Nicht nur Ministerpräsident Stanislaw Tillch (CDU) rückt nach dem Rücktritt seines Kultusministers Roland Wöller (CDU) in den Fokus der Kritik. Denn auch die Kritiker wissen, dass Tillich seit seinem Amtsantritt nur ungern das nutzt, was man landläufig "Richtlinienkompetenz" nennt. Die eigentlichen Leitlinien geben zwei andere Männer aus. Einer davon bekam Anfang des Monats einen Preis.

Die beiden Männer, die im sächsischen Regierungskabinett tatsächlich die Fäden ziehen und die Linie vorgeben, nach der regiert wird, sind der Chef der Sächsischen Staatskanzlei Johannes Beermann und der Finanzminister Prof. Georg Unland. Wie stark er bereit ist, auf Entscheidungsprozesse im Freistaat Einfluss zu nehmen, hatte Beermann zuletzt bei der Kür des neuen MDR-Intendanten gezeigt, als der Westfale mit aller Macht versuchte, den Niedersachsen Bernd Hilder als neuen MDR-Chef zu installieren. Dafür bekommt er freilich keinen Preis. Den Preis bekam ein anderer: sein Kabinettskollege Unland.

Der hat sich seit seiner Berufung zum sächsischen Finanzminister 2008 zum eigentlich starken Mann im Kabinett gemausert. Die von Stanislaw Tillich zu seinem Regierungsbeginn in der neuen Legislaturperiode 2009 verkündete Sparpolitik trägt seine Handschrift. Die verkündete Reduzierung des Landespersonals von 87.000 auf 70.000 Stellen stammt aus seinem Haus. Welche Dimension das eigentlich bedeutet, zeigt ein Vergleich: Derzeit kommt in Sachsen auf 47 Einwohner ein Landesbediensteter. Das ist kein hoher Wert, wenn man bedenkt, dass es dabei zuallererst um Lehrer, Polizisten, Justizpersonal und Hochschulpersonal geht.

Auch das Argument, man wolle dabei das Niveau vergleichbarer westdeutscher Flächenländer erreichen, wenn man 17.000 Stellen (19,5 Prozent) streicht, stammt aus dem Finanzministerium. Auch wenn das obskure Vergleichsland bis heute nicht genannt wird.

Man könnte Nordrhein-Westfalen nehmen, das auf 17,8 Millionen Einwohner immerhin 440.000 Landesbedienstete zählt – das sind immerhin nur 40,5 Bürger auf einen Landesbedienstete. Sollte man NRW als Vergleich nehmen, müsste Sachsen wieder Personal aufstocken. Und heftig diskutiert wird dort derzeit über eine mögliche Einsparung von 12.000 Personalstellen – knapp 3 Prozent.

Wenn Sachsen sein Personal tatsächlich so weit schrumpfen würde, wie von Tillich verkündet, kämen auf einen Landesbediensteten 57 Bürger. Man ahnt, welche Kluft sich da auftut und wie viele dem Staat übertragene Aufgaben – von der Bildung bis zur Sicherheit – nicht mehr erfüllt werden können.

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Trotzdem müssen sich die sächsischen Staatsdiener auch und gerade vom Finanzminister anhören, dass sie zu teuer und zu viele seien und dass das Geld nicht zur Verfügung stünde, sie künftig noch zu bezahlen. Von den Streichungen diverser Bezüge in der jüngeren Vergangenheit genauso zu schweigen wie von den niedrigen Gehältern etwa im Schuldienst, die nicht einmal mehr im Vergleich mit den Nachbarländern konkurrenzfähig sind.

Deswegen vergab der Sächsische Beamtenbund am 1. März seinen Negativpreis, die “Eule”, an den Finanzminister Georg Unland. Besonders schwer im Magen lag den Beamten die Streichung des Weihnachtsgeldes. Am 14. Dezember musste Unland auf Nachfrage im Landtag zugestehen: “Die Streichung der Sonderzahlung hatte weder den Zweck, kurzfristige finanzielle Engpässe im sächsischen Staatshaushalt zu beheben, noch war für sie die aktuelle Einnahmesituation des Freistaates Sachsen ausschlaggebend.”

Das aber werfe die Frage auf, ob der Staatsminister den Parlamentariern bewusst oder unbewusst die Unwahrheit sagte. Denn schon bei der Begründung zu den Einsparungen im Rahmen des Doppelhaushaltes 2011/12 war immer von dem ‘Beitrag der Beamten’ die Rede.

“Wenn das aber nicht der wahre Grund gewesen sein sollte, so können die Beschäftigten in dieser Besoldungskürzung von rund 4 % nur noch Geringschätzung ihrer Leistungen, Willkür oder gar Bosheit der Staatsregierung vermuten, denn eine Neugestaltung oder Umstrukturierung der Besoldung, bei der die eingesparten 23 Millionen Euro wieder eingesetzt wurden, hat nicht stattgefunden. So stehen 46 Millionen Euro Mindereinnahmen der Beamten, Richter und Versorgungsempfänger zu Buche, die der Freistaat in 2011 und 2012 anderweitig verwendet”, äußerte sich Günter Steinbrecht, Landesvorsitzender des sbb – beamtenbund und tarifunion sachsen in seiner “Laudatio” dazu.

Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft Sachsen begrüßte die Verleihung der “Eule” an den Sächsischen Finanzminister.

“Es war weither zu erwarten, dass dieser negative Preis für das Jahr 2011 für die besondere und stete Ignoranz gegenüber den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, die der Finanzminister an den Tag legt, in seine Hände gelegt werden würde. Wir sind schon lange nicht mehr mit der für alles herhaltenden Floskel des Sparzwanges zu motivieren, über diese Ignoranz den Bediensteten gegenüber, hinwegzusehen”, heißt es von dorther. “Denn, solange Gelder für Werbeaktionen für den Freistaat Sachsen zu Verfügung stehen, ebenso wie für ungenutzte öffentliche Gebäude, als für diejenigen, die ihre Sonderzahlung dafür opfern mussten, schwindet das Ansehen eines Ministers in unseren Augen, mit dem Aussagegehalt dieser beiden Tatsachen.”

Was den Fokus auf die ganz speziell geplanten Personalkürzungen im Bereich der Polizei lenkt. Über 2.600 Stellen will (oder muss) der verantwortliche Minister Markus Ulbig hier “einsparen” als seinen Anteil am 17.000-Stellen-Streichkonzert. Doch schon jetzt sind Polizeidirektionen unterbesetzt und reichen die Neueinstellungen nicht aus, die frei werdenden Stellen zu besetzen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Markus Ulbig vor dem selben Dilemma steht wie sein Ex-Kollege Wöller. Den Versuch, die entstehenden Löcher mit “Bürgerpolizisten” zu besetzen, macht er ja schon.

Die “Eule”-Verleihung beim Sächsischen Beamtenbund:
http://www.sbb.de/aktuell/2012/120301_negativpreis.html

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