Die aktuellen und möglicherweise künftigen Ministerpräsidenten von Sachsen, Brandenburg und Thüringen haben sich in einem gemeinsamen Gastbeitrag für die FAZ für stärkere diplomatische Bemühungen gegenüber Russland ausgesprochen. Während Sahra Wagenknecht den Beitrag lobt, kommt Kritik beispielsweise von CDU-Chef Friedrich Merz.

In einem gemeinsamen Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) haben sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Mario Voigt (CDU), möglicherweise bald Ministerpräsident in Thüringen, dafür ausgesprochen, dass Deutschland im russisch-ukrainischen Krieg stärker als Vermittler auftreten soll. Dies müsse in enger Abstimmung mit den europäischen Nachbarn geschehen.

„Um Russland an den Verhandlungstisch zu bringen, braucht es eine starke und geschlossene Allianz“, schreiben die ostdeutschen Politiker. „Deutschland und die EU haben diesen Weg noch zu unentschlossen verfolgt. Je breiter die internationale Allianz aufgestellt ist, desto größer wird der Druck.“

Zeitpunkt wohl im Zusammenhang mit Landespolitik

Dass sich die drei Politiker zu diesem Zeitpunkt gemeinsam zu diesem Thema äußern, ist im Zusammenhang mit den anstehenden Koalitionsverhandlungen in den drei Bundesländern zu sehen. Überall würden diese wahrscheinlich unter Beteiligung des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) stattfinden.

Dieses hatte Friedenspolitik, Waffenlieferungen und Diplomatie bereits im Landtagswahlkampf zu einem entscheidenden Thema gemacht, obwohl es in der Landespolitik nur eine untergeordnete Rolle spielt. Unklar ist, ob das BSW in eine Koalition eintreten würde, wenn sich die Parteien nicht auf bestimmte friedenspolitische Positionen einigen würden.

Streitpunkt ist unter anderem die geplante Stationierung von US-Mittelstreckenraketen; das BSW lehnt das ab. In dem FAZ-Gastbeitrag heißt es dazu: „Die Pläne hätte man besser erklären und breiter diskutieren müssen. Militärische Stärke ist nur dann sinnvoll, wenn sie mit kluger Diplomatie verbunden wird.“

Gemischte Reaktionen

Wagenknecht lobte den Gastbeitrag. Es sei ein „kluger und differenzierter Beitrag“, sagte sie der FAZ. Gegenüber dem „Spiegel“ ergänzte sie, dass es endlich darum gehe, „wie wir den Krieg beenden können, statt mit großer moralischer Attitüde immer nur noch mehr Waffen und einen militärischen Sieg der Ukraine zu fordern, von dem inzwischen alle wissen, dass er nicht kommen wird“.

Anderenorts kam der Gastbeitrag hingegen nicht so gut an. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz distanzierte sich davon. Verschiedene Spitzenpolitiker*innen von SPD, FDP und Grünen äußerten die Vermutung, dass der Beitrag eine Koalition mit dem BSW vorbereiten soll.

Diese ist allerdings noch in weiter Ferne. In Sachsen soll das nächste „Kennenlerngespräch“ erst am Montag übernächster Woche stattfinden. Es ist also noch unklar, ob es überhaupt zu Sondierungsgesprächen kommen wird – von Koalitionsverhandlungen und einem Koalitionsvertrag ganz zu schweigen.

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