Am Montagabend, dem 11. November, haben rund 90 Expertinnen, Experten und Interessierte in der Leipziger Konsumzentrale beim vierten „Impulsforum Leipziger Auwald“ über den aktuellen Stand der Rettung des Leipziger Auwalds diskutiert. Auf Initiative von Sachsens Umweltminister Wolfram Günther ist das Forum seit 2021 die Plattform für den wiederkehrenden Austausch von Interessenvertreterinnen und -vertretern, um die Revitalisierung des ökologisch einzigartigen Gebiets zu erreichen und sich über die Zukunft der naturnahen Auenentwicklung auszutauschen.
Geschafft haben die Beteiligten in dieser Zeit, endlich das Naturschutzgroßprojekt Leipziger Auwald anzuschieben. Leipzig und Schkeuditz haben dafür beim Bund die ersten Fördergelder beantragt, 2025 sollen die Planungen für die einzelnen Maßnahmen anlaufen.
Die Statements von Günther und Rosenthal
„Der Auwald ist eine einzigartige Landschaft und ein wertvolles Ökosystem mitten in einem wachsenden Ballungsraum. Doch der Auwald ist bedroht. Der menschengemachte Klimawandel und schwere menschliche Eingriffe in das Gewässersystem haben dem Leipziger Auwald sprichwörtlich das Wasser abgegraben“, betonte Wolfram Günther aus Anlass des Forums.
„2020 haben wir uns im engen Verbund mit den anliegenden Kommunen, mit Partnerinnen und Partnern vor Ort und aus der Wissenschaft aufgemacht, den Auwald zu retten. Wir sind weit gekommen – von der Bestandsaufnahme zu konkreten Maßnahmen. Erste Deiche wurden zurückgebaut, wir haben Überschwemmungsflächen wiederhergestellt. Und erst im Juni haben wir auf den Weg gebracht, dass die Leipziger Auenlandschaft ein Naturschutzgroßprojekt wird.
Der Weg seit 2020 ist ein Erfolg. Wir haben fehlendes Engagement des Freistaats in der Vergangenheit aufgeholt. Aber es bleibt noch sehr viel zu tun. Die Akteurinnen und Akteure aus der Region arbeiten engagiert daran. Nun kommt es darauf an, dass eine künftige Landesregierung diesen Weg weiter entschlossen unterstützt.“
Und Heiko Rosenthal, Umweltbürgermeister der Stadt Leipzig, erklärte: „Wir haben als Stadtgesellschaft gemeinsam eine große Verantwortung übernommen, den Leipziger Auwald als wertvolles Ökosystem und wichtigsten Bestandteil der grün-blauen Infrastruktur inmitten der Großstadt zu erhalten. Wir müssen wasserbauliche Maßnahmen neu denken und eine neue zukunftsfähige Vision für den Auwald entwickeln.
Gleichzeitig sind wir auf dem Weg und setzen Maßnahmen am Burgauenbach und am Zschampert um. Wir erarbeiten ein Auenentwicklungskonzept für die gesamte Auenlandschaft im Leipziger Stadtgebiet und haben gemeinsam mit Schkeuditz ein Naturschutzgroßprojekt beantragt. Wir sind überzeugt, dass Bund und Land unser kommunales Engagement unterstützen werden und den Startschuss für das Naturschutzgroßprojekt in 2025 geben.“
Ein Masterplan bis 2027
Der Leipziger Auwald hat aufgrund seiner Größe, Lage und biologischen Vielfalt eine herausragende ökologische Bedeutung. Das Vorkommen der Wildkatze und zahlreicher weiterer Tier- und Pflanzenarten im Leipziger Auwald hat einen herausgehobenen Stellenwert für den nationalen und europäischen Artenschutz.
Das Vorhaben zur Rettung des Leipziger Auwalds muss vielfältige Interessen von beteiligten Kommunen, Landkreisen, Nutzerinnen, Anrainern und Verbänden berücksichtigen – von Naturschutz und Naherholung über Hochwasserschutz bis zu wassertouristischer, forstlicher und landwirtschaftlicher Nutzung.
