Es waren ja nicht nur die Mitglieder der Terrorzelle "NSU", die mit Waffen unterwegs waren und ihre rassistischen Ansichten zur Welt mit Mordanschlägen untersetzten. Immer wieder geraten rechtsextreme Gliederungen ins Visier der Ermittler, weil sie sich mit Waffen versorgen. Haben Sachsens Ermittler darauf ein Augenmerk, wollte der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Johannes Lichdi, wissen.Drei kleine Anfragen dazu stellte er im Sächsischen Landtag. Aber seine Hoffnung, Genaueres zu erfahren, wurde enttäuscht.
“Die Antworten von Innenminister Ulbig schaffen kein Vertrauen, dass Rechtsextremisten und rechtsextremistisch motivierte Straftäter in Sachsen entwaffnet werden”, stellt Lichdi fest, nachdem ihm Innenminister Markus Ulbig (CDU) am 16. Januar geantwortet hat. “Landeskriminalamt und der Inlandsgeheimdienst namens ‘Verfassungsschutz’ gingen von 22 rechtsmotivierten Straftätern und 45 Personen mit Bezügen zur rechtsextremistischen Szene, also 65 Personen aus. 30 Personen, davon 23 aus der NPD, seien unter dem Blickwinkel des § 5 Abs. 2 Waffengesetz überprüft worden, von denen 24 ‘negativ abgeschlossen’ wurden, also keine Konsequenzen gezogen wurden. Nur in einem Fall konnte die Waffenbesitzkarte bestandskräftig widerrufen werden.”
Zumindest erfuhr er so, dass 45 Personen aus dem rechtsextremen Milieu einen rechtskräftigen Waffenschein besitzen, darunter auch sechs Personen im Alter über 70 Jahre. Aber ein Waffenschein allein sagt ja nichts darüber aus, wie viele Waffen tatsächlich im rechtsextremen Milieu unterwegs sind.”Die sächsischen Behörden tun keineswegs alles, um Klarheit zu schaffen”, meint Lichdi. “So können LKA und ‘Verfassungsschutz’ keine Auskunft geben, in wie vielen Fällen sie die zuständigen Waffenbehörden zwischen 2000 und dem Bekanntwerden des NSU 2011 über Erkenntnisse zu Rechtsextremisten mit Zugang zu Waffen informierten. Offenbar ist über ein Jahr nach dem NSU eine Aufarbeitung dieser Fragen unterblieben!”
Weiter aufklärungsbedürftig sei auch die Weigerung des Landesamtes für “Verfassungsschutz”, 11 Personen an die Waffenbehörden zu nennen, weil Quellenschutz bestehe.
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“Ulbig bestreitet zwar, dass es sich dabei nicht um V-Leute des ‘Verfassungsschutzes’ in der rechtsextremistischen Szene handle, die angegebene Erklärung kann aber kaum überzeugen”, so Lichdi. Das Landesamt für Verfassungsschutz hatte bei 16 Personen einen Abgleich mit der Waffenbehörde unter Bezug auf § 13 des Sächsischen Verfassungsschutzgesetzes nicht zugelassen. Die Vermutung Lichdis, das es sich dabei um V-Leute handelte, könnte also zutreffen. Was die Sache nicht ungefährlicher macht. V-Leute sind keine braven Bürger, die mit dem “Verfassungsschutz” zusammenarbeiten, sondern in rechten Netzwerken gut verankerte Personen, in hohem Maße sogar Funktionäre in Führungspositionen.
Die Kleinen Anfragen enthalten weitere interessante Daten, lassen aber viele Fragen offen. Die regionalen Schwerpunkte rechtsextremistischer Personen mit waffenrechtlichen Erlaubnissen sei bemerkenswert, so Lichdi. Von den 45 Personen leben 12 im Erzgebirgskreis, je 6 in den Kreisen Görlitz und Sächsische-Schweiz-Ostererzgebirge, 4 in Dresden und 3 im Kreis Bautzen.
Innenminister Ulbig verweigert zudem die erbetene Antwort auf eine Aufschlüsselung der Art der waffenrechtlichen Erlaubnis. Der Staatsregierung sollen auch keine Erkenntnisse vorliegen, wie viele Rechtsextremisten unerlaubt Waffen besitzen oder mit diesen handeln.
Kleine Anfrage “Waffenrechtliche Zuverlässigkeit von V-Leuten” (Drs. 5/10917): http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=10917&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=-1
Kleine Anfrage “Waffenrecht: Rechtsextreme mit Waffenschein” (Drs. 5/10918): http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=10918&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=-1
Kleine Anfrage “Waffenrechtliche Zuverlässigkeit von Rechtsextremen – Nachfrage zu Drs. 5/9656” (Drs. 5/10919): http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=10919&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=-1
Das Sächsische Verfassungsschutzgesetz: www.revosax.sachsen.de/Details.do?sid=284135593019
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