Die falsch gewichtete Finanzierung des Freistaats Sachsen hat längst Folgen bis in die Kommunen hinein. Seit Jahren hält der Freistaat Sachsen seine Kommunen finanziell an der kurzen Leine – und zwar so kurz, dass immer mehr Kommunen keine genehmigungsfähigen Haushalte mehr verabschieden können. Oder ihre Reserven angreifen müssen, wie das die Stadt Grimma jetzt macht, die vor der Sommerpause zumindest noch ihren Finanzhaushalt für 2024 verabschieden konnte.

Der eigentlich ein fettes Minus enthält, das nur aus Rücklagen aufzufangen ist. In der letzten Stadtratssitzung der aktuellen Legislaturperiode wurde – sichtlich mit gewaltiger Verspätung – der Haushaltsplan der Stadt Grimma für das Jahr 2024 mit dem dazugehörigen Finanzhaushalt beschlossen.

Und Oberbürgermeister Matthias Berger fand dazu sehr mahnende Worte: „Auch wenn damit rein formell eine Hürde genommen wurde, sollte die Beschlussfassung nicht darüber hinwegtäuschen, dass die gesamte kommunale Ebene, Landkreise, Städte und Gemeinden, in der derzeitigen Situation völlig unterfinanziert sind.“

Leider werde sowohl von der Bundes- als auch Landesebene nach wie vor der Eindruck vermittelt, dass Geld im Überfluss zur Verfügung stünde.

„Dem ist jedoch nicht so“, sagte Berger. „Daran werden, wie auf Bundesebene schon mehrfach praktiziert, auch geradezu skurrile Worthülsen wie ‚Sondervermögen‘ und ‚Doppelwumms‘, welche letztendlich nichts anderes als verschleierte Schulden zu Lasten der zukünftigen Generationen sind, nichts ändern. Statt beherzt die längst notwendigen Strukturreformen anzugehen, wuchert die Bürokratie mit den dazugehörigen, sich zunehmend aufblähenden Verwaltungen weiter. An der untersten, der kommunalen Ebene, also bei uns, kommt immer weniger Geld an.“

Was sich 2024 noch finanzieren lässt

Trotz der immer schlechter werdenden Rahmenbedingungen sei es nun doch gelungen, einige Dinge im Grimmaer Haushaltsplan zu verorten, die dringend finanziert werden müssen.

„Die Fertigstellung des Neubaus der Feuerwehr Kössern oder auch die zu beginnende, als Ersatz für die Muldentalhalle gedachte Mehrzweckhalle sind dabei herausragende Maßnahmen“, so Berger. „Auch die Umgestaltung des Bahnhofvorplatzes ist weiterhin im Haushaltsplan verankert, auch wenn eigentumsrechtliche Fragen die Realisierung immer wieder behindern.

Des Weiteren sind Investitionen in die Ausstattung des Bauhofes, der Feuerwehren, der Schulen und der Kitas geplant. Weitere Fortschritte gibt es in der Umsetzung des Mulde-Elbe-Radweges, der Sanierung der Oberschule Grimma, der Gestaltung des Muldeufers, der Cannewitzer Straße, des Infopoints Göttwitz etc.

Leider haben andere Großprojekte wie der Schulcampus Mutzschen oder die Rekonstruktion der Turnhalle Nerchau aufgrund der Vielzahl von abgelehnten Fördermittelanträgen noch keine finanzielle Untersetzung. Hier liegt es an uns, den Druck weiter zu erhöhen.“

Wie Grimma sich finanziert

Im Ergebnisplan 2024 der Stadt Grimma sind Aufwendungen von rund 71 Millionen Euro vorgesehen. Dem gegenüber stehen Erträge von 64,5 Millionen Euro, sodass sich eine deutliche finanzielle Lücke auftut, die Grimma noch aus Rücklagen kompensieren kann. 26,9 Millionen Euro sind für Investitionen bereits zweckgebunden, können also auch nicht einfach storniert werden.

Und dabei hat auch Grimma – genauso wie Leipzig – die letzten 20 Jahre genutzt, um seine Kreditverbindlichkeiten deutlich abzubauen. Die Pro-Kopf-Verschuldung liegt aktuell bei 213 Euro. 2002 lag sie noch bei 903 Euro.

Und woher kommt das Geld? Mit der Grundsteuer nimmt Grimma 3,1 Millionen Euro ein, mit der Gewerbesteuer 11,5 Millionen Euro. Der Gemeindeanteil an der Einkommens- und Grundsteuer beläuft sich auf 12 Millionen Euro und an Schlüsselzuweisungen und Umlagen rechnet die Stadt an der Mulde mit 17,3 Millionen Euro.

Bezahlt werden muss natürlich auch das städtische Personal. Dafür sind 23 Millionen Euro eingeplant, für Sach- und Dienstleistungen 13,2 Millionen Euro und für Transferaufwendungen, darunter die Kreisumlage, 23 Millionen Euro. Lediglich der Schuldendienst ist mit 51.000 Euro recht überschaubar.

Aber der mühsam errungene Haushalt macht auch deutlich, dass auch für Grimma die Investitionsspielräume in den nächsten Jahren noch enger werden, wenn sich an den Finanzbeziehungen zum Freistaat nichts ändert.

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Der Großteil der Reduzierung der Kreditverbindlichkeiten geht auf die Zuschüsse im Rahmen der Gemeindefusionen 2011 und 2012 zurück. Grimma hat – wie andere Kommunen zuvor auch – mit der Bildung der Großgemeinde Geld vom Freistaat erhalten, das für den Schuldenabbau genutzt werden sollte. Grimmas Bevölkerungszahl ist wegen der beiden Fusionen zwischen 2010 und 2012 spontan um 1/3 gestiegen.

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