Zypern ist überall. Es wird nur noch ein Weilchen dauern, bis es auch die politisch Verantwortlichen zugeben. Begriffen haben sie es längst. Seit 2007 tickt die große Geldbombe. Oder besser: Die Bombe der "faulen Papiere", die seitdem hin und her geschoben wird. Und auch die Sachsen bezahlen ja schon längst für die faulen Spielchen der Geldzocker. Neuer Kontostand: 907.024.786,48 Euro.

Etwas fassbarer ausgedrückt: 907 Millionen Euro. Das haben die Sachsen per 27. März 2013 für die Zockereien der einstigen irischen Ableger der gescheiterten Sachsen LB gezahlt. Die jüngste Tranche ging gerade raus, teilte das Sächsische Finanzministerium am 27. März um 11 Uhr mit: 94.859.092,44 Euro. Sprich: fast 95 Millionen Euro.

Und das bedeutet jetzt schon: Das Sachsen-LB-Abenteuer hat die Kosten des Leipziger City-Tunnels schon überrundet. Und das wird so weitergehen. “Die 2,75 Milliarden Euro können wir eigentlich abschreiben”, sagte 2012 der SPD-Landtagsabgeordnete Holger Mann.

Die 2,75 Milliarden Euro sind die Summe, die der Freistaat Sachsen 2008 garantiert hat, als die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) die einstige Sächsische Landesbank übernahm – von einer Risikosumme von über 16 Milliarden Euro. Wenn das in dem Tempo so weiter geht, haben die Sachsen dieses von ihnen selbst einst konsequent abgelehnte Finanzabenteuer mit über 1 Milliarde Euro bezahlt. Die meisten ahnen nicht einmal, was dem Freistaat da verloren ging. Viele spüren es. Denn die rigiden Sparmaßnahmen im Bildungssystem, bei der Polizei, bei Jugend-, Kultur- und Sozialarbeit haben Gründe. Einer der Gründe sind diese so lax zusagten Garantiezusagen.Dabei hat der Prozess gegen die ehemaligen Manager der Sachsen LB noch nicht einmal begonnen. Völlig ungeklärt ist, wer tatsächlich für die faulen Finanzgeschäfte haftet, die 2008 reihenweise Banken ins Taumeln brachten. Der Fall der dubiosen Finanzgeschäfte des ehemaligen Leipziger Wasserwerke-Geschäftsführers H. liegt im Grunde ganz ähnlich. Und die Gerichte in Leipzig und London müssen durchaus noch klären, wer eigentlich für die verlorenen 300 Millionen Euro in der Pflicht steht – die Wasserwerke und damit die Stadt Leipzig? Oder doch die Banken, ohne die diese keineswegs offiziellen Deals gar nicht hätten eingefädelt werden können?

Womit man bei der Frage ist, welche Verantwortung die Geldinstitute überhaupt haben, wenn die Märkte mit “risikoreichen Papieren” geschwemmt werden? Wird nicht auch jeder Lebensmittelhändler, der gefälschte und gepanschte Lebensmittel verkauft, zur Verantwortung gezogen? Aus den Portfolios der so genannten “Anleger” sind diese faulen Papierberge in den letzten Jahren fast komplett in die Bilanzen der Staatsbanken gewandert. Das Wort “Bad Bank” hat man lange nicht gehört. Und wenn man es erwähnt, geht ein Aufschrei durch die sensible Branche, die ziemlich genau weiß, um was es dabei geht: das Eingeständnis nämlich, dass die smarten Boys aus den Investmentabteilungen es geschafft haben, Papier ohne jeglichen wirklichen Nennwert für 4 Billionen Euro in die Märkte zu drücken (eine Schätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) von 2009).

Der größte Teil liegt da immer noch. Denn man kann ihn nicht einfach “entsorgen”. Eigentlich gibt es sogar nur eine Art, diese faulen Papiere los zu werden – man muss sie wieder Stück für Stück abschreiben. Und man muss ein paar Dumme finden, die das bezahlen. Ein paar Sachsen, Zyprer, Spanier, Irländer, Portugiesen …

Und für Sachsen heißt das: Der Freistaat bezahlt die Zockerspiele der Sachsen LB mit wesentlichen Teilen seiner Daseinsvorsorge: mit fehlenden Lehrern, gestrichenen Studiengängen, geschlossenen Polizeistationen, fehlenden Investitionszuweisungen für Schulen, Kitas, Straßen, Brücken …

Nur erwähnt das das Finanzministerium nicht extra, wenn es trocken meldet: “Dem Sächsischen Staatsministerium der Finanzen wurden auch im 1. Quartal 2013 Zahlungsausfälle bei Sealink Funding Limited durch den Verwalter mitgeteilt. Die Prüfung der Garantieziehungsanfragen wurde nunmehr im SMF abgeschlossen. Zum Ende des Quartals am 28. März 2013 erfolgt eine Garantieauszahlung in Höhe von insgesamt 94.859.092,44 Euro. Bisher wurden aufgrund der durch den Freistaat Sachsen übernommenen Höchstbetragsgarantie zugunsten der Landesbank Sachsen AG Garantiezahlungen in Höhe von insgesamt 907.024.786,48 Euro (inklusive Verzugszinszahlung) geleistet.”

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