Im Leipziger Stadtgebiet wurden in den letzten zwei Jahren erheblich mehr Bäume gefällt als neu gepflanzt, insbesondere auf mit Gebäuden bebauten Grundstücken. Dies geht aus Vergleichszahlen der Leipziger Stadtverwaltung, Amt für Stadtgrün und Gewässer hervor, die dem BUND Leipzig vorliegen. Danach wurden im Jahr 2009 noch 8.861 Neupflanzungen als Ausgleich für genehmigte Baumfällungen angeordnet.

Im Jahr 2010 waren es immerhin noch 5.050. In der Folgezeit reduzierte sich die Zahl der Neupflanzungen dramatisch, und zwar auf 2.108 im Jahr 2011 und auf gerade mal 2.028 im Jahr 2012. Das ist ein Rückgang um rund 70 Prozent.

Schuld an der Misere ist das seit Oktober 2010 im Land Sachsen geltende Gesetz zur Vereinfachung des Landesumweltrechts (auch Baum-ab-Gesetz genannt), welches die in Leipzig und vielen anderen sächsischen Kommunen bestehenden Baumschutzsatzungen torpediert und in entscheidenden Punkten außer Kraft setzt. Dieses Gesetz erlaubt die Beseitigung von Pappeln, Birken, Baumweiden, Nadelgehölzen und Obstbäumen generell, sowie aller anderen Bäume mit einem Stammumfang bis zu 100 cm auf mit Gebäuden bebauten Grundstücken. Den Kommunen sind hierdurch die Hände gebunden. Sie können weder das Fällen dieser Bäume naturschutzfachlich steuern, noch Ersatzpflanzungen anordnen, ja nicht einmal die genaue Anzahl der gefällten Bäume statistisch erfassen. Auch sind die Kommunen aus eigenen Mitteln nicht in der Lage, die Baumverluste durch Ersatzpflanzungen ausreichend zu kompensieren.Für den Baumbestand in Leipzig hat das katastrophale Folgen. Anhand der vorliegenden Vergleichszahlen geht der BUND Leipzig von schätzungsweise 10.000 Bäumen aus, die in den letzten zwei Jahren allein in Leipzig zu wenig nachgepflanzt wurden.

Bäume sind natürliche Klimakraftwerke, sie produzieren Sauerstoff, filtern tonnenweise Staub und Schadstoffe aus der Luft und regulieren das Stadtklima durch ihre kühlende Verdunstungsleistung. Ein großer und gesunder Baumbestand ist daher entscheidend für die Lebensqualität in einer Kommune in Zeiten des Klimawandels.

“Eine Umweltzone allein bringt es eben nicht”, sagt Elke Thiess vom BUND Leipzig. Das Baum-ab-Gesetz war eines der ersten, das auf Initiative der FDP in der neu gewählten CDU/FDP-Regierung 2010 durchgesetzt wurde. Damals unter der Begründung der Entbürokratisierung. Tatsächlich aber hat es ein nicht ganz unwichtiges Hoheitsrecht der Kommunen ausgehebelt. Das Ganze landete nicht nur vor Gericht, weil das Gesetz selbst gegen Grundsätze der sächsischen Verfassung verstieß, es wirkte sogar geradezu seltsam in einer in den Folgejahren regelrecht aufgeheizten Debatte um die Umweltzone, die dann in Leipzig eingeführt wurde.

Im Luftreinhalteplan der Stadt war die Umweltzone nicht vorgesehen. Auch das Umweltdezernat betrachtete die Zone immer nur als allerletzte Notlösung. Ein wichtiger Baustein im 2009 beschlossenen Luftreinhalteplan der Stadt Leipzig war wieder die Pflanzung von Bäumen an Straßen und Wegen, um “unbefestigte, vegetationslose Flächen” zu vermeiden. Ein Baustein, für den das Geld hinten und vorne nicht reicht. In so einer Situation auch noch die Grundstückseigner aus der Pflicht zu nehmen, kann zweierlei sein – entweder Absicht oder Verantwortungslosigkeit.

Das Ergebnis ist mittlerweile mehr als deutlich.

Der BUND Leipzig fordert deshalb vom Sächsischen Landtag die Schaffung einer neuen Gesetzeslage, welche den Erhalt und die Verbesserung des kommunalen Baumbestandes fördert und damit dem Interesse der Allgemeinheit – wieder – Rechnung trägt. Dies sei gegenwärtig nicht der Fall. Dazu will sich die Regionalgruppe Leipzig an die verantwortlichen Fraktionen wenden, um eine Überarbeitung und Neuregelung des sächsischen Naturschutzgesetzes zu empfehlen.

www.bund-leipzig.de

Luftreinhalteplan der Stadt Leipzig: www.leipzig.de/de/buerger/umwelt/luft/luftreinhalteplan_leipzig.shtml

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