Wenn die Rechnungshöfe ihre Jahresberichte vorlegen, dann kommt so Manches zu Tage, was für gewöhnlich keiner merkt. Am Donnerstag, 11. Oktober, stellte der Sächsische Rchnungshof seinen "Jahresbericht 2012" vor. Diesmal bekam auch Leipzig eine geharnischte Kritik für seine honorige Alimentierung von Gewandhausorchester und Gewandhausleitung.

“Tarifliche Misstöne im Gewandhaus” betitelte der Rechnungshof seine Meldung dazu. Immerhin ein heikles Thema für die Stadt. Denn erst im Spätherbst 2011 hatte das “actori”-Gutachten ja ergeben, dass bei den großen Eigenbetrieben der Stadt in den nächsten Jahren eine Finanzierungslücke von über 5 Millionen Euro pro Jahr aufklafft. Was dann zwischenzeitlich auch die Diskussion um die Schließung ganzer Häuser anfachte.

Das Gewandhaus zu Leipzig ist ein kommunaler Eigenbetrieb mit rund 273 Stellen, darunter 185 Musikerstellen. Die Gesamtaufwendungen erhöhten sich stetig und betrugen im Wirtschaftsjahr 2009/2010 rund 33,8 Millionen Euro, 6,4 Millionen Euro mehr als noch in der Saison 2005/2006. Der Personalaufwand lag bei rund 23 Millionen. Die Zuschüsse zum Spielbetrieb wuchsen im Wirtschaftsjahr 2009/2010 auf rund 15,6 Millionen Euro. Gleichzeitig verfügt das Gewandhaus über steigende liquide Mittel (Stand zum 31.07.2010 rd. 5,9 Millionen Euro).

Die Erhöhung der Vergütung des Gewandhauskapellmeisters um 1.000 Euro pro Dirigat führte ab dem Wirtschaftsjahr 2006/2007 bei 50 bis 60 Dirigaten zu jährlichen Kostensteigerungen von bis zu 60.000 Euro. Für die Mitwirkung am Spielplan erhielt der Dirigent ein zusätzliches jährliches Entgelt, das der Jahresvergütung der Verwaltungsdirektorin entsprach.

Auch die Vergütung des Gewandhausdirektors lag erheblich über den Bezügen des Oberbürgermeisters und denen eines Sächsischen Staatsministers, kritisiert der Rechnungshof. Und auch die den Musikern des Gewandhausorchesters auf Grundlage eines Haustarifvertrages gewährte übertarifliche Vergütung führt zu jährlichen Mehrkosten in Höhe von rund 3,3 Millionen Euro – was zumindest deutlich macht, warum im Konzert der Kulturbetriebe die Kosten derart aus dem Ruder laufen. Die Tourneen des Gewandhausorchesters führten im Wirtschaftsjahr 2009/2010 sogar zu einem Defizit von rund 400.000 Euro, stellt der Rechnungshof fest.

Der Rechnungshof empfiehlt der Stadt dringend, “unter Bezugnahme auf die Öffnungsklausel des Tarifvertrages für die Musiker in Kulturorchestern vom 31.10.2009 den Abschluss eines Haustarifvertrages zwischen dem Deutschen Bühnenverein und der Deutschen Orchestervereinigung e. V. anstreben. Unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gegebenheiten und vor dem Hintergrund der geringen dienstlichen Inanspruchnahme der Musiker sollte eine maßvolle Vergütung vereinbart werden. Die dienstliche Inanspruchnahme der Musiker ist zu verbessern.”
Zu der Kritik durften natürlich das Sächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (SMWK), das für die Verteilung der Kulturraummittel auch an Leipzig zuständig ist, und die Stadt Leipzig Stellung nehmen.

Das SMWK sieht zwar von einer Stellungnahme zum Jahresberichtsbeitrag ab. Aber es dürfte für die Stadt Leipzig trotzdem ein Nachspiel geben. Denn zwischenzeitlich hat das Ministerium im Rahmen seiner rechtsaufsichtlichen Befugnis die Stadt aufgefordert, zu Sachverhalten der ausführlichen Prüfungsmitteilung Stellung zu nehmen. Darüber werde es auch die Landesdirektion Sachsen als zuständige Rechtsaufsichtsbehörde der Stadt Leipzig informieren.

Die Stadt Leipzig erklärte zwar, sie wolle die Zuschussentwicklung dämpfen. Was freilich derzeit noch Zukunftsmusik ist. Die Diskussion um das Actori-Gutachten ist vorerst ausgesetzt. Vorerst wurden die Zuschüsse erhöht.

Und zu den Vergütungen der Leitung wollte sich die Stadt nicht äußern.

Was den Bürger der Stadt wohl auch an das große Schweigen um die Vergütungen der Geschäftsführer in den Kommunalunternehmen erinnert. Man bezahlt seine Leute, mag aber den Bürgern gegenüber nicht gern transparent arbeiten.

Und die überdurchschnittliche Bezahlung der Gewandhausmusiker begründet die Stadt mit dem Abschluss des Haustarifvertrages in den Jahren 1991/1992, der seinerzeit (immerhin vor 20 Jahren) in enger Abstimmung mit der Landesregierung erfolgte, da damals ein nahezu identischer Haustarifvertrag für die Musiker der Sächsischen Staatskapelle geschlossen worden sei.

Die Auslastung der Musiker habe sich seit der letzten Prüfung des SRH wesentlich verbessert. Bei auswärtigen Konzerten sei man sogar mit 93 % ausgelastet. Nationale und internationale Konzerte des Gewandhausorchesters würden vor allem aus Image- und Positionierungsgründen durchgeführt. Defizite würden aus Sponsoreneinnahmen gedeckt.

Damit gab sich der Rechnungshof nicht wirklich zufrieden. “Die Stadt Leipzig sollte die Zuschüsse an das Gewandhaus vorrangig durch die Senkung der Personalaufwendungen begrenzen”, betont er in seiner Abschlussbemerkung. “Dies betrifft sowohl die Vergütung der künstlerischen und administrativen Leitung als auch der Musiker. Der Kostendeckungsgrad der Tourneen ist zu erhöhen. Die von der Stadt behauptete wesentliche Verbesserung der Auslastung der Musiker seit der letzten Prüfung ist anhand der Prüfungsergebnisse nicht nachweisbar.”

www.rechnungshof.sachsen.de

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