Es war schon ziemlich dreist, als das Frachtflugunternehmen DHL 2021 Klage gegen 54 zumeist junge Menschen einreichte, die am 9. Juli 2021 in einer nächtlichen Aktion gegen die Ausbaupläne des Flughafens protestiert hatten. Ein durch das Grundgesetz gewährleisteter Protest wurde einfach in eine Nötigung umgedeutet. Doch dabei blieb es nicht. Die Staatsanwaltschaft beantragte dann auch noch Strafbefehle gegen die Protestierenden. Das fanden selbst die Richter am Amtsgericht Eilenburg unerhört.

Am Mittwoch, dem 11. Dezember, ab 9.30 Uhr werden nun drei weitere Flughafenausbau-Gegner/-innen vor dem Amtsgericht Eilenburg stehen. Wie schon am 9. Januar 2024 wird der Vorwurf der Nötigung verhandelt. Hintergrund ist eine Protestaktion aus dem Juli 2021 gegen den Ausbau des Frachtflughafens Leipzig/Halle. Die angeklagten Aktivist/-innen rechnen mit einem Freispruch, wie es ihn schon im Januar gegeben hat.

„Der Protest gegen den Flughafenausbau ist in Zeiten der Klimakrise nicht nur legitim, sondern auch juristisch legal. Auf die Anklagebank gehören die politisch Verantwortlichen für den geplanten Flughafenausbau. Denn der führt uns mit Vollgas in die Klimakrise“, erklärt dazu Luka Scott, Pressesprecherin der Kampagne „Repression Nicht Zustellbar”.

Die sächsische Staatsanwaltschaft beantragte einen Strafbefehl gegen die beteiligten Flughafenausbau-Gegner/-innen, nachdem DHL bereits zivilrechtlich gegen die insgesamt 54 Klimaaktivist/-innen vorgegangen war. Doch das Amtsgericht Eilenburg erklärte sich mit dem Vorhaben der Staatsanwaltschaft nicht einverstanden und lehnte den Erlass des Strafbefehls ab.

Deshalb kommt es nun zur Verhandlung in der Strafsache vor dem Amtsgericht in Eilenburg. Vor dem Gebäude wird es eine Kundgebung geben, kündigt „Repression Nicht Zustellbar“ an.

Mit aller Macht gegen Klimaprotest

Im Streit um den Flughafenausbau kam es unterdessen zu einer weiteren Klage: Die BUND-Landesverbände von Sachsen und Sachsen-Anhalt haben am 4. Dezember Klage gegen den Planfeststellungs-Bescheid eingereicht. Bei den Protesten gegen den Flughafenausbau verbinden sich die Proteste der Anwohner/-innen gegen den zunehmenden Fluglärm mit den Aktionen für Klimagerechtigkeit.

Und zur Begleitmusik gehört auch, dass staatliche Instanzen bundesweit immer restriktiver gegen Proteste und Demonstrationen von Klimaaktivist/-innen vorgehen. Es sind klimaschädliche Großprojekte wie der Leipziger Flughafenausbau, die den Protest von Betroffenen und von Aktivisten auf sich ziehen. Doch statt diese klimaschädlichen Entwicklungen zu stoppen und stattdessen den klimafreundlichen Umbau des Landes voranzutreiben, wird der Protest kriminalisiert. Was inzwischen auch Amnesty International registriert und 2023 Deutschland erstmals als ein Land beschrieb, in dem die Versammlungsfreiheit eingeschränkt werde.

Amnesty International dazu: „In Deutschland sind zurzeit vor allem Klimaaktivist/-innen zunehmenden Repressionen ausgesetzt. So hat die bayerische Polizei seit Oktober 2022 Dutzende Aktivist/-innen für bis zu 30 Tage in Präventivhaft genommen – zuletzt im Zusammenhang mit der IAA. (…) Einige Städte in Deutschland haben zuletzt versucht, durch präventive Versammlungsverbote Klimaprotest zu unterbinden.“

Paula Zimmermann, Expertin für Meinungs- und Versammlungsfreiheit bei Amnesty International, bemerkt: „Obwohl die Präventivhaft ursprünglich zur Verhinderung schwerer Gewaltdelikte gedacht war, wurde sie in den vergangenen Jahren vor allem zu Abschreckungszwecken gegen Klimaaktivist/-innen eingesetzt. Dies umgeht das Recht auf ein faires Verfahren und stellt eine Menschenrechtsverletzung dar.“

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