Am Freitag, 22. Juni, veröffentlichte die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) ihren vorläufigen Untersuchungsbericht zum "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU). Das Fünfer-Gremium, dem drei Abgeordnete der Regierungsparteien und zwei der Opposition angehören, soll die Arbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz überwachen. In dem Bericht stellen die Abgeordneten dem Inlandsgeheimdienst ein miserables Zeugnis aus.
Die PKK ging in den letzten Monaten der Frage nach, ob die Verfassungsschützer die Terrorzelle in irgendeiner Weise unterstützt hatten. Die Behörde habe in diesem Zusammenhang versichert, dass sie zu keinem Zeitpunkt irgendeine Unterstützung für den NSU geleistet habe. Für die PKK steht daher fest, dass der Nachrichtendienst mit dem Trio oder dessen Umfeld weder unmittelbar noch mittelbar zusammengearbeitet hat. Auch Gefälligkeiten, beispielsweise bei der Beschaffung falscher Ausweise, habe es nicht gegeben. Die Schlapphüte hatten laut dem Bericht auch keine Kenntnisse über den Aufenthaltsort der Terroristen.
Die Abgeordneten attestieren den Geheimdienstlern allerdings erhebliche Defizite beim Zusammenwirken mit anderen Behörden. Schon kurz nach dem Abtauchen von Bönhardt, Mundlos und Zschäpe, als sie den dreien auf Ersuchen ihrer Thüringer Kollegen nachspürten, seien Informationen weder regelmäßig noch im Einzelfall zusammengeführt worden. Eine systematische Auswertung vorhandener und verfügbarer Daten habe nicht stattgefunden. Aus heutiger Sicht besonders prekär: “Eine zentrale Koordination der Maßnahmen gab es insgesamt nicht.”Die offensichtlichen Unzulänglichkeiten seien allerdings vor dem Hintergrund des Agierens der Thüringer Behörden zu sehen. Thüringens Landeskriminalamt und Verfassungsschutz übermittelten ihren sächsischen Kollegen nur Teilerkenntnisse. Diese Vorgehensweise rügte bereits die Schäfer-Kommission, deren Kritik sich die PKK anschließt. Ihr trauriges Fazit: “Im Ergebnis ist die informelle Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Sicherheitsbehörden sowohl auf Länderebene als auch auf der Ebene der Bundesländer und des Bundes im Zusammenhang mit dem NSU als mangelhaft zu qualifizieren. Insoweit geht es um ein systematisches und weniger um persönliches Versagen.”
Damit nicht genug. Die Mitglieder der PKK vertreten die Auffassung, dass die Verfassungsschützer die fragmentarischen Informationshäppchen selbstständig und mit mehr Nachdruck hätten auswerten sollen. Sie fordern deshalb einen stärkeren Informationsaustausch zwischen Polizei und Geheimdienst sowie zwischen den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern. “In der offensichtlich mangelhaften Zusammenarbeit und Kommunikation liegt wohl die Hauptursache für das staatliche Versagen im Zusammenhang mit dem NSU”, so der Bericht. Zudem solle der Verfassungsschutz die rechte Szene künftig intensiver analysieren.
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Kerstin Köditz und André Hahn (beide Die Linke) geht diese harsche Kritik noch nicht weit genug. Sie monieren unter anderem, dass die Geheimdienstler ganz offensichtliche Vernetzungen innerhalb der militanten Neonazi-Szene nicht erkannt haben. Grundsätzlich fehle ihnen die Problematisierung der “Vertrauensleute”. Hierbei handelt es sich um bezahlte Informanten aus dem rechten Milieu. “Erschreckend waren für uns insbesondere die Zusammenhänge mit der ‘Quelle’ aus Brandenburg, sowohl zur Person selbst als auch den Umgang mit seinen Informationen betreffend”, so die Politiker. “Uns ist nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden, dass ein vergleichbarer Fall, dass ein V-Mann des Landesamtes sogar die Beschaffung von Waffen verspricht, in Sachsen nicht möglich wäre.”
Obendrein hätten ihnen die Schlapphüte manche Akte erst auf Nachbohren hin ausgehändigt. Zeitweilig sei die Presse besser informiert gewesen als die Kontrollkommission. Sie fordern angesichts der Vielzahl an Verfehlungen eine externe Tiefenevaluation des Geheimdienstes. Ob und in welchem Umfang personelle Konsequenzen zu ziehen sein werden, werde sich aus der Arbeit des Untersuchungsausschusses ergeben.
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