32 Millionen Euro will sich der Freistaat Sachsen seine Standortkampagne kosten lassen. Man weiß zwar nicht wie, aber irgendwie will man "die Bekanntheit von Sachsen steigern", auch das provinzielle Image ablegen ("Weltoffenheit"), "Impulse zum direkten Kennenlernen und der gedanklichen Auseinandersetzung mit Sachsen setzen" usw. Schon die im Mai veröffentlichten Ergebnisse einer Umfrage zeigen: Es ist rausgeschmissenes Geld.
Auch die auf der Website der Staatsregierung veröffentlichten sechs schwammigen Kommunikationsziele erzählen von der Not, überhaupt zu definieren, was mit einer solchen Kampagne erreicht werden könnte. In ihnen lebt der von hunderten PR-Agenturen im Land verbreitete Glaube, man müsse nur genug Image-Tamtam veranstalten, um eine Ecke der Welt für Unternehmen, Touristen und Investoren spannend zu machen. Das hat noch nie funktioniert. Jede große Standort-Geschichte erzählt davon, dass harte wirtschaftliche Rahmendaten und die engagierte Arbeit von Gleichgesinnten dazu führten, dass der eine Ort Furore machte – und der andere eben nicht.
Das aufblühende Leipzig der Gründerzeit steht dafür genauso als Beispiel wie das Bayern der 1970er und 1980er Jahre, das Chicago um 1900 genauso wie das Silicon Valley 100 Jahre später. Keine einzige erfolgreiche Wirtschaftsgeschichte entstand durch Werbekampagnen. Die Werbekampagnen entstanden erst hinterher. Oder – wenn die Marketing-Verantwortlichen klug waren – als bindende Klammer. Dann vereinigte die Kampagne nämlich, was sowieso schon da war als Image, Stärke, Struktur und Potenzial.
Selbst die erfolgreichste Standortkampagne Deutschlands der letzten Jahre steht dafür: Baden-Württembergs Kampagne “Wir können alles außer Hochdeutsch”. Hier wird keine fiktive Zukunft beschworen. Hier wurde ein schon existierender wirtschaftlicher Erfolg benannt. Mit Augenzwinkern.Für jeden Politiker heißt das normalerweise: Erst einmal die Voraussetzungen schaffen und dran arbeiten. Dann erst kommt der treffende Slogan drauf.
Manchmal dauert das Jahrzehnte. Zwei bis drei Jahrzehnte etwa, wenn nicht eine Narrentruppe kommt, und die Bewegung stoppt. Und an den dümmsten Stellen, wo das Land gut geölt sein muss, spart, bis die Achsen qualmen.
Und stattdessen lieber 32 Millionen Euro in eine Kampagne steckt, von der Sinn und Zweck nicht einmal fassbar sind.
Deftige Kritik für diesen provinziellen Größenwahn gibt es jetzt auch aus Berlin. Wolfgang Gunkel, Sprecher der Landesgruppe Sachsen in der SPD-Bundestagsfraktion, kritisiert die geplanten 32 Millionen Euro für Sachsenwerbung als Fehlinvestition. Er weiß zumindest, wie man für einen guten Standort werben könnte
“‘Tue Gutes und rede drüber’ – ist nach wie vor die erfolgreichste Werbestrategie. Nun will die Sächsische Staatsregierung insgesamt 32 Millionen in eine werbeträchtige Kampagne für das Land Sachsen investieren. Doch auch der originellste Slogan und ein auf Hochglanz schick abgedrucktes Markenzeichen des Freistaates Sachsen sind noch keine Garanten für Erfolg”, stellt er fest. Was er in der sächsischen Realität sieht, ist eine ernsthafte Schädigung des gar nicht einmal schlechten Rufes, den sich der Freistaat Sachsen unter den Ministerpräsidenten Biedenkopf und Milbradt erarbeitet hat.
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Gunkel: “Der Lack an ‘Sachsens Glanz und Gloria’ bröckelt. Massive Einsparungen im Bildungs- und Sozialbereich sowie im Kulturraumetat gefährden die drei wesentlichen Standortfaktoren, die dem Freistaat Sachsen für Einheimische aber auch Interessierte von Außerhalb lebens- und liebenswert machen. Sachsens Staatsregierung hat offenbar trotz Schülerprotesten, Schließungen von Sozialeinrichtungen und drohendem Kulturabbau nicht begriffen, dass eine Förderung dieser drei Bereiche die beste Werbung für die Attraktivität des Freistaates Sachsen ist. Wenn von den 32 Millionen Werbekosten lediglich 3,1 Millionen in den Kulturraumetat eingestellt würden, dann gäbe es keine Negativschlagzeilen über Stellenkürzungen in Sächsischen Theatern und Orchestern, keine Existenzängste bei den Tierparks, den städtischen Museen und und und … Wenn die schwarz-gelbe Staatsregierung trotz zirka 1,3 Milliarden Mehreinnahmen in den drei Potenzbereichen des Landes den Sparhammer ansetzt, dann kann auch eine 32 Millionen schwere Werbe-Kampagne den Ruf nicht aufpolieren.”
“Tue Gutes”, fügt er noch an.
Wäre ein gutes Regierungsmotto.
Hier kann man mehr über die Image-Träume der Staatsregierung lesen: www.standortkampagne.sachsen.de
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