Die alten Verfassungsschutzbehörden haben versagt. Auf ganzer Linie. Seit über einem Jahr schwelt die Diskussion um die Verantwortungen für das Versagen im Umgang mit dem Rechtsterrorismus im Land. Ein paar Vorschläge für den Umbau der Verfassungsschutzämter wurden gemacht. Doch das ist alles nicht mehr als Kosmetik. Die SPD-Fraktion im sächsischen Landtag will den Verfassungsschutz gern zum transparenten Nachrichtendienstleister umbauen.

Mit der Begrenzung von Aufgaben, der Einstellung hochqualifizierten Personals, einer stärkeren parlamentarischen Kontrolle und dem Verzicht auf V-Leute könne das Amt zu einem hilfreichen Partner für Behörden, Kommunen und Zivilgesellschaft werden, erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion Sabine Friedel.

“Die Staatsregierung muss diese Aufgabe endlich angehen”, sagt Friedel. “Dabei gilt: Keine halben Sachen und kein Durchwurschteln. Wir schlagen einen richtigen Neuanfang vor: Wir wollen das Amt verkleinern und auf seine Kernaufgabe konzentrieren: Die Beobachtung jener Gruppen und Personen, die eine ernsthafte Gefahr für unsere Demokratie darstellen. Alle wichtigen Informationen sollen öffentlich gemacht werden, damit die Bürger und die Behörden sie nutzen und damit umgehen können. Der Landtag soll mehr Berichts- und Kontrollrechte erhalten, die Kooperation mit anderen Bundesländern und dem Bund soll deutlich ausgebaut werden. Mit hochqualifiziertem und motiviertem Personal und klaren Regeln wird der Verfassungsschutz zu einer wichtigen Stütze des Rechtsstaates und der wehrhaften Demokratie.”

Auf den Einsatz von V-Leuten solle das Amt im Zweifelsfall lieber verzichten, tippt die SPD das Thema vorsichtig an. Die massenweise Existenz von so genannten V-Leuten in den Führungsgremien der NPD war das Verbotsverfahren gegen diese rechtsradikale Partei 2003 kläglich gescheitert.
Und auch bei der Aufdeckung der Vorgänge um die Terrorgruppe “NSU” hatte sich herausgestellt, dass die Nazi-Kader, die sich den diversen Verfassungsschutzämtern als Zuträger angedient hatten, mehr zur Verdunkelung der Vorgänge und zur Desinformation beigetragen hatten als zur Erhellung des Graufeldes, in dem die drei Jenaer Jungnazis unbehelligt im benachbarten Sachsen abtauchen konnten.

Die Informationen dieser V-Leute seien sehr überschaubar, stellt Friedel fest, oft auch fragwürdig und keinesfalls den finanziellen und moralischen Preis wert, den sie kosten. “Der Verfassungsschutz soll ganz zweifelsfrei eine rechtsstaatliche Behörde sein. Er hat gerade durch die V-Leute-Problematik viel Vertrauen verloren – da hilft nur ein konsequenter Neuanfang”, sagt die SPD-Abgeordnete.

Forderungen nach einer Abschaffung des Amtes erteilen die Sozialdemokraten dagegen eine Absage. Sogar eine klare, betonen sie.

“Die Sammlung und Auswertung von Informationen über verfassungsfeindliche Aktivitäten ist nicht verzichtbar”, so Friedel. “Seit dem Auffliegen des Terrornetzwerks NSU beklagen alle völlig zu Recht, dass unsere staatlichen Sicherheitsbehörden versagt haben, dass sie das Netzwerk eher hätten aufdecken müssen. Diese Behörden abzuschaffen, anstatt sie umzubauen, wäre eine absurde Kurzschlussreaktion. Wer auf die staatliche Beobachtung und Analyse verfassungsfeindlicher Bestrebungen in Sachsen verzichten will, der macht unser Land erneut zu einem attraktiven Rückzugsraum für rechtsextreme Netzwerke.”

Die SPD-Fraktion geht in ihrem Papier auch so weit, neue Verantwortungsebenen zu definieren. So sei die Beobachtung ausländischer Geheimdienste, für die der Bundesnachrichtendienst zuständig sein könnte. Und von den alten DDR-Geheimdiensten, die das Amt auch noch irgendwie beobachten soll, hat man auch schon lange nichts mehr gehört.
Das Positionspapier “Zukunft Verfassungsschutz” als PDF zum download.

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