Auch Polizeibeamte sind nur Menschen. Sie haben einen harten Job. Und der Job wird nicht leichter, wenn eine Regierung am Personal spart. Und auch weiterhin noch kürzen will. Da gehen auch manchem Polizisten im Einsatzstress zuweilen die Nerven durch. Immerhin 640 Anzeigen gegen Polizeibeamte gab es in den letzten drei Jahren in Sachsen. Doch die meisten landen in der Ablage. Ohne Folgen.

Für die Grünen Grund genug, die Einrichtung einer unabhängigen Polizeikommission in Sachsen zu fordern. Einen entsprechenden Gesetzentwurf, der am Donnerstag in den Landtag eingebracht wird, stellte am Montag, 24. September, Eva Jähnigen, die innenpolitische Sprecherin der Fraktion, vor.

“92 Prozent der Anzeigen gegen Polizeibeamte werden in Sachsen eingestellt. In lediglich zwei von 640 Anzeigen kam es in den letzten drei Jahren zu Verurteilungen von Polizeibeamten”, kritisiert Jähnigen und vergleicht die Zahl mit anderen Strafverfahren in Deutschland. Da kommt es statistisch in immerhin 11,5 Prozent der Fälle zur Anklage. Der Vergleich der Zahlen belege den beachtlichen Machtapparat der Polizei, die offensichtlich nur ungenügend gegen sich selbst ermittelt, so Jähnigen.

“Die Kontrolle der Polizei ist in Deutschland generell ungenügend. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) hat in der Untersuchung ‘Täter Unbekannt’ aus dem Jahr 2010 Menschenrechtsverletzungen durch Polizeibeamte in Deutschland dokumentiert und im Ergebnis die Einrichtung unabhängiger Untersuchungseinrichtungen gefordert”, erläutert die Grünen-Abgeordnete. “AI stützt sich dabei auch auf die Forderungen des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung und Strafe (CPT – eine Einrichtung des Europarats) und des Menschenrechtskommissars des Europarates. Auch der Sächsische Landtag kann die Arbeit der sächsischen Polizei derzeit nicht ausreichend kontrollieren.”

In der Regel wird der § 170 der Strafprozessordnung als Grund für die Einstellung des Verfahrens angeführt. Er beruht darauf, dass ein Verfahren einzustellen ist, wenn kein genügender Anlass zur Anklageerhebung besteht. Dazu gehört aber auch der Fall, dass zum Beispiel der Täter nicht zu ermitteln ist. Etwa bei Einsätzen der Polizei bei Demonstrationen, wo die fehlende Kennzeichnung die Benennung eines konkreten Beamten fast unmöglich macht. Oder die Beweismittel reichen nicht aus, denn die Betroffenen sind recht selten in der Lage, Übergriffe von Polizisten auf ihre Person auch zu dokumentieren.Darum schlägt die Grüne-Fraktion die Einrichtung einer unabhängigen Polizeikommission für Sachsen vor. “Wir brauchen eine unabhängige Stelle, die durch den Landtag legitimiert und die polizeiliches Handeln kontrolliert”, erläutert Jähnigen. “An die Kommission können sich sowohl Bürgerinnen und Bürger mit Beschwerden wenden, die sich durch polizeiliches Handeln in ihren Grundrechten verletzt sehen, als auch Polizeibedienstete. Sie soll außerdem auf Bitten des Parlaments tätig werden und jährlich über ihre Arbeit berichten.”

Denn wenn die Übergriffe einzelner Polizisten nicht aufgeklärt und geahndet werden, zerstört auch das das Vertrauen der Bürger in ihre Polizei. Aber auch das Vertrauen der Polizei in die Bevölkerung. Denn wenn das Misstrauen den Umgang miteinander bestimmt, empfinden zwangsläufig immer mehr Bürger die Polizei nicht mehr als Schützer ihrer Interessen, sondern nur noch als uniformierte Staatsmacht.

“Mit der Arbeit einer Polizeikommission verbinde ich die Hoffnung, dass bürgerrechtliches Denken innerhalb der sächsischen Polizei vertieft und Polizeiarbeit insgesamt transparenter gemacht wird”, erklärt Eva Jähnigen.

Grüner Gesetzentwurf ‘Gesetz über eine Polizeikommission zur Gewährleistung rechtmäßiger Polizeiarbeit’ (Drs.5/9962): http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=9962&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=1

Eckpunktepapier der Grünen: www.gruene-fraktion-sachsen.de/fileadmin/user_upload/eckpunktepapiere/2012-09-24_polizeikommission_ej.pdf

Kleine Anfrage ‘Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamtinnen und -beamte wegen Straftaten im Amt’ (Drs 5/8910): http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=8910&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=-1

Kleine Anfrage ‘Geschäftsprüfung/Innenrevision bei der Polizei'(Drs 5/9336): http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=9336&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=-1

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