Für Geld kann man sich nicht alles kaufen – schon gar nicht, wenn man es gar nicht hat. Und dabei glaubte Sachsens Staatsregierung, dass man mit ein bisschen finanzieller Beihilfe den Bund dazu bringen könnte, wichtige Infrastrukturprojekte endlich anzupacken, die im Bundesverkehrsministerium seit Jahren auf Eis liegen. Bei der Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke Leipzig-Chemnitz hat das geklappt. Beim gewünschten agra-Tunnel aber stößt das an ganz heftige finanzielle Grenzen.

Das machte selbst den AfD-Landtagsabgeordneten Tobias Keller unruhig. Denn eigentlich schien ja 2021 alles geklärt: Die Staatsregierung von Sachsen hatte sich bereiterklärt, die Mehrkosten für eine Untertunnelung des agra-Geländes zu tragen, wenn die mittlerweile angejahrte Brücke der B2 übers agra-Gelände ersetzt werden muss.

Anfang Dezember kündigte das Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LASUV) an, dass die Brückenkonstruktion jetzt akribisch untersucht wird. Denn seit dem Einsturz der Carolabrücke in Dresden ist man auch im LASUV alarmiert, was insbesondere die Brückenkonstruktionen aus der DDR-Zeit in Sachsen betrifft. Noch liegen keine Ergebnisse vor.

Aber ein Ersatzbau – egal ob Brücke oder Tunnel – wird deutlich teurer als noch vor drei Jahren prognostizierbar war. Sachsen gerät mit seinen Brückensanierungen mitten hinein in eine Verteuerung aller Bauprojekte. Das wird auch aus der Antwort des Sächsischen Verkehrsministeriums auf die Landtagsanfrage von Tobias Keller hin deutlich.

Schon im Kabinett gebremst

„Im Jahr 2021 wurde eine Absichtserklärung zwischen dem Bund und dem Freistaat Sachsen abgeschlossen, in der unter anderem der Abschluss einer Finanzierungsvereinbarung zu einer Tunnelvariante im Agra-Park Markkleeberg fixiert ist“, geht das Wirtschaftsministerium auf die damals öffentlichkeitswirksame Meldung ein.

Doch damals hatte der Wirtschaftsminister die Rechnung ganz offensichtlich ohne die anderen Kabinettsmitglieder gemacht. Denn im Staatskabinett blieb das ganze Vorhaben damals hängen, wie das Wirtschaftsministerium feststellt: „Die Umsetzung der benannten Maßnahmen stehen laut Absichtserklärung unter dem Vorbehalt einer Verfügbarkeit der erforderlichen Finanzmittel. Für den Abschluss der vorgenannten Finanzierungsvereinbarung ist die Zustimmung durch das sächsische Kabinett erforderlich. Diese Zustimmung liegt bisher nicht vor.“

Und das waren noch relativ entspannte Staatshaushalte, die das betraf, wo das nötige Geld für die Tunnellösung irgendwie nicht zu finden war.

Und die Kalkulationen für diese Tunnellösung haben sich seitdem deutlich erhöht. Damals gingen die Vertragsparteien noch davon aus, dass man den Tunnel für 50 Millionen Euro bekommen könnte. Aber daran ist schon lange nicht mehr zu denken, stellt das Wirtschaftsministerium in seiner Antwort fest: „Die Mehrkosten für einen Tunnel, die vom Freistaat Sachsen zum Zeitpunkt eines angenommenen Baubeginns im Jahr 2035 zu tragen wären, werden auf Grundlage des bisherigen, noch frühen Planungsstandes derzeit auf rund 140 Millionen Euro geschätzt. Hiervon entfallen rund 25 Millionen Euro auf die Planung, rund 100 Millionen Euro auf den Bau und rund 15 Millionen Euro auf die Ablöse für die Erhaltung und den Betrieb des Tunnels.“

Da dürfte es schwerfallen, im neuen Haushalt des Landes Sachsen, der wohl im Juni 2025 vorliegen wird, die nötigen Geldbeträge zu finden. Es sei denn, die Prüfung des Brückenbauwerks durch das LASUV zeigt einen Zustand auf, der schnelles Handeln an der agra-Brücke notwendig macht. Aber noch liegen die Ergebnisse dieser Prüfung nicht vor.

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