Christin Löchner ist genervt. Seit Tagen wird die linke Nachwuchspolitikerin von Neonazis bedroht. Per Telefon, per Brief und per E-Mail. Auch das "Linxxnet" in Leipzig-Connewitz, wo sich die 24-Jährige ehrenamtlich engagiert, geriet ins Visier der Kameraden. Auf dem Anrufbeantworter hinterließ ein Unbekannter die Nachricht, das Abgeordnetenbüro mit Kalaschnikows besuchen zu wollen.
Nicht die einzige Drohung, die die junge Leipzigerin in den vergangenen Tagen erhielt. “Die Bedrohungen gehen neben den üblichen persönlichen Angriffen und Gewaltdrohungen auch auf die Ebene von Mordlust”, zeigt sich die Leipzigerin entsetzt. “In manchen wird en Detail beschrieben, wie man mich umbringen will.” Die Drohungen kommen aus dem gesamten rechten Spektrum: “Vom angeblich verfolgten Sudetendeutschen über Öko-Nazis bis hin zu richtig Wirren.”
Eine E-Mail Löchners brachte viele Kameraden auf die Palme. Darin fordert sie den Revisionisten Richard Wilhelm von Neutitschein auf, sie aus seinem E-Mail-Verteiler zu löschen – in den er sie wider Willen aufgenommen hatte. “Ich weiß nicht, wie ich in die Mailingliste geraten bin”, zeigt sie sich verwundert. Die Leipzigerin fühlte sich durch seine regelmäßigen Rundmails belästigt: “Er penetriert täglich die Menschen mit seinen unglaublich anstrengenden Inhalten.”
Die junge Frau versuchte, den Spieß umzudrehen, indem sie eine überspitzt-ironische Antwortmail formulierte. Doch Sätze wie “Ich bin eine Volksverräterin” oder “Ich liebe und fördere den Volkstod” trafen nicht nur beim Adressaten einen äußerst empfindlichen Nerv.
Von Neutitschein verstand keinen Spaß, sondern fühle sich durch die Nachricht offenbar in seinen Vorurteilen bestätigt und stellte sie als angeblichen Beweis für die Deutschfeindlichkeit der Linkspartei ins Netz. Für Löchner mit fatalen Folgen. Denn ausgerechnet die NPD scheint dem Revisionisten und seinen Thesen zu vertrauen. Für sie sei er ein Bürger, der laut ihrem Bundesvorsitzenden Holger Apfel “Bürgerrechtsverletzungen in der Bundesrepublik” anprangere. Der Parteivorsitzende nutzte Löchners Parteimitgliedschaft aus, um in einer Pressemitteilung gegen die Linken zu polemisieren: “Deutlicher kann man nicht sagen, daß man sich die ethnische Auslöschung des deutschen Volkes wünscht.” Dabei gehört die Leipzigerin der Linkspartei zwar an, ist aber zurzeit nicht parteipolitisch aktiv. Die E-Mail verfasste sie als Privatperson. Den Neonazis scheint dieser Umstand gleichgültig.
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Innerhalb der Linken zeigt man sich über das Verhalten der NPD entsetzt. Mehrere prominente Linken-Politiker, unter ihnen André Hahn, Rico Gebhardt und Katja Kipping, solidarisierten sich in einer gemeinsamen Erklärung mit ihrer Genossin. “Die Mord- und Gewaltdrohungen von radikalen Rechten gegenüber Christin Löchner und ihrem politischen Umfeld beweisen aufs Neue den menschenverachtenden Charakter dieses Denkens.” Der antifaschistische Kampf gegen die alten und neuen Nazis, gegen ihr Denken und Handeln, sei eine der wichtigsten Aufgaben für alle Demokraten. Gegen den Absender einer Nachricht hat Löchner mittlerweile Strafanzeige erstattet. Ihren Mailaccount hat sie gelöscht.
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