Eigentlich sollte nach dem Bundesparteitag der Linken in Halle die Botschaft stehen, dass man geschlossen in den überlebenswichtigen Wahlkampf für die Bundestagswahl geht. Zumindest eine Person wird nicht mehr dabei sein: Die sachsen-anhaltische Landtagsabgeordnete Henriette Quade erklärte am Montag ihren Parteiaustritt. Sie begründet ihn mit „dem unerträglichen Antisemitismus in den eigenen Reihen“.

Konkreter Anlass für den Austritt scheint ein Antrag zu sein, den der Parteitag am Wochenende beschlossen hat. Aus Sicht von Quade wird Israel darin einseitig für die Eskalation im Nahen Osten verantwortlich gemacht. Auch die Forderung, keine Waffen mehr nach Israel zu liefern, kritisiert sie: Damit sei das Land „in letzter Konsequenz schutzlos“ gegenüber Bedrohungen von außen.

„Es zeichnet sich mit dem Bundesparteitag ab, dass ein kompromissloser Kampf gegen jeden Antisemitismus in und mit dieser Partei mir nicht möglich ist – so sehr er auch in Reden behauptet wurde“, so Quade in ihrem Austrittsschreiben.

Umgang mit Gruppe aus Leipzig ein Thema

Sie kritisiert auch den Umgang mit einem Antrag, der es der Leipziger Gruppe „Handala“ ermöglichen sollte, auf dem Parteitag zu sprechen. Dieser sei nur aus formalen Gruppen abgelehnt worden. Laut Quade wäre ein Auftritt der Gruppe aber auch unvereinbar gewesen mit der „Beschlusslage gegen Antisemitismus“ innerhalb der Partei.

Die Gruppe „Handala“ steht fest an der Seite der Palästinenser*innen, wird von einigen Kritiker*innen als antisemitisch bewertet und hat sich nach dem 7. Oktober 2023 auf Instagram mit dem Hamas-Angriff solidarisiert.

Am Rande des Bundesparteitags soll Quade durch Mitglieder der Gruppe beziehungsweise Teilnehmer*innen einer Demonstration bedrängt und bedroht worden sein. Der neue Parteivorsitzende Jan van Aken thematisierte das in seiner Abschlussrede. „Handala“ wies die Vorwürfe auf Instagram zurück.

Bedauern und Häme

In den sozialen Medien fielen die Reaktionen auf den Austritt gemischt aus. Während beispielsweise die Linksjugend Leipzig und die sächsischen Bundestagsabgeordneten Caren Ley und Clara Bünger ihr Bedauern äußerten, wurde Quade von vielen anonymen Usern als rechts, rassistisch und Genozidbefürworterin beschimpft.

Das hat auch mit einer Demonstration in Halle zu tun, an der sich Quade im Mai beteiligt hat. Gemeinsam mit anderen Israel-solidarischen Antifaschist*innen stellte sie sich einer pro-palästinensischen Demonstration, unter anderem mit „Handala“, entgegen.

Quade war 2000 als Jugendliche in die linke Vorgängerpartei PDS eingetreten und zählte neben Politikerinnen wie Katharina König-Preuss, Kerstin Köditz und Juliane Nagel zu den bekanntesten Antifaschistinnen der Linkspartei in Ostdeutschland. Sie ist seit 2011 Mitglied im Landtag von Sachsen-Anhalt. Das Mandat möchte sie behalten.

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