Seit 2021 ist das Dorf Pödelwitz im Leipziger Südraum offiziell gerettet. Da gab die sächsische Regierungskoalition bekannt, dass man sich mit der Mibrag darauf geeinigt habe, dass das Dorf am Rand der Tagebaus Vereinigtes Schleenhain nicht abgebaggert wird. Seitdem scheint es regelrecht in Dornröschenschlaf gefallen zu sein. Aber der Eindruck trügt. Der Verein „Pödelwitz hat Zukunft e. V.“ will jetzt einen Vielseithof kaufen.

„Wir haben uns mit unserem Nachbarn auf eine Summe für den Hofkauf einigen können. Inmitten all unserer bisherigen Bemühungen für die sozial und ökologisch gerechte Wiederbelebung von Pödelwitz, kann der Hofkauf eines Nachbarn eine solide Basis dafür schaffen“, meldet sich der Verein zu Wort. „Es motiviert uns sehr, auf einem großen Hof im Dorf die Ziele und Werte, die uns gemeinsam antreiben, praktisch umsetzen zu können. Der Hof kann ein gutes Beispiel geben, welche Chance in Pödelwitz steckt – als ein Modell für gemeinwohlorientierte, selbstbestimmte, klimagerechte Dorfentwicklung.“

Der gemeinnützige Verein Pödelwitz hat Zukunft e.V will den Hof zwar kaufen, ihn künftig aber an eine vertraute Stiftung übergeben.

„Wir wollen absichern, dass dieses Grundstück langfristig für sozial – ökologische Vorhaben und solidarischem, inklusivem Zusammenleben dient, selbst wenn die jetzt Aktiven einmal nicht mehr Teil davon sind“, begründet der Verein den Schritt.

„Aktuell geht es darum, das Grundstück zu sichern. In den nächsten Schritten wollen wir es weiterentwickeln hin zum Vielseithof – ein inklusives Hofprojekt mit Wohnen, Betrieben und ambulanter Betreuung. Auf dem Vielseithof soll auf der Grundlage des Commoning Wohnraum und Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit und ohne Unterstützungsbedarf entstehen. In Planung sind möglichst inklusive Betriebe wie eine solidarische Landwirtschaft, eine Hofkantine und ein ökologischer Baustoffhandel/ein Bergelager. Damit das alles machbar ist, gehen wir langsame und feste Schritte, bei denen wir immer wieder ein gemeinsames Tragen und Handeln brauchen werden.“

Um jetzt die Kaufsumme von 300.000 zu stemmen, brauche es Spenden bzw. Schenkungen und Nachrangdarlehen (Direktkredite). Ende September hat der Verein dann voraussichtlich den Termin bei der Notarin. Eine Spendenaktion hat der Verein auf betterplace.org gestartet.

Weitere Informationen zum Vielseithof und dem Verein findet man auf der Homepage des Vereins.

Inklusives Hofprojekt „Vielseithof“

Auf dem etwa ein Hektar großen Grundstück mit einer ausgebauten Wohnung, ehemaligen Kuhställen und einer eingefallenen Scheune könnte durch Sanierung und Neubau ein zentrales Element für ein lebendiges und vielfältiges Dorf entstehen: das inklusive Hofprojekt „Vielseithof“.

„Wir sind nur wenige, die in Pödelwitz nach der Umsiedelung verblieben sind, aber haben viele Ideen für die Zukunft des Dorfes“, beschreibt der Verein die Idee. „Die Idee des inklusiven Hofprojektes ist aus dem unmittelbaren Bedarf in der verbliebenen Dorfgemeinschaft entstanden. Wir wollen ein ‚Dorf der kurzen Wege‘, das heißt, viele Bedürfnisse werden direkt vor Ort im Dorf umgesetzt, sodass sich Wohnen, Arbeiten und Freizeit miteinander verbinden und Projekte sich gegenseitig ergänzen.“

Das momentane Projekt umfasst direkt mehrere Ziele, so der Verein: „Ein Pödelwitzer und langjähriger Nachbar hat erhöhten Betreuungsbedarf, dies soll kein Grund sein, weshalb er perspektivisch das Dorf verlassen muss. Außerdem suchen Menschen mit Unterstützungsbedarf – egal ob aufgrund von Alter oder Behinderungen – im Landkreis Leipzig händeringend nach Betreuungsmöglichkeiten und Lebensorten, die eine Unterstützung ermöglichen.

Mit dem geplanten Hofprojekt möchten wir sowohl den Unterstützungsbedarf von Menschen aufgreifen als auch anknüpfende Projekte umsetzen. Wir wollen in Pödelwitz modellhaft leben, wie auf dem Land ein Wohnen mit Unterstützung und eine gleichzeitige Selbstbestimmung und gemeinsames Wirken umgesetzt werden kann.“

Das inklusive Hofprojekt wäre ein zentraler Teil der klimagerechten, selbstbestimmten und gemeinwohlorientierten Dorfentwicklung von Pödelwitz, die sich an Commoning orientiert: Das bezeichnet selbstorganisiertes und bedürfnisorientiertes gemeinsames Produzieren, Verwalten, Pflegen und/oder Nutzen.

Der Vielseithof soll eine generationsübergreifende inklusive Hofgemeinschaft mit ambulant betreutem Wohnen und angegliederten inklusiven Be­trieben werden. Auf dem Hof will der Verein verschiedene Wohnformen ermöglichen. Abhängig von den Bedürfnissen der Bewohner/-innen können das gemischte Wohngemeinschaften, Familienwohnungen oder Einzelwohneinheiten sein. Ergänzend zum Wohnbereich soll es ein Büro für das Assistenzpersonal, Co-Working-Spaces und inklusive Arbeitsbetriebe geben.

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