Das war dann wohl der kleine Tropfen zu viel, der das Fass zum Überlaufen brachte, als die „Bild“-Zeitung am 27. September meldete, der CEO (Chief Executive Officer) der Mitteldeutschen Flughafen AG, Götz Ahmelmann, der vom Aufsichtsrat der Flughafen AG in der Sitzung vom 28. November 2022 für weitere fünf Jahre bis 2028 zum Vorstandschef des Unternehmens bestellt wurde, solle eine deftige Gehaltserhöhung bekommen. Wofür eigentlich, fragen sich gleich zwei Leipziger Ratsfraktionen.
Ab dem 15. Oktober dieses Jahres soll er „mit einer festen Jahresbruttovergütung von 350.000, ab dem 1.1.2025 mit von 360.000 Euro rechnen dürfen (bislang etwa 285.000 Euro/also haben wir es mit einer Gehaltssteigerung von über 20 % zu tun). Hinzu kommen Bonuszahlungen in Höhe von 200.000 Euro und sogenannte Zieltantiemen“, stellt die Grünen-Fraktion in einer entsprechenden Anfrage für die Ratsversammlung fest. „Unseres Wissens hat die Mitteldeutsche Flughafen AG bislang diese Meldungen weder dementiert noch kommentiert.“
Aber Leipzig geht das Ganze trotzdem an, denn, so die Grünen: „Die Stadt Leipzig hält 2,1 % Anteile an der Flughafen AG; die Stadt ist mit Oberbürgermeister Burkhard Jung im Aufsichtsrat der Mitteldeutschen Flughafen AG und mit Wirtschaftsbürgermeister Clemens Schülke als stellvertretender Vorsitzende des Aufsichtsrates der Flughafen Leipzig/Halle GmbH in bezüglich Gehaltsstrukturen entscheidenden Gremien vertreten.“
Wer bezahlt den kräftigen Schluck aus der Pulle?
Schon am 27. September äußerte die Linksfraktion im Stadtrat ihr Unverständnis über den Vorgang, der zeitlich auch mit der Verabschiedung von Amazon Air vom Flughagen Leipzig/Halle zusammenfiel: „Nach diesem Bericht soll der Vorstandsvorsitzende der Mitteldeutschen Flughafen AG, an dem auch Leipzig mit 2,1 Prozent beteiligt ist, ab dem 15. Oktober 350.000 Euro Jahresgehalt bekommen (bisher 285.000 Euro), ab 1. Januar 2025 dann 360.000 Euro. Hinzukommen Ziel-Boni von mindestens 40 Prozent des Fix-Gehalts.“
„Einerseits plant der Flughafen mit der Begründung steigenden Frachtflugbedarfs den weiteren Ausbau und die deutliche Erhöhung der Start- und Landezahlen. Andererseits verlässt demnächst mit Amazon Air ein wichtiger Kunde mit seinem Frachtfluggeschäft den Airport“, wunderte sich Marianne Küng-Vildebrand, Stadträtin und Mitglied im Dialogforum Flughafen Leipzig-Halle.
„Trotz der weiteren Steigerungen sind die mitteldeutschen Flughäfen offenbar defizitär. Im Jahr 2021 hat der Freistaat Sachsen den laufenden Betrieb mit 1,16 Millionen Euro gestützt und mit 3,04 Millionen Euro den Kapitalstock aufgefüllt. Ein Schluck aus der Gehalts-Pulle für den Vorstandsvorsitzenden in diesem Umfang ist vor dem Hintergrund der dargestellten Situation unangemessen. Der Vorgang lässt das nötige Fingerspitzengefühl der Aufsichtsräte vermissen. Das werde ich keinesfalls hinnehmen und zur nächsten Ratsversammlung entsprechende Antworten von Leipzigs Stadtspitze verlangen.“
Die entsprechende Anfrage hat die Linksfraktion auch eingereicht. Sie dürfte zusammen mit der Grünen-Anfrage in der nächsten Ratsversammlung zum Aufruf kommen.
Ein defizitäres Unternehmen
Eine heftige Kritik zu diesem Vorgang formulierte am 28. September auch Matthias Zimmermann, Pressesprecher der Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“, der das praktizierte Geschäftsmodell des Flughafens näher beleuchtete: „Die Fehlinvestition betrifft hierbei zum einen die Verträge mit der DHL, die offenkundig keine Erträge generieren, sondern ständigen Finanzierungsbedarf der Flughafeninfrastruktur in Gang setzen. Insbesondere die Coronakrise hat gezeigt, dass die Erlöse aus Verkehrsleistungen (Umsatzerlöse) des Flughafens eben kaum durch den Frachtflugbetrieb, sondern sehr wesentlich durch den Passagierverkehr generiert werden.
Zum anderen erzeugen auch die Managementverträge einen ständigen und zunehmenden Finanzierungsbedarf. Die Gesellschafter der Flughafen AG haben die Situation offenbar nicht mehr im Griff oder sie kennen wesentliche Controllinginstrumente schlicht und ergreifend nicht. Anders ist die Managementvergütung in Anbetracht der schlechten Performance nicht zu erklären. Und da stellt sich die Frage, welche Pensionszusagen wurden denn in welcher Höhe den Vorgängern von Herrn Ahmelmann zugestanden.“
Und da die Zahlen ja durch diverse Landtagsanfragen bekannt sind, kann Zimmermann auch die in den Jahren aufgelaufenen Fehlbeträge des Flughafens benennen: „Die hier genannten Beträge muss man vom Geschäftsjahr 2008 lediglich kumulieren, um ein Gefühl für die Verschwendung öffentlicher Gelder zu erhalten. Aktuell ist (noch) geplant, den dauerhaft defizitären Flughafen Leipzig/Halle auszubauen. Die Investitionskosten wurden im Jahr 2019 mit 500 Mio. € beziffert. Durch die gestiegenen Baupreise betragen diese aber mittlerweile ca. 617 Mio. €. Hinzukommen diverse Entschädigungszahlungen an Gemeinden in Millionenhöhe.
Die Kredite für die Finanzierung des Ausbaus werden nur mit einem sehr hohen Zinsniveau bereitgestellt werden, denn das wirtschaftliche Risiko ist durch den Weggang von Amazon signifikant gestiegen. Wenn nun Banken die Finanzierung versagen, und davon ist auszugehen, muss der Freistaat selbst weitere Gelder zur Verfügung stellen. Insgesamt ist ein Finanzierungsbedarf von 1 Mrd. damit sehr wahrscheinlich, denn die Erlöse aus Verkehrsleistungen (Umsatzerlöse) werden durch den permanenten Fortgang von Fluglinien und die Desinvestition von Amazon weiter rückläufig sein.“
Aus seiner Sicht wäre genau jetzt der Zeitpunkt gekommen, die teuren Flughafen-Ausbaupläne endlich zu begraben: „Anbetracht dieser wirtschaftlichen Realitäten ist der Fracht-Flughafenausbau vom Tisch; er sollte es zumindest dann sein, wenn die Landesregierung rechtsstaatlich handelt und sich an die in der Sächsischen Haushaltsordnung kodifizierten Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gebunden fühlt (siehe § 7 Abs. 1 SäHO).“
Aber eigentlich erzählt die deutliche Gehaltsaufstockung für den Flughafen-Chef davon, dass der Freistaat als Haupteigentümer das Spiel gern weiterspielen möchte. Völlig ungeachtet der roten Zahlen im Betrieb über die Jahre.
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