Sachsens Akten zum Rechtsextremismus: Grüne und SPD fordern umfassenden Schredder-Stopp

Nach dem bekannt gewordenen Schreddern von Akten im Landesamt für Verfassungsschutz und der geplanten Vernichtung von Akten im Sächsischen Landeskriminalamt fordern Politiker von SPD und Grünen sofort einen umfassenden Schredder-Stopp für alle Akten mit rechtsextremistischem Bezug, der für alle Behörden des Freistaates Sachsen gilt.

Johannes Lichdi, rechtspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: “Nach dem Bekanntwerden der Aktenvernichtung beim Verfassungsschutz ist das Vertrauen in die rechtmäßige Aktenführung sächsischer Behörden grundlegend erschüttert. Man kann nicht mehr sicher sein, ob auch andere Behörden Akten vernichtet haben oder dies planen. Mit dem Terrortrio, seinen Unterstützern und der rechtsextremen Szene haben in den letzten Jahren viele sächsische Behörden zu tun gehabt. Es gibt Aktenvorgänge bei den Gerichten, den Meldeämtern oder in der Sächsischen Staatskanzlei.”
Erst am 24. Juli hatte er Klage gegen die Verantwortlichen beim Sächsischen Verfassungsschutz eingereicht. Denn die hektischen Aktionen deuten wohl darauf hin, dass die Behörden einiges zu verschleiern haben, das ihr Versagen im Fall “NSU” erhellen könnte. Was übrigens nicht nur den sächsischen Ermittlern so ging. Auch die Aktenvernichtungen auf Bundesebene erwecken den selben Verdacht.

Laut Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar gibt es keine Pflicht, Papiere nach einer bestimmten Frist zu entsorgen. Anders als in Sachsen hat das Bundeskriminalamt bereits im Februar die Aktenvernichtung eingestellt und das Bundesinnenministerium verfügte am 18. Juli für den Bundesverfassungsschutz, dass keinerlei personenbezogene Daten mehr gelöscht werden oder im Reißwolf landen. Für Abhörprotokolle von Telefongesprächen und Anlagen gilt eine entsprechende Regelung schon seit Anfang Juli.

“Aus diesem Grund muss Ministerpräsident Stanislaw Tillich alle Ressorts anweisen, die Vernichtung von Akten und die Löschung von Dateien die einen Bezug zum Rechtsextremismus haben, für die Zeit der laufenden Untersuchungen zu stoppen”, fordert Lichdi.

Was die Mitglieder im Untersuchungsausschuss dabei für ihre Aufklärungsarbeit befürchten, bringt Karl Nolle, Obmann der SPD-Fraktion im Ausschuss auf den Punkt: “Die Schredder-Aktionen im Verfassungsschutz gefährden die Arbeit des Untersuchungsausschusses zum ‘NSU’. Innenminister Ulbig kann nicht mehr gewährleisten, dass die an den Untersuchungsausschuss übergebenen Akten wirklich vollständig sind, wenn es im Verfassungsschutz zur täglichen Praxis gehört, dass Mitarbeiter Teile von Akten willkürlich schreddern. Offensichtlich sollen dadurch brisante Bereiche einer parlamentarischen und juristischen Kontrolle entzogen werden.”

Die “Welt” zur Schredder-Affäre:
www.welt.de/politik/deutschland/article108337082/Schredder-Affaere-Ausschuss-vermutet-Vertuschung.html