Ist diese Petition nun gescheitert? Oder zeigt der Umgang des Petitionsausschusses des Sächsischen Landtages mit der Sammelpetition gegen den weiteren Ausbau des Frachtflughafens Leipzig/Halle nur, wie die demokratisch legitimierten Institutionen sich selbst entmachten, wenn es um ein Unternehmen wie den Flughafen geht? Die Beschlussempfehlung, die der Petitionsausschuss am 7. Dezember veröffentlichte, liest sich wie eine untertänige Bitte an die Regierung, das Anliegen der Petition ernst zu nehmen.

Im Juni 2021 übergab die Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“ ihre Petition zum Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle an den Landtagspräsidenten Matthias Rößler (CDU). 2022 gab es im Landtag die Anhörung zur Petition. Doch erst jetzt, über zwei Jahre später, hat sich der Petitionsausschuss des Landtages ein Urteil gebildet und am 7. November eine Beschlussempfehlung für den Landtag veröffentlicht.

Ärger im Norden

Man bekomme den Eindruck, dass die Anrainer des Flughafens von der Politik im Stich gelassen werden, erklärte am 5. Dezember Bert Sander, Stadtrat und flughafenpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Leipziger Stadtrat. Da war die Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses noch nicht einmal öffentlich. Nur ein Medienbericht machte die Runde und sorgte auch für ein etwas schiefes Bild von der Entscheidung.

Auch wenn die Entscheidung tatsächlich für gewaltige Frustration im Leipziger Norden sorgt.

„Dabei geht es hier nicht um eine einfache Erweiterung des Flughafenverkehrs, sondern um eine Ausweitung des bereits heute hoch belastenden und besonders gesundheitsgefährdenden nächtlichen Frachtflugverkehrs“, stellte Bert Sander fest.

„Mit der vagen Ankündigung eines lärmmedizinischen Gutachtens oder der Änderung der Zusammensetzung der Fluglärmkommission, ohne aber die grundsätzlichen Ausbaupläne infrage zu stellen, wirft die Landesregierung den Bürgerinnen und Bürgern lediglich ein paar Brotkrumen zu. Denn die angekündigten Maßnahmen sind alles andere als substanziell. Sie führen zu keinerlei Erleichterungen bezüglich des nächtlichen Flugaufkommens und der damit einhergehenden Emissionen, sondern sind bloße Kosmetik.

Der Umgang mit der Petition ist deutlich geprägt von der unerbittlichen Starrsinnigkeit der CDU-geführten Regierung und zeigt einmal mehr, dass innerhalb der Koalition die kritischen Stimmen der kleinen Partner ohne Chance auf Gehör sind.“

Über 10.000 Menschen hatten die Petition unterschrieben.

Erst vor drei Wochen hat sich die Ratsversammlung auf Antrag der Grünen-Fraktion hin mit der Auflösung des Dialogforums zum Leipziger Flughafen befasst und sich nur mit denkbar knapper Mehrheit dagegen entschieden.

Bert Sander: „Die knappe Entscheidung zeigt deutlich: Der Wind dreht sich. Die seit Jahren massiv lärmbelasteten Menschen rund um den Flughafen wollen endlich ernst genommen werden. Dazu gehört aber, dass man Entscheidungen nicht weiter gegen ihren ausdrücklichen Willen durchsetzt, sondern die Bedenken hört und in künftige Abwägungsprozesse einfließen lässt.

Ansonsten werden Gerichte darüber entscheiden. Hierzu bereitet meine Fraktion die Abstimmung unseres Antrages zur Gründung einer Lärmschutzgemeinschaft, die sich aus den Umlandgemeinden des Flughafens Leipzig/Halle zusammensetzt, vor.“

Was empfiehlt der Petitionsausschuss tatsächlich?

