Es wäre nicht der erste Minister in einem Kabinett, in dem die agierenden Köpfe die angestauten Probleme nicht lösen können, der nicht weiter weiß. Und es kann passieren, dass nach dem Kultusminister auch der Innenminister eingestehen muss, dass die vom Finanzminister vorgegebenen Sparauflagen nicht umgesetzt werden können. Rico Gebhardt von der Linksfraktion fordert schon jetzt den Ersatz von Markus Ulbig.

Auch für ihn war der Umgang von Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) mit der verbotenen Vernichtung einzelner Aktenstücke aus dem Bereich der Beobachtung der Naziszene durch das Landesamt für Verfassungsschutz der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Der Grünen-Abgeordnete Johannes Lichdi hat am Dienstag, 24. Juli, Klage eingereicht gegen die Chefs des Sächsischen Verfassungsschutzes.

Es ist aber nicht der einzige Grund, warum Gebhardt die Arbeit von Markus Ulbig kritisch sieht. “Da sich der Ministerpräsident aufgrund des generellen Einstellungsvorbehalts im öffentlichen Dienst Sachsens seit einiger Zeit mit der Einstellung jedes Hausmeisters persönlich befassen muss, möge er nun auch bei der Planstelle ‘Sächsischer Staatsminister des Innern’ tätig werden und eine Neueinstellung vornehmen”, schlägt der innenpolitische Sprecher der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag, nun vor.

“Diese Stelle ist zur Zeit zwar noch besetzt, aber offensichtlich nicht ausgefüllt. Amtsinhaber Ulbig lässt bis heute Landespolizei und Bevölkerung über den Umfang des Polizeipersonalabbaus im Unklaren und führt stattdessen einen sinnlosen Kleinkrieg gegen den im Unterschied zum Minister fachlich allgemein anerkannten Landespolizeipräsidenten Merbitz. Bei besonderen Herausforderungen wie dem 19. Februar 2011 in Dresden, wo Ulbig die Verantwortung für überzogene und rechtswidrige Polizeieinsätze (siehe Erstürmung und Durchsuchung des ‘Hauses der Begegnung’) und eine bundesweit heftig kritisierte massenhafte Handydatenerfassung trägt, erweist sich, dass Ulbig nie den Entwicklungsschritt vom Verwaltungsbürokraten zum Spitzenpolitiker geschafft hat.”

So habe Ulbig dem Freistaat auch in der Verfassungsschutzaffäre ein “Worst-Case-Szenario” eingebrockt, der schlimmste aller denkbaren Fälle sei eingetreten. Gebhardt: “Nachdem Ulbig zunächst mauerte, die Schuld nach Thüringen abschob und rückhaltloses Vertrauen zum eigenen Verfassungsschutzchef demonstrierte, musste dieser inzwischen das Handtuch werden. Und Ulbig selbst sieht sich mit schlimmsten möglichen Vorwurf konfrontiert: der Duldung der verbotenen Vernichtung von Aktenteilen, wodurch eine vollständige Aufklärung des Versagens des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz gegenüber dem ‘Nationalsozialistischen Untergrund’, der von Sachsen aus seine Serie von Morden beging, unmöglich gemacht wird.”

Da wünscht sich nun Gebhardt auch eine schleunige Neubesetzung des Amtes: “Ulbigs Methode, heikle Themen nur irgendwie abzuarbeiten, aber nicht zu gestalten, führt nun endgültig zum Fiasko – ein Neuanfang der sächsischen Innenpolitik sollte daher baldmöglichst von einem anderen Kopf an der Spitze des Innenministeriums erdacht und umgesetzt werden.”

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Redaktion über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar