Es war ein deutliches Zeichen, das der Stadtrat in seiner Sitzung am 5. Juli setzte: Die Linksfraktion hatte mit einem Antrag ihre Forderung nach eingeschrรคnkter Schiffbarkeit auf dem Cospudener See bekrรคftigt. Denn mit der Erklรคrung der Schiffbarkeit fรผr den Cospudener See durch die Landesdirektion Sachsen droht hier die unbeschrรคnkte Freigabe auch fรผr Motorboote, die keine der drei Seeanlieger-Gemeinden will.
โVerkehrschaos auf dem Cossi verhindern โ keine Motorboote auf dem See!โ, hatte die Linksfraktion ihren Antrag betitelt. Der Verwaltungsstandpunkt dazu machte dann sehr deutlich, wie ausgerechnet den betroffenen Kommunen bei diesem Thema die Hรคnde gebunden sind.
Grรผnen-Antrag erst mal ins Verfahren
Das hat mit dem 2013 von der damaligen CDU/FDP-Regierung novellierten Sรคchsischen Wassergesetz zu tun, das den Kommunen die Regelungsmรถglichkeiten entzieht, indem der Freistaat einfach โ als wรคren die Tagebauseen schlichte Schifffahrtsstraรen โ das Recht zusprach, hier die Schiffbarkeit zu erklรคren. Grรผnen-Stadtrat Jรผrgen Kasek hat vollkommen recht, wenn er fordert, dass das Sรคchsische Wassergesetz dringend รผberarbeitet werden muss.
Denn es untergrรคbt nicht nur die Regelungsmรถglichkeiten der Kommunen und den Wunsch der Seebesucher, nicht von Motorbooten bei ihrer Erholung gestรถrt zu werden. Es unterminiert auch den Umwelt- und Landschaftsschutz. Weshalb die Grรผnen-Fraktion extra noch einen eigenen รnderungsantrag geschrieben hatte, in dem sie die deutliche Ausweitung der Grenzen des Landschaftsschutzgebiets Sรผdlicher Auwald beantragte, um damit weitere Teile de Cospudener Sees unter Schutz zu stellen.
Der รnderungsantrag der Grรผnen-Fraktion zum Cospudener See.
Aber den Antrag reichte die Fraktion erst einen Tag vor der Ratssitzung, am 5. Juli, ein. Viel zu kurzfristig, als dass sich damit alle Fraktionen hรคtten beschรคftigen kรถnnen. Sodass FDP-Stadtrat Sascha Matzke den durchaus nahe liegenden Geschรคftsordnungsantrag stellte, den รnderungsantrag der Grรผnen wie einen richtigen Antrag zu behandeln und zur Behandlung erst einmal in die Ausschussgremien des Stadtrates zu verweisen. Dem folgte dann auch mit 35:24 Stimmen eine deutliche Mehrheit.
Aber wenn der Antrag gar den OBM dazu auffordert, mit den anderen Seeanrainern Markkleeberg und Zwenkau und mit dem Landkreis Leipzig ins Gesprรคch zu kommen, das LSG Sรผdlicher Auwald deutlich auszuweiten, ist das tatsรคchlich ein vollkommen eigenstรคndiges Vorgehen, bei dem gerade die Kommunen vor Ort zeigen kรถnnen, dass sie es ernst meinen mit der Ruhe am See.
Die รผbrigens auch immer mehr Menschen bei einer Petition fordern, die der รkolรถwe Anfang des Jahres startete, als die Plรคne der Landesdirektion bekannt wurden. รber 10.000 Menschen haben die Petition bis jetzt unterschrieben.
Gesetzlich organisierte Verantwortungsdiffusion
Am Ende ging es also nur um den Antrag der Linken. Da Michael Neuhaus, umweltpolitischer Sprecher der Linksfraktion, die Bedenken der Verwaltung ernst nahm, stellte er gleich den Verhaltensstandpunkt zur Abstimmung, in dem dargelegt ist, wie eng die Grenzen fรผr die Stadt Leipzig gesetzt sind.
Trotzdem stรคrkte der Stadtrