Die Nitratbelastung im Brunnenwasser sinkt trotz vielen Auflagen zur Düngemenge und Düngezeitpunkt nicht so wie gehofft. Das stellte der VSR-Gewässerschutz bei der Auswertung der am 23. April in Schkeuditz abgegebenen zehn Brunnenwasserproben fest. Die gemeinnützige Organisation fordert noch mehr Unterstützung für das Anlegen von Baumstreifen auf den Feldern. Diese Agroforstsysteme führen nachweislich zu einer erheblichen Senkung der Nitratbelastung, ohne den Ertrag auf dem Acker zu verringern.
Harald Gülzow und der Ehrenamtler Heinz-Theo van Wickeren beantworteten am 23. April am Informationsstand viele Fragen von besorgten Brunnenbesitzern zu der Nitratbelastung und der Verwendung des Wassers. Mache Bürger erkundigten sich, ob Bekannte oder Nachbarn auch noch Wasserproben untersuchen lassen können.
„Auf der Homepage vsr-gewaesserschutz.de erfährt jeder, der den Termin verpasst hat, wie man noch eine Wasserprobe mit der Post zusenden kann“, erklärt Harald Gülzow. Alle bis Ende Oktober zugeschickten Proben unterstützen die Messkampagne des Vereins und fließen in die Jahresauswertung für den Kreis Nordsachsen ein.
Die Brunnenwasserergebnisse vom diesjährigen Termin in Schkeuditz hat der Physiker Harald Gülzow bereits ausgewertet. In jeder vierten Probe aus den privat genutzten Brunnen stellte er eine Überschreitung von 50 Milligramm pro Liter (mg/l) Nitrat fest.
Besonders erschreckend fand der Gewässerexperte die festgestellte Belastung in den Gartenbrunnen in Radefeld mit 146 Milligramm Nitrat pro Liter (mg/l), in Wiedemar mit 128 mg/l und in Freiroda mit 114 mg/l. Er betont, dass die Nitratrichtlinie dazu verpflichtet, eine Überschreitung des Nitratgrenzwertes von 50 Milligramm pro Liter im Grundwasser zu verhindern.
„Im letzten Moment konnte gerade noch das Vertragsverletzungsverfahren mit hohen Strafzahlungen wegen der Nichteinhaltung der Richtlinie letztes Jahr abgewendet“, Gülzow.
Das Problem: fehlende Bäume
Im Kreis Nordsachsen bestehen die landwirtschaftlichen Flächen zu 89 Prozent aus Ackerflächen. Es dominieren Felder ohne Bäume. Diese verschwanden im Zuge der Intensivierung der Landwirtschaft. Das leichtlösliche Nitrat im Dünger wird durch Regenfälle schnell in tiefere Bodenschichten verlagert. Dort können die Feldfrüchte die Nährstoffe nicht mehr zum Wachstum verwenden. Im Gegensatz dazu können Bäume mit ihren tiefen Wurzeln das in die Tiefe transportierte Nitrat für sich nutzen.
„Bäume auf den Feldern helfen, das Nitrat wieder an die Oberfläche zu befördern und so in der Zukunft die Nitratbelastung im Brunnenwasser zu verringern“, berichtet Harald Gülzow.
Dieses moderne Agroforstsystem, eine Kombination von Forst- und Landwirtschaft, wurde an die Technik und die Produktionsweise der heutigen Landwirtschaft angepasst. Auf dem Feld stehen Baumstreifen aus schnell wachsenden Bäumen wie Pappeln, Weiden oder Erlen, die alle vier bis sechs Jahre geerntet und als Hackschnitzel zur Energiegewinnung verkauft werden.
Der Abstand zwischen den Baumreihen bietet genügend Platz für Trecker, Grubber und Erntemaschinen zur Bearbeitung von Getreide, Zuckerrüben, Mais und Raps. Die Angst, dass die Bäume zu Ernteeinbußen führen, hat sich nicht bestätigt.
„Während an den Baumstreifen tatsächlich weniger Ertrag ist, beobachtet man ab einer gewissen Distanz zu den Bäumen in den meisten Fällen eine höhere Produktion als bei einem Vergleichsacker ohne Baumstreifen. Bei trockenen und heißen Sommer kommt es auch ohne Bewässerung zu weniger Ernteausfällen, da die Bäume vor Verdunstung schützen“, erläutert Harald Gülzow.
Für Baumstreifen gibt es Fördermittel
Seit Anfang 2023 haben Landwirte in ganz Deutschland die Möglichkeit, Fördermittel für die Bewirtschaftung von Baumstreifen auf ihren Feldern zu beantragen. Sachsen zählt zu den Bundesländern, in denen auch die Neuanlage von Agroforstflächen gefördert wird. Trotz dieser positiven politischen Entwicklung herrscht unter den Landwirten noch viel Unsicherheit und Skepsis, Baumstreifen auf ihren Feldern anzulegen, stellt Gülzow fest. Um das zu ändern, brauche es eine gute Vernetzung innerhalb der Landwirtschaft.
Der sächsische Bauernverband habe ja Anfang des Jahres mit seinen Demonstrationen gezeigt, dass er in der Lage ist, viele Landwirte zu mobilisieren. Aber eben nur auf derStraße, obwohl es auf den Feldern viel notwendiger ist.
„Es ist nun dringend erforderlich, diese bestehenden Kontakte zu nutzen, um über die Vorteile von Agroforst aufzuklären und potenzielle Bedenken zu zerstreuen“, unterstreicht Harald Gülzow sein Anliegen. Durch gezielte Informationskampagnen und die Präsentation erfolgreicher Beispiele könne der Bauernverband dazu beitragen, eine breite Akzeptanz für Agroforstsysteme zu schaffen.
Dies sei nicht nur ein wichtiger Schritt zur Reduzierung der Nitratbelastung im Grundwasser, sondern auch ein Beitrag zur Förderung einer umweltfreundlichen und nachhaltigen Landwirtschaft.
Der VSR-Gewässerschutz
Das gelbe Labormobil des VSR Gewässerschutz ist von April bis September unterwegs, um Brunnenwasserproben zu untersuchen und Bürger am Informationsstand zu informieren. Im Winter werden dann Flüsse und Bäche beprobt, um festzustellen, inwieweit die Nitrate im Grundwasser zur Belastung in den Flüssen und Bächen führt. Für viele Bäche stellt das Zusickern des nitratbelasteten Grundwassers eine Hauptursache für die starke Nitratbelastung dar.
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