Im Sächsischen Auenprogramm hat das Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft (SMEKUL) die Entwicklung des Leipziger Auwalds verankert, ebenso im sächsischen Koalitionsvertrag von 2019. Im November 2020 veröffentlichten Fachleute aus Wissenschaft, Behörden und Verbänden unter Federführung des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung einen gemeinsamen Strategieplan für die Rettung des Auwalds.
Bis 2027 erarbeiten die Beteiligten den Masterplan „Elster-Luppe-Flusslandschaft 2050“. Ziel des Masterplans ist die Revitalisierung einer durchgehenden Auenlandschaft über eine Strecke von rund 40 Kilometern zwischen Elstertrebnitz im Süden bis Schkeuditz im Norden. Mit dem Inkrafttreten der EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur in diesem Jahr bekommt dieses Vorhaben zusätzliche Bedeutung.
Das Naturschutzgroßprojekt Leipziger Auwald
Im Juni 2024 hat die Stadt Leipzig den Antrag für das Naturschutzgroßprojekt Leipziger Auwald beim SMEKUL sowie beim Bundesamt für Naturschutz eingereicht. Ziel ist es, ab Mitte 2025 im Rahmen einer ersten Projektphase einen Pflege- und Entwicklungsplan zu erarbeiten, welcher Maßnahmen ausweist, die dem langfristigen Erhalt auentypischer Biotoptypen dienen.
Im Leipziger Auwald besteht ein hohes Potenzial für die Wiederanbindung der Altaue an die Überflutungsdynamik und damit für die Wiederherstellung eines möglichst naturnahen, auentypischen Wasserregimes. Das wesentliche naturschutzfachliche Ziel besteht darin, ein gesamträumliches Maßnahmenprogramm für das Arten- und Biotop-Management in einem strukturreichen Landschaftsmosaik zu entwickeln, das von Seiten der Landnutzer wesentlich mitgetragen und unterstützt wird.
Um die Leipziger Auenlandschaft zu retten, hat das SMEKUL in den vergangenen zwei Jahren sowohl in der Landestalsperrenverwaltung als auch im Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie je eine Stelle einer Gewässer- und Auenkoordinatorin geschaffen. Beide Koordinatorinnen kümmern sich insbesondere um die Abstimmung fachlicher Aspekte innerhalb der Landesverwaltung.
Zudem wurde im SMEKUL die Stelle eines Gesamtkoordinators für das Sächsische Auenprogramm eingerichtet. Letzterer ist speziell für die strategische Vorbereitung sowie die organisatorische Begleitung der konzeptionellen Planungen zur Revitalisierung des Leipziger Auwaldes, aber auch weiterer bedeutender sächsischer Auenlandschaften, zuständig.
Das verspätete Auenentwicklungskonzept
Ein weiteres Thema, das mehr Zeit brauchte als ursprünglich versprochen, spricht der Leipziger Ökolöwe an. Zwei Jahre später als geplant ist das Auenentwicklungskonzept der Stadt Leipzig für die Nordwestaue fertig. Und auch das zeigt: Die Neue Luppe muss renaturiert werden.
„Endlich bekennt sich die Stadt zur Renaturierung der Neuen Luppe. Das ist ein Etappensieg für den Auwald. Die Stadt muss die notwendigen Maßnahmen jetzt zügig umsetzen“, erklärt Ökolöwen-Sprecher Marcel Otte.
Die künstliche Neue Luppe liegt so tief, dass sie dem Auwald das Wasser entzieht. Eine renaturierte Neue Luppe birgt ein riesiges Potenzial. Sie kann den Auwald regelmäßig überfluten und so das Ökosystem wiederherstellen. Es bleibt freilich bislang ungeklärt, wie und vor allem wann Stadt und Land die Renaturierung umsetzen wollen. Der Rettungsplan für den Leipziger Auwald fehlt bisher.
„Es darf nicht sein, dass Stadt und Land sich in Konzepten und Analysen verzetteln“, sagt Otte. „Reden allein rettet den Auwald nicht. Wir fordern Stadt und Land auf, innerhalb eines Jahres einen ambitionierten Zeitplan vorzulegen.“
Die Rettung des Leipziger Auwaldes ist eine Forderung des Ökolöwen-Appells „Mehr Grün für Leipzig“.
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