Zwar hat Sachsen beschlossen, den Flächenfraß nach und nach zu reduzieren. Aber dafür gibt es überhaupt keine wirklich wirksamen Instrumente. Im Gegenteil. Nach wie vor macht jede Gemeinde ihr eigenes Ding. Alle konkurrieren gegen alle und immer wieder werden trotzdem neue Gewerbegebiete auf wertvollen Ackerflächen geplant. So wie in der Gemeinde Wiedemar im Leipziger Norden. Auf einer vier Millionen Quadratmeter großen landwirtschaftlichen Fläche soll ein Industriegebiet entstehen.

So der Plan der Sächsischen Landesregierung. Doch der Preis für dieses Vorhaben wäre hoch: Der qualitativ hochwertige Ackerboden müsste einer versiegelten Betonfläche weichen. Viele Wiedemarer wollten dies nicht hinnehmen und bildeten eine Bürgerinitiative zum Erhalt dieser wertvollen Flächen.

Bürgerentscheid stoppt Bebauungsplan

Am 1. September entschieden sich nun 65,2 % der Wählenden in der Gemeinde Wiedemarin einem Bürgerentscheid gegen den vorliegenden Bebauungsplan. Damit haben sie ein klares Signal gesendet – der Bebauungsplan muss gestoppt werden, und der Gemeinderat muss diese Entscheidung jetzt rechtlich verbindlich umsetzen.

„Es ist Zeit für nachhaltige statt bequeme oder Prestige-Projekte. Es gibt in Mitteldeutschland genug freie Industrieflächen“, kommentiert Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt, Vorsitzender des BUND Sachsen den Bürgerentscheid.

„Den Flächenverbrauch zu reduzieren, ist für das Stoppen von Artensterben und Klimakrise zentral. Auch Ernährungssicherheit und ökologisierte Landwirtschaft brauchen, ebenso wie der Naturschutz, dauerhaft mehr Flächen, um stärker naturangepasst wirtschaften zu können, mit weniger Dünger und Pestiziden.“

Die breit aufgestellte Bürgerinitiative konnte die Bürger/-innen davon überzeugen, dass Gewerbe und Industrien auf ohnehin anthropogen vorbelastete Flächen gehören, nicht jedoch auf Flächen, die für die Ernährung, den Wasserhaushalt und das Klima allergrößte Bedeutung haben.

„Wir, die Mitglieder vom BUND Delitzscher Land, freuen uns über das Ergebnis des Bürgerentscheides. Wir haben die Bürgerinitiative während der ganzen Kampagne mit Rat und vor allem mit Tat begleitet“, erzählt Martina Demitrieff, Vorsitzende der BUND Ortsgruppe Delitzscher Land. „Dies ist ein großartiger Erfolg gegen den Flächenfraß! Wir erwarten nunmehr vom Gemeinderat Wiedemar und dem Bürgermeister, dass sie das eindeutige Ergebnis des Bürgerentscheides respektieren und das Bauleitplanverfahren an dieser Stelle gestoppt wird.“

Hohe Qualität des Bodens

Das wertvolle Ackerland bei der Gemeinde Wiedemar weist besonders hohe Bodenwertzahlen von weit über 80 auf. Vereinzelt wird die Bodenwertzahl 100 erreicht. Eine solche Bodenqualität ist sehr selten und sichert den Landwirten in der Region hohe Erträge.

„Statt die lokale Nahrungsmittelproduktion zu zerstören, sollten wir sie fördern, um endlich eine nachhaltige Lebensmittelversorgung mit kurzen Wegen und ohne ausufernde Transporte zu ermöglichen“, sagt Demitrieff. „Unter anderem im Hinblick auf die im Juli 2023 verabschiedete EU-Wiederherstellungsverordnung (Nature Restoration Law) ist die Fläche als Zukunftsfläche besonders wertvoll und muss dringend erhalten bleiben.“

Informationen des BUND zu dem geplanten Vorhaben findet man hier.

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Mal was positives. Es sind genügende Altbau- Gewerbegebiete in Sachsen vorhanden. Die Fabrik-Ruinen sanieren oder wegreißen um neues Gewerbe anzusiedeln. Hauptsache die Landesregierung akzeptiert das Votum der Bürger und Betroffenen. In Anhalt gibt es ähnliche Pläne zur Erschließung von landwirtschaftlichen Flächen für Gewewrbe von um die 100 ha. Auch dort sollten die Bürger gefragt werden.

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