Das geplante sächsische Standortegesetz rechnet sich nur, wenn parallel dazu der Stellenabbau in der sächsischen Landesverwaltung massiv vorangetrieben wird. Das wird auch die Polizeistärke betreffen. "Polizei.Sachsen.2020" heißt das Konzept, mit dem auch in Leipzig die Personalstärke der Polizei um 20 Prozent reduziert werden soll. Entgegen den Versprechungen von Innenminister Markus Ulbig (CDU).

Bis zum Dezember 2012 sollen alle rechtlichen, personellen, technischen und liegenschaftlichen Voraussetzungen für die Umsetzung des Organisationskonzepts “Polizei.Sachsen.2020” geschaffen sein. Das betrifft die Region Leipzig ebenso stark wie andere Regionen Sachsens.

“Entgegen der Aussage des Innenministers, der Großraum Leipzig werde ebenso wie Limbach-Oberfrohna von einer Reduzierung der Stellen bis 2025 ausgenommen, sieht das Polizeikonzept für die Polizeidirektion Leipzig einen Stellenabbau von knapp 20 Prozent bis 2025 vor. Damit liegt der Stellenabbau in Leipzig sogar leicht über dem Landesdurchschnitt mit knapp 19 Prozent”, stellt Eva Jähnigen, innenpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, fest. “Diese Pläne finde ich besorgniserregend, zumal Leipzig in den vergangenen drei Jahren beispielsweise im Bereich der Wohnungseinbrüche fast eine Verdoppelung verkraften musste.”

2011 waren die Reviere und Polizeiposten der Polizeidirektion Leipzig mit einer Sollstärke von 1.758 Stellen ausgestattet. So hatte es auch eine Kleine Anfrage der Abgeordneten ergeben. Doch im Jahr 2025 soll die PD Leipzig nur noch über 1.412 Stellen verfügen. So ist es im Feinkonzept des Innenministeriums aufgeführt. Insgesamt soll die Zahl der Polizeistellen in Sachsen nach den Plänen von Ulbig von 13.911 im Jahr 2010 auf 11.280 im Jahr 2025 sinken.
“Auch die mir bekannten Interventionszeiten – also die Zeit zwischen dem Anruf bei der Polizei bis zu ihrem Eintreffen vor Ort – insbesondere bei Gefahr für Leib und Leben, sprechen eine deutliche Sprache. So brauchte die Polizei im Polizeirevier Leipzig Südwest und in Markleeberg in sieben Fällen von Körperverletzung und häuslicher Gewalt im Schnitt 30 Minuten. Das ist zu lang und legt nahe, dass Leipziger Polizeireviere bereits jetzt personell nicht ausreichend ausgestattet sind”, kritisiert Jähnigen. “Da Ulbig das Polizeikonzept wegen der Ermittlungen gegen Rechtsextremismus ändern und weniger Stellen als vorgesehen streichen will, sollte er auch das Kriterium der Interventionszeiten mit in das Konzept aufnehmen und die Stellenplanung daran ausrichten.”

Ob er das tun wird, ist fraglich. Schon im September, als das “Feinkonzept” erstmals vorgestellt worden war, war die Kritik aus den Fraktionen heftig gewesen. Schon damals fielen die drastisch verlängerten Interventionszeiten auf und vielen Abgeordneten war nicht vermittelbar, dass Städte wie Taucha mit zwei, drei Polizisten ausreichend besetzt werden könnten. Bürgerpolizisten sollen allerorten das Verschwinden der Polizeipräsenz kaschieren.

Der Abbau von Polizeikräften wird zwar – wie all die anderen sächsischen Sparprogramme – unter dem Hinweis der zurückgehenden Bevölkerungszahl verkauft. Doch während das Konzept “Polizei.Sachsen.2020” einen Abbau der Personalstärke um 19 Prozent vorsieht, sieht selbst die Bevölkerungsprognose des Landesamtes für Statistik bis 2025 nur einen Rückgang der Bevölkerungszahl um 9 Prozent.

Die Polizeidirektionen Leipzig und Westsachsen sollen zwar zu einer einheitlichen Direktion verschmelzen. Doch da Leipzig eindeutig der Schwerpunkt im Kriminmalitätsgeschehen ist und als gut vernetzte Großstadt ein Schwerpunkt der sächsischen Drogenkriminalität ist, ist nicht wirklich damit zu rechnen, dass es hier bis 2025 einen Rückgang der Fallzahlen geben wird.

Und dazu kommt, dass Ulbig es möglicherweise nicht einmal schaffen wird, auch nur die Zahl von 11.280 Polizisten zu halten. Darauf hatte schon im September der innenpolitische Sprecher der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag, Rico Gebhardt, hingewiesen: “Es werden keinesfalls 300 junge Polizistinnen und Polizisten jährlich eingestellt und ausgebildet, die dann auch im polizeilichen Vollzugsdienst tätig werden können. In der Regel bleiben von 300 Anwärtern nur rund 260 übrig, weil 40 aus verschiedenen Gründen vorher ausscheiden. Es gehört auch zur Wahrheit dazu, dass selbst 300 Einstellungen nicht ausreichen, um allein den Altersabgang von bis zu rund 600 Polizistinnen und Polizisten pro Jahr auch nur ansatzweise zu kompensieren. Dies ist Augenwischerei und bewusste Falschinformation.”

Der Innenminister hat die tatsächlich aktuellen Probleme der Nachwuchssicherung genauso sträflich vernachlässigt wie der Kultusminister bei den Lehrern. Und eigentlich ist heute schon absehbar, dass in wenigen Jahren nicht nur die Bundeswehr mit großen Trucks durchs Land fährt, um dringend gebrauchten Nachwuchs zu gewinnen. Auch die Polizei wird es tun. Und dabei gewaltige Probleme haben, denn den cleveren Nachwuchs sichert sich jetzt die Privatwirtschaft.

Dass dann trotzdem noch diese nunmehr dritte “Polizeireform” in Sachsen durchexerziert wird, hat für Gebhardt nur einen einzigen Grund: “Es bleibt dabei, und die kommenden Jahre werden dies, wie bei allen vorausgegangenen ‘Polizeireformen’ in Sachsen deutlich beweisen, diese Polizeireform findet aus einem einzigen Grund statt: Um zu Lasten der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in Sachsen Haushaltskonsolidierung zu betreiben.”

Grüner Antrag “Interventionszeiten bei der sächsischen Polizei” (Drs. 5/5053):
http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=5053&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=202

Pressemitteilung 253 vom 17.08.11 zur Besetzung von Polizeiposten:
www.gruene-fraktion-sachsen.de/presse/mitteilungen/pm/browse/3/artikel/187/pm-2011-253-sind-sachsens-pol.html?no_cache=1

In der Pressekonferenz zur Vorstellung des Feinkonzeptes “Polizei.Sachsen.2020” sicherte Innenminister Ulbig zu, dass die Polizei im Großraum Leipzig wegen der Bekämpfung der Drogenkriminalität vorerst nicht reduziert werde. Siehe dazu:
www.mdr.de/sachsen/polizeireform106.html

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