagte wieder der Abfalluntersuchungsausschuss des Sächsischen Landtages, der sich seit Beginn der Legislatur mit einer ganzen Reihe von Müllskandalen im schönen Freistaat Sachsen beschäftigt. Eines der großen Themen ist die illegale Entsorgung von italienischen Müllimporten, bei denen auch die Deponie Cröbern eine zentrale Rolle spielt. Und im Bundeskriminalamt weiß man zumindest, um welche Müll-Berge es da tatsächlich geht.

Vernommen wurde am Montag vor dem Ausschuss der Beamte des Bundeskriminalamtes (BKA) Andreas Windolph. Er sagte zur “Deutsch-italienischen Abfallkriminalität” aus. Und die Zahlen erschreckten dann selbst Johannes Lichdi, Obmann der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, der ja eigentlich in diesem Ausschuss schon das Schlimmste befürchtet hatte.

“Die aufschlussreiche Zeugenaussage des Herrn Windolph bestätigt, dass seitens des Bundeskriminalamtes seit 2008 erhebliche Verdachtsmomente für illegale Abfallimporte aus Italien, illegale Abfallbeseitigungen in Deutschland und Sachsen sowie sogenannte ‘Kick-back-Geschäfte’, bei denen sich die Beteiligten Gelder illegal zuschanzten, vorlagen und an das Landeskriminalamt Sachsen weitergeleitet wurden”, resümiert er die Zeugenaussage nach der Sitzung des Ausschusses. Die sächsischen Ermittler wussten über die Verdachtsmomente des BKA also schon seit einiger Zeit Bescheid. “Nach seinen Überlegungen blieben bei der Lieferung von Siedlungsabfall aus Neapel an die WEV Cröbern 9,5 Millionen Euro von den für den Import bereitgestellten Mitteln der italienischen Regierung bisher unerklärt, die möglicherweise zur Schmierung des Importwegs zur Verfügung standen.”

Lichdi außerdem: “Windolph schätzt, dass seit dem 1. Juni 2005 etwa 4 Millionen Tonnen Abfall illegal in Deutschland ‘entsorgt’ wurden, wobei ein Schaden von 273 Millionen Euro entstanden sein könnte.” Zum Vergleich: Die Gesamtfassungsmenge der Deponie Cröbern ist auf 11,96 Millionen Kubikmeter ausgelegt. Abgeliefert werden aber – da man bei Planung der Deponie von völlig falschen Annahmen ausging – jährlich nur zwischen 300.000 und 350.000 Tonnen Abfälle, die sortiert und aufbereitet werden, bis die neutralisierten Restmüllmengen deponiert werden. Mittlerweile aber ist auch klar, dass wenigstens ein Teil der italienischen Müllimporte auf der Zentraldeponie Cröbern unbehandelt abgelagert wurde.

Dabei hat man in Sachsen den Umweltstrafbestand zum Gerichtsfall gemacht. Aber beim eigentlichen Wirtschaftsdelikt augenscheinlich ein Auge zugedrückt. Lichdi: “Der Zeuge führte weiter aus, dass nach seiner Kenntnis von der Staatsanwaltschaft Leipzig keine Ermittlungsverfahren wegen Wirtschafts- und Finanzdelikten gegen die WEV Cröbern eingeleitet wurden, sondern sie nur wegen Umweltstraftaten ermittelt habe.”

Weitere Angaben verweigerte der Zeuge unter Hinweis auf seine begrenzte Aussagegenehmigung, so Lichdi.

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