Die sächsische Staatsregierung will – einem Zeitungsbericht zufolge – die Mitteldeutsche Flughafen AG, zu welcher der defizitäre Flughafen Leipzig/Halle gehört, mit einer Finanzspritze von sage und schreibe 145 Millionen Euro unter die Arme greifen. Und das, ohne dass auch nur ein Plan vorliegt, wie die Flughafengesellschaft aus ihren Roten Zahlen herauskommen will. Der beste Weg, noch mehr Steuergeld in ein falsch gemanagtes Unternehmen zu stecken. Marco Böhme jedenfalls ist entsetzt.

„Die finanziellen Schwierigkeiten der Mitteldeutschen Flughafen AG sind schon lange bekannt“, kommentiert der mobilitätspolitische Sprecher der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, Marco Böhme, die kürzlich durch einen Artikel in der LVZ bekannt gewordenen Absichten des Freistaats, die Mitteldeutsche Flughafen AG mit 145 Millionen Euro zu unterstützen.

Eine Anfrage (Drs 7/13711) von Marco Böhme hatte ergeben, dass der Leipziger Flughafen seit dem Jahr 2000 einen Verlust von 900 Millionen Euro „erwirtschaftet“ hat.

Und woran das zum Teil liegen könnte, das dröselte dann ein Zeitungsartikel in der „Sächsischen Zeitung“ auf, der zeigte, wie unvorsichtig in der Mitteldeutschen Flughafen AG mit Geld umgegangen wurde.

Böhme: Preisniveau ist das Problem

„Von den Mitarbeiter/-innen kamen die Klagen zu Michael Kretschmer über ‚teure und oft unnötige Einstellungen‘, ‚Beraterinnen und deren Entourage ohne vernünftige Auswahl‘, ‚nutzlose Kampagnen und Beratungen‘, ‚zu hohe Kredite zu fragwürdigen Konditionen‘“, zählt Böhme auf.

„Diesen Hinweisen wurde nicht nachgegangen. Die Gebühren am Leipziger Flughafen sind auch nach den ‚Reformen‘ immer noch auf Ramschniveau. In dieser Situation sagt das Finanzministerium, das vor kurzem erst eine kalte Haushaltssperre verhängt hat, eine Multi-Millionen-Notspritze für die Mitteldeutsche Flughafen AG zu.“

„Es gibt eine einfache Möglichkeit, die Lage zu entspannen“, meint Böhme. „Der Flughafen Leipzig muss von den Frachtunternehmen endlich ordentliche Preise verlangen! Bisher fliegen die Frachtmaschinen für deutlich geringere Entgelte als beispielsweise am vergleichbaren Nachtflughafen Köln/Bonn, den UPS nutzt. Die Millionenverluste werden zulasten der Beschäftigten, der ansässigen Bevölkerung und der Umwelt eingefahren. Das muss aufhören!“

Scharfe Kritik an CDU und Koalitionspartnern

Doch offenbar sei niemand in der Landesregierung bereit, „das Geld für den Flughafen bei denjenigen zu holen, die eh zu viel davon haben: den großen Logistikdienstleistern sowie den überbezahlten Vorständen und externen Berater/-innen. Das ist ein Skandal!“, findet Böhme. Und erinnert daran, dass die CDU-geführte Regierung dafür bei sozialen Projekten lieber den Rotstift ansetzt.

„Die sozialen Projekte, welche in der aktuellen Haushaltssituation nicht wissen, ob sie nächstes Jahr noch finanziert werden, sind genauso wichtig wie der Erhalt des Flughafens. Sie haben die gleiche Unterstützung verdient. In dieser Situation Geld an einen Flughafen zu verschenken, der schlecht und ineffizient geführt wird, aber gleichzeitig wichtigen sozialen Projekten die Unterstützung zu versagen, gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Leider ist genau das die Politik der CDU und ihrer Koalitionspartner der letzten 30 Jahre.“

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Es gibt 3 Kommentare

Ich fürchte, lieber User “Christian”, daß Kapitalismus heute eben halt so funktioniert: Riesenkonzerne aller Art, etwa aus dem Luftfahrt-Gewerbe, können sich ein Geschäftsgebahren leisten, bei dem in beträchtlicher Weise die Allgemeinheit in Mithaftung genommen wird. Oder andersherum: die Politik darf die breite Allgemeinheit knapphalten, damit genug Geld für die genannte Mithaftung übrigbleibt. Glauben Sie, lieber User “Christian”, daß Sie, wenn Sie an der Spitze von, sagen wir, Porsche Leipzig stünden und den “Flugplatz Schkeuditz” als nicht unmaßgeblichen Standortfaktor bräuchten, gegen dessen Päppelung durch öffentliches Geld aus dem Freistaat plädieren würden? Und dummerweise ist eine solche Autofabrik ein Prosperitätsfaktor für Leipzig und darüber hinaus. Großunternehmungen zeichnen sich durch Einfluß und Macht aus. So kommt es, daß es als gut für die Gesellschaft angesehen wird, wenn es den Großunternehmen gutgeht. Wie es dem inhabergeführten Buchhandel, um ein Beispiel vom gegensätzlichen Ende der Skala zu bringen, geht, interessiert fast niemanden. Haben “wir” doch Amazon. So nimmt es nicht wunder, daß wir den Airport stützen, dessen Mehrfachbedeutung sich zudem ja auch auf militärisches Gebiet erstreckt, mal abgesehen vom Zubringer-, Ferien- und Postflugverkehr.

In Basel, übrigens, partizipiert die ganze Stadt auf beiden Seiten des Rheinknies, im Großbasel mehr als im Kleinbasel, am Fluglärm. Dort vernahm ich in den letzten mehr als 20 Jahren nie eine Klage von Einwohnern. Allerdings gibt es ein Nachtflugverbot ab 22Uhr, was in Praxi aber oft bis Mitternacht verletzt wird. Hier in Leipzig-Halle gibt es sozusagen Drehkreuzschmerzen, puh.

Wie kann es gut für die Gesellschaft sein, dass jahrzehntelang mit Dumpingpreisen hunderte Millionen Defizit eingefahren werden, und regelmäßig gleicht das die Landespolitik mit Steuergeld aus??

Das passiert zudem unter systematischem Umschiffen von Lärmschutzpflichten und unter Missachtung des PFB, bei dem die Betroffenen keine rechtliche Möglichkeit haben, diesen einzufordern??

In Zeiten des Klimawandels, wo sich der OBM von Leipzig freut, dass es bald wieder Kurzstreckenflüge nach München geben wird??

Das ist doch alles völlig krank und hat nichts mit verhältnismäßiger Daseinsfürsorge zu tun.
Hier werden vor allem den Unternehmen die Taschen gefüllt.
Mit Steuergeld. Und auf Kosten der Gesundheit aller Drumherum.

“am vergleichbaren Nachtflughafen Köln/Bonn”
Würde mich interessieren was Hr. Böhme da für vergleichbar hält.

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