Mit sechs Seiten Begründung hat der Petitionsausschuss zu dieser Petition wohl die längste und ausführlichste Begründung vorgelegt, die es in den letzten Jahren zu Petitionen an den sächsischen Landtag gab. Und die Ausführung bestätigt im Grunde, dass man die Argumentation der Petenten sehr ernst genommen hat und ihr Anliegen ernst nimmt.

„Der Petitionsausschuss würdigt vor dem Hintergrund des nachvollziehbaren Engagements der Betroffenen die tiefgründig erarbeitete Statistik zur Gesamtperspektive. Die Argumentationen und nicht zuletzt die ausführliche Anhörung im Sächsischen Landtag brachten wertvolle Erkenntnisse, die in die laufenden exekutiven Verfahren einfließen sollten und an die Sächsische Staatsregierung zu übermitteln sind“, würdigt er das Anliegen.

Aber er kneift dann am Ende eben doch: „Aus Sicht des Sächsischen Landtages kann der Petition nicht abgeholfen werden. Sie wird der Sächsischen Staatsregierung als Material überwiesen.“

Einzige direkte Empfehlung zur Umsetzung: „Der Petitionsausschuss regt ungeachtet der Verfahrensherrschaft der Staatsregierung an, bereits jetzt zu prüfen, ob angesichts des bisherigen Zeitablaufs, der veränderten Sachlage und der Betroffenheit in der Region eine Änderung in der Zusammensetzung der Fluglärmkommission angedacht werden sollte und ob ein erneutes lärmmedizinisches Gutachten den Konflikt weiter auf eine faktenbasierte Entscheidungsgrundlage zurückführen könnte.“

Das kann man als Kompromissformulierung für einen Ausschuss betrachten, in dem eine knappe Mehrheit den Ausbau nicht in Frage stellen will.

Wer hat die Herrschaft im Verfahren?

Man kann es aber auch als Eingeständnis dafür lesen, dass der Petitionsausschuss kein Rückgrat hat und die Petition – nach einer sehr intensiven Beschäftigung – einfach nur deshalb ablehnt, weil die Staatsregierung die „Verfahrensherrschaft“ hat. Als schriebe man in Sachsen noch das beschauliche Jahr 1823. Man will den König nicht mit einem „Stopp!“ verärgern.

Und dennoch gibt man den Petenten im ihrem Kernanliegen recht, auch wenn man den Mut, die Ausblaupläne zu stoppen, nicht aufbringen konnte.

Mit einem Abschluss des Genehmigungsverfahrens ist nach Angaben des SMWA vom 23. März 2023 zumindest zeitnah nicht zu rechnen.

Dabei hat das Verfahren derzeit überhaupt keine belastbare Zahlengrundlage. Auch das stellt der Petitionsausschuss abschließend fest: „Die Flughafen Leipzig-Halle GmbH lässt derzeit in Abstimmung mit der Deutschen Flugsicherung GmbH durch Sachverständige untersuchen, welche Auswirkungen die durch das Bundesamt für Flugsicherung festgelegten Änderungen einzelner Abflugverfahren mit Wirkung zum 26. Januar 2023 haben werden.

Als Bestandteil der Planänderung vom Mai 2023 und der neuen Auslegung sei zu klären, ob und inwieweit die im laufenden Planfeststellungsverfahren vorgelegten Prognosen zu aktualisieren seien. Zudem ist die Phase der Aus- und Bewertung des im gesamten Verfahren, einschließlich der zur Online-Konsultation bis zum 20.05.2022, eingegangenen etwa 6.560 Einwendungen von Betroffenen, Umweltvereinigungen, Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange nicht abgeschlossen.“

Die Stellungnahme des Petitionsausschusses zur Petition der Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“ zum Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle findet man in der am 7. Dezember veröffentlichten Fassung gleich an zweiter Stelle.

Die Veröffentlichung der Petitionsausschusses vom 7. Dezember 2023

In seiner Sitzung am 13./14. Dezember muss der Landtag abschließend über die Empfehlung des Petitionsausschusses befinden.

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