Am heutigen 31. Juli will der Logistikanbieter DHL den neuen Vertrag vorstellen, den das Unternehmen mit der Mitteldeutschen Flughafen AG abgeschlossen hat. Selbst Ministerpräsident Michael Kretschmer will den Termin wahrnehmen, um ein Statement zur Vertragsverlängerung bis ins Jahr 2053 abzugeben. Doch ob die ausgehandelten Konditionen die Kosten aus Sicht des Flughafens Leipzig/Halle decken, das bezweifeln einige Kritiker.

Durchgesickert ist vorher schon, dass sich die finanziellen Zahlungen von DHL um 20 Prozent erhöhen sollen. Aber dass dies tatsächlich ein kostendeckendes Verhandlungsergebnis ist, glaubt Bert Sander, Stadtrat und flughafenpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, eher nicht.

Ein paar Zahlenbrocken

„Der Flughafen und DHL verkünden die Vertragsverlängerung für DHL bis 2053. Aber was bedeutet das? Wir kommunalen Mandatsträger kennen weder den alten noch den neuen Vertrag. Die Öffentlichkeit wird – wie bereits in der Vergangenheit – mit ein paar Zahlenbrocken abgespeist“, kritisiert Sander.

„Es ist zu befürchten, dass DHL die prekäre wirtschaftliche Situation des defizitären, verlustreichen Flughafens auszunutzen weiß! Es ist also zu befürchten, dass das Wirtschaftsunternehmen DHL den Flughafeneignern (Sachsen und Sachsen/Anhalt, Stadt Leipzig) die Vertragskonditionen diktiert. Die am Vertragswerk Beteiligten geben sich jedenfalls keine Mühe, diese Bedenken zu zerstreuen, sondern lassen die Öffentlichkeit im Ungewissen bzw. dumm sterben.“

Im Leipziger Stadtrat fordere seine Fraktion ein Ende der Politik des Mauerns und Aussitzens.

„Dass bislang in all den Diskussionen um die Vertragsverlängerung von tatsächlich wirksamem Fluglärmschutz bzw. wirksamer Fluglärmreduzierung keine Rede ist – nirgends, lässt allerdings tief blicken“, sagt Sander. „Es scheint daher bereits ausgemachte Sache, dass beispielsweise der nächtliche Frachtflugverkehr – unter dem Label ‚Wirtschaftswachstum‘ – in Zukunft ganz ungehemmt forciert werden darf.“

Womit das Thema der geplanten Flughafenerweiterung auf dem Tisch liegt, die die Frachtflugkapazität des Flughafens Leipzig/Halle noch einmal um 50 Prozent steigern soll. Aber bezahlen würde auch dieses Projekt mit Kosten deutlich über 500 Millionen Euro wieder die öffentliche Hand.

Und völlig unklar ist, ob der neue Vertrag mit dem Hauptnutzer des Flughafens, DHL, tatsächlich ausreicht, um das jährliche Millionenminus der Flughafengesellschaft auszugleichen.

Linke fordert Rechenschaft

Weshalb die Linksfraktion im Sächsischen Landtag für den 7. August eine Sondersitzung des Finanz- und des Wirtschaftsausschusses des Landtags beantragt hat. Die Linksfraktion fordert in ihrem Antrag zur Sitzung (Drucksache 7/16923) Rechenschaft von der Staatsregierung: Sie soll die Vereinbarungen zu den Start- und Landegebühren, Lärmzuschlägen, umweltbezogenen Entgelten und weiteren Gebühren offenlegen. Weitere Themen sollen etwa die Personalstruktur der MDF AG, der geplante Flughafen-Ausbau und die Fluglärmbelastung sein.

„Kretschmer will einen Vertrag unterzeichnen, der für den Milliardenkonzern DHL ein Schnäppchen und für die staatliche Flughafengesellschaft nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist“, sagt der mobilitätspolitische Sprecher und Leipziger Abgeordnete der Linksfraktion, Marco Böhme.

„Diese Einigung bringt die staatliche Flughafen-AG nicht aus den dunkelroten Zahlen: Sie schreibt seit vielen Jahren zweistellige Millionenverluste, 2022 verlor sie mehr als 22 Millionen Euro (Drucksache 7/13711) – und das ohne Ausbaukosten. Es ist absehbar, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler weiterhin zahlen müssen, damit DHL in Leipzig Profite machen kann. Eine Steigerung um 20 Prozent klingt zunächst gut. Aber wenn man bedenkt, wie billig der Flughafen Leipzig/Halle bisher schon für die Logistikkonzerne gewesen ist, ist das ein schlechtes Geschäft für die Allgemeinheit.“

Die Staatsregierung müsse dazu im Wirtschafts- sowie im Finanzausschuss Rede und Antwort stehen.

„Unterm Strich ist die Vereinbarung zwischen DHL und Mitteldeutscher Flughafen AG, wenn überhaupt, nur eine Anpassung an die Inflation und bringt den Flughafen nicht aus dem Defizit heraus“, vermutet Böhme. „Es ist überfällig, die Nachtlandeentgelte nach Lärmemissionen zu staffeln. Das wäre auch bei den Tagflügen notwendig. Nicht nur müssen laute Maschinen an sich deutlich teurer werden, sondern auch das Fliegen in der Nacht generell. Sonst wird DHL die Flugbewegungen nicht grundsätzlich ändern und der Nachtlärm kaum abnehmen.“

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