Für 2,75 Milliarden Euro aus der gestrandeten Sächsischen Landesbank haftet der Freistaat Sachsen. Über 360 Millionen Euro für Portfolioausfälle hat Finanzminister Georg Unland (CDU) schon gezahlt. Die restlichen Milliarden hat er vorsorglich aus den laufenden Haushalten abgezweigt. Aber auch Anwälte leben nicht schlecht von dieser Geschichte, ließ sich jetzt der Grünen-Abgeordnete Johannes Lichdi verraten.
19,4 Millionen Euro Anwaltskosten wegen Prüfung und Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen der Pleite der SachsenLB wurden zwischenzeitlich an sieben verschiedene Anwaltskanzleien bzw. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, darunter KMPG, Latham & Watkins, Ernst & Young und Clifford Chance, gezahlt. Das geht aus der Antwort der Staatsregierung auf die kleine Anfrage Nummer 5/9381 des Grünen-Abgeordneten Johannes Lichdi hervor.
Zudem sind aktuell zwölf ministerielle Mitarbeiter, darunter zehn Volljuristen, mit der Prüfung von Regressansprüchen und sonstigen Folgearbeiten befasst. Von ursprünglich fünf Mitarbeitern im Juni 2007 stieg der Personalaufwand auf zwölf Mitarbeiter bis zum Sommer 2008. Seit dieser Zeit hielt sich der Personalaufwand auf einem Niveau zwischen elf und 14 Mitarbeitern.
“Der Kosten- und Personalaufwand für die Folgenbeseitigung der SachsenLB-Pleite für den sächsischen Steuerzahler erscheint enorm. Allein die zwölf Mitarbeiter auf Ministerialebene, die nach Angaben der Staatsregierung mit einem Arbeitszeitanteil von 6,9 Vollzeitkräften neben Edelkanzleien mit der Aufarbeitung beschäftigt sind, kosten bis zu 500.000 Euro pro Jahr. Kosten und Mühen scheut Finanzminister Prof. Georg Unland (CDU) offenbar nur, wenn es um das Verklagen der verantwortlichen Aufsichtsräte geht”, vermutet Johannes Lichdi, rechtspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag.
Die Staatsregierung hatte Ende 2010 entschieden, Schadensersatzklagen nur gegen ehemalige Vorstände der SachsenLB zu erheben. Ein Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen, auch verantwortliche Mitglieder des Kreditausschusses, die gleichzeitig Mitglieder im Verwaltungsrat waren, als Mitglieder des Aufsichtsorgans auf Schadensersatz zu verklagen, wurde mit den Stimmen von CDU und FDP abgelehnt.
In der Plenardebatte am 20. Januar 2011 führte der Finanzminister aus: “Mit Klagen gegen die sechs damaligen Kreditausschussmitglieder würde der Freistaat Sachsen schlechtem Geld gutes Geld hinterher werfen. Das Geld, das für Prozesse aufgewandt würde, würde an anderer Stelle fehlen.” So steht es im Plenarprotokoll vom 20. Januar 2011.
“Diese Argumentation ist angesichts der bisherigen Kostenentwicklung nicht mehr aufrecht zu erhalten”, meint Lichdi. “Der Finanzminister muss die Chance nutzen, angesichts der Milliardenbürgschaft der sächsischen Steuerzahler auch nur einen geringen Anteil Schadensersatz bei den verantwortlichen Kreditausschussmitgliedern zu erreichen und diese unverzüglich zu verklagen. Die Staatsregierung geht selbst davon aus, dass nicht sämtliche Ansprüche zum 31.12.2010 verjährt sind.” Das bestätigte sie in einer Antwort auf die kleine Anfrage Drs. 5/4743 vom 23. Februar 2011.Bisher wurden aufgrund der durch den Freistaat Sachsen übernommenen Höchstbetragsgarantie zugunsten der Landesbank Sachsen AG mit Stand vom 2. Juli 2012 Garantiezahlungen in Höhe von insgesamt 365.262.285,79 Euro geleistet. Etwas überschaubarer: 365 Millionen Euro. Bisher konnten keinerlei Schadensersatzforderungen gegen die Vorstände oder die Managerversicherung realisiert werden (Antwort auf die Kleine Anfrage Drs. 5/8823 vom 07.05.2012).
Dass die diversen Prozesse gegen ehemalige Manager und mit dem zuständigen Versicherer der Sachsen LB richtig viel Geld kosten, hatte Finanzminister Unland dem neugierigen Grünen-Abgeordneten schon im Mai bestätigt. Im Sommer wollte Lichdi wissen, wie sich die 19 Millionen Euro untersetzen. Fast alle der von Unland aufgeführten Prozesse laufen noch, mit zeitnahen Ergebnissen oder gar forderungswirksamen Titeln ist in Kürze nicht zu rechnen.
Hingegen hat Lichdi so die Befürchtung, dass die Beamten, die Unland allein zur Bearbeitung der SachsenLB-Folgen eingestellt hat, demnächst schon wieder in einen höheren Rang und damit eine bessere Bezahlung befördert werden. Nach aktuellem Haushalts-Planentwurf ist im Finanzministerium im kommenden Haushaltsjahr im Bereich des höheren Dienstes zwar ein Abbau von acht Stellen für Regierungsräte und einer Stelle für Oberamtsrat geplant. Dem steht aber ein Stellenaufwuchs/ Stellenhebung von je fünf Stellen für Regierungsdirektoren und Regierungsoberrat – was – so vermuten die Grünen – offenbar Beförderungsstellen sind.
Ganz sicher ein kleines Aha-Erlebnis für die nicht gerade üppig bezahlten Lehrer in Sachsen: Die aktuellen Pauschsätze für Personalkosten für Ministerialdirigenten betragen 100.000 Euro, für Ministerialräte 86.000 Euro, für Regierungsdirektoren 68.000 Euro, für Regierungsoberräte 60.000 Euro, für Regierungsräte 52.000 Euro im Jahr. Was sich dann auf rund 500.000 Euro für die SachsenLB-Bewältigungs-Abteilung im SMF summiert.
Kleine Anfrage ‘SachsenLB-Pleite: Kosten und Personalaufwand der Prüfung von Regressansprüchen ‘ (Drs. 5/9381): http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=9381&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=-1
Antrag der Grünen-Fraktion auch Mitglieder des Kreditausschusses zu verklagen (Drs. 5/4656): http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=4656&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=1
Plenarprotokoll 5/29, 20.01.2011, S. 2830: http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=29&dok_art=PlPr&leg_per=5&pos_dok=201
Kleine Anfrage ‘SachsenLB-Pleite: Prüfung von Regressansprüchen! ‘ (Drs. 5/4743): http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=4743&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=-1
PM zu Garantiezahlungen in Höhe von insgesamt 365.262.285,79 Euro: www.medienservice.sachsen.de/medien/news/171019
Kleine Anfrage ‘SachsenLB-Pleite: Regressansprüche und Haftung der Managerversicherung – Aktualisierung zu Drs. 5/6416’ (Drs. 5/8823): http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=8823&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=-1
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