Nach einem Jahrzehnt Widerstandsgeschichte und intensiver, ehrenamtlicher Arbeit steht ein bedeutender Schritt für die Zukunft des Dorfes Pödelwitz (Groitzsch) bevor: Der Verein „Pödelwitz hat Zukunft e.V.“ hat nun die einmalige Möglichkeit, ein ca. ein Hektar großes Grundstück im Ort zu erwerben. Damit rückt der Traum eines Leuchtturmprojekts in dem umkämpften Dorf an der Tagebaukante in greifbare Nähe, wie am 2. Oktober mitgeteilt wird.
Der „Vielseithof“ soll die Wiederbelebung von Pödelwitz maßgeblich vorantreiben. Freudig erklärt Jens Hausner, dessen Familie seit über zweieinhalb Jahrhunderten im Dorf lebt, die Vision des Projekts: „Hier soll ein zentraler Ort für inklusives Wohnen und Arbeiten mit gemeinschaftsgetragenen Initiativen entstehen. Wir wollen damit direkt zum sozial-ökologischen Strukturwandel im Braunkohlerevier beitragen, Bedarfe in der Region erfüllen und beispielhaft zeigen, wie Inklusion und Gemeinwohl in ländlichen Regionen verbunden werden können.“
Ein Leuchtturmprojekt für inklusives Leben auf dem Land
Im inklusiven Hofprojekt „Vielseithof“ sollen Menschen ohne und mit Beeinträchtigungen, bspw. aus dem autistischen Spektrum, gemeinschaftlich wohnen und arbeiten können. So sind eine Hofkantine als Begegnungsort, sowie ein solidarischer Landwirtschafts- und ein ökologischer Baubetrieb geplant. Durch das Projekt entstehen damit aber nicht nur ambulante Betreuungs- oder diverse Arbeitsplätze in der Region.
Es ist außerdem das erste, wichtige Initiativprojekt, um die Wiederbelebung des Dorfes voranzubringen.
Ziel des Vielseithofs ist es, eine echte Teilhabe am Dorfleben zu ermöglichen, die über bloße Betreuung hinausgeht.
Franziska Knauer, ehemalige Dorfbewohnerin und Vereinsmitglied, betont: „Uns ist wichtig, dass alle, die von Entscheidungen über ihren Lebensort direkt betroffen sind, ein Mitspracherecht haben. Dafür erarbeiten wir kontinuierlich Konzepte, um ein verantwortungsbewusstes Zusammenleben und eine Eingebundenheit für Alle zu ermöglichen.“
Diese Konzepte stehen also im Kontrast zu klassischen Wohn- und Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, die sich typischerweise stark abgegrenzt von der restlichen Gesellschaft funktionieren. Die Idee entstand aus dem direkten Bedarf in der verbliebenen Dorfgemeinschaft. Darüber hinaus suchen im Landkreis Leipzig viele Menschen mit Unterstützungsbedarf und ihre Familien händeringend nach Betreuungsangeboten in direkter Nähe und ohne aus der Heimat wegziehen zu müssen. Das Projekt soll hier Abhilfe schaffen und zur regionalen Entwicklung beitragen.
Die nächsten Schritte werden geplant
Der Raum zum Wohnen, für Betriebe und ambulante Betreuung soll schrittweise entstehen. Jetzt geht es erst einmal darum, das Grundstück durch den gemeinnützigen Verein „Pödelwitz hat Zukunft“ zu sichern und vergesellschaften. Mit dem Erwerb des Grundstücks soll eine langfristige, gemeinwohlorientierte Nutzung der Fläche auch im Sinne zukünftiger Generationen sichergestellt werden. Spekulation und rein profitorientierte Nutzung werden somit dauerhaft verhindert.
Nora Mittelstädt, die neu ins Dorf gezogen und Stadträtin ist, erklärt: „Unser Ziel ist es, ein Modellprojekt im Kleinen zu schaffen, das größere Entwicklungen anstößt und zur Wiederbelebung des Dorfes beiträgt. Wir möchten zeigen, wie inklusives Leben auf dem Land funktionieren kann und erhoffen uns, dass im Anschluss die entwickelten Konzepte von anderen Orten übernommen werden.“
Die nächsten Schritte umfassen den laufenden Kaufprozess und die Ausarbeitung des Konzepts. Der Verein wartet aktuell auf eine entscheidende Rückmeldung, um dann gemeinsam mit Stiftungen und Förderträgern den Aufbau des „Vielseithofes“ anzugehen. Viele Aspekte des Konzeptes sind schon erfolgreich in anderen inklusiven oder ökologischen (Bau-)Projekten einzeln umgesetzt worden. Der Verein baut hier auf ein starkes Netzwerk, um diese Erfahrungen und Ideen zusammenzutragen.
Kuchensonntag am 13. Oktober
Derzeit wird noch tatkräftig an der Finanzierung des Kaufs gearbeitet. Der Pödelwitz hat Zukunft e.V. bekräftigt daher: „Um das Grundstück und somit die Zukunft des Projekts zu sichern, hilft uns jede Spende und jeder Direktkredit. Diese tragen dazu bei, die finanzielle Belastung der einzelnen Vereinsmitglieder zu verringern und ermöglicht es, den wirtschaftlichen Druck direkt nach dem Kauf zu mindern. So können wir den Grundstein für dieses wunderbare, zukunftsweisende Projekt legen. Danke im Voraus für jede Unterstützung! Zusammen sind wir viele!“
Am 13. Oktober findet zudem der diesjährig letzte Kuchensonntag in Pödelwitz statt, der gleichzeitig auch Infotag für den Vielseithof sein soll. Bei Kaffee, Kuchen und einer Dorfführung können Besucherinnen und Besucher einen Eindruck vom Dorf und dem Vorhaben bekommen und ins Gespräch kommen. Der Verein lädt herzlich dazu ein.
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