Auch Taucha hat einen Bürgerhaushalt, zu dem die Bürger nicht nur Vorschläge einreichen dürfen. Sie dürfen auch über die fünf besten Vorschläge abstimmen, welche davon mit den Mitteln der Stadt umgesetzt werden sollen. Sechs Stück stehen in diesem August zur Wahl und die Wahl wir schwer. Will man lieber mehr Fahrrad-Service-Stationen, die Sanierung der „Schwarzen Madonna“ auf dem Schlosshof oder doch endlich wieder eine schöne Postmeilensäule?

Für dieses Projekt macht sich auch der Förderverein Schloß Taucha e. V. stark, denn damit würde Taucha wieder ein Stück stolzer Geschichte im Stadtbild zeigen können.

Vor vielen Jahren begann Jürgen Ullrich mit der Recherche zur Tauchaer Postmeilensäule, eigentlich der Ganzmeilensäule – wie es historisch korrekt heißt. Die Tauchaer Ganzmeilensäule war 1723 die Nummer 4 an der Poststraße Leipzig-Eilenburg-Torgau. Sie stand am Postkurs Leipzig-Breslau im Zuge der Via Regia. Eine halbe Postmeile, rund 4,5 Kilometer, bedeutete eine Wegstunde.

Nach vielen Jahren der historischen Aufarbeitung, der Zusammenführung von Ämtern, Behörden sowie Arbeitskreisen und viel Klinkenputzen, wie es auch Jürgen Ullrich nennt, kann am 24. August diese Postmeilensäule in ihrer neuen Pracht wieder eingeweiht werden. Sie wird damit ein neuer Glanzpunkt im Herzen Tauchas, ist er sich sicher.

Doch dazu ist es noch einmal erforderlich, dass die Tauchaer Bürgerschaft Unterstützung gibt. Denn noch fehlt ein finanzieller Zuschuss. Im aktuellen Stadtanzeiger sind die Projekte des diesjährigen Bürgerhaushalts beschrieben.

Zwei Stunden bis Leipzig

Dabei war die Lokalisierung dieser Postmeilensäule sogar schon ein Glücksumstand, denn der Sockel der Postmeilensäule wurde 1987 bei Abbrucharbeiten nahe ihrem ursprünglichen Standort gefunden. Taucha hatte sogar mal zwei Postmeilensäulen, die 1723 auf ein Edikt des sächsischen Königs Friedrich August I. von 1721 in ganz Sachsen aufgestellt wurden. Die andere stand wohl auf dem Markt.

Schon 2017 sollte die komplett in Rochlitzer Porphyr rekonstruierte Säule im Rahme des Tauchaer Stadtfestes aufgestellt werden. Doch das klappte nicht. Dabei ist auch das neue Schmuckstück so schön wie das Vorbild, denn wie die sächsischen Postmeilen beschriftet und gestaltet waren, ist bekannt. Darum kümmert sich zum Beispiel die Forschungsgruppe Sächsische Postmeilensäulen.

Und da das System von Platzierung und Beschriftung bekannt ist, ist auch klar, was auf der Postmeilensäule stehen muss: Auf der Leipziger Seite zum Beispiel steht „Torgau 9 St. 1/2“ und „Eulenburg 3 St. 1/4“. Schneller waren die damaligen Postkutschen nicht – und trotzdem galten sie als schnell. Wer wiederum in Richtung Leipzig an die Säule kam, las: „Leipzig 2 St.“.

Da schimpfe noch einer über die Deutsche Bahn. Durch den Fortschritt der Technik haben wir uns an Geschwindigkeiten gewöhnt, die die Zeitgenossen August des Starken geradezu schwindlig gemacht hätten. Aber wir haben uns auch eine Ungeduld angewöhnt, die für die damaligen Reisenden mit der Postkutsche völlig unverständlich gewesen wäre.

Am neuen Aufstellungsplatz der Säule an der B87, die im Verlauf der Leipziger Straße durch Taucha führt, begegnen sich damit zwei Welten – die beschleunigte Welt des 21. Jahrhunderts rauscht vorbei oder steht bei Rot an der Kreuzung mit der Graßdorfer Straße. Und wer die Welt des 18. Jahrhunderts von Nahem betrachten will, findet die Postmeilensäule dann in der Grünanlage.

Aber vorher braucht es noch einen wichtigen finanziellen Zuschuss.

Und so wirbt der Förderverein Schloß Taucha e. V. um möglichst viele Stimmen der Tauchaer für den Vorschlag im Bürgerhaushalt bis zum 14. August. Wer technikaffin ist, kann die Abstimmung über den seit dem 1. August freigeschalteten Link zur Umfrage machen.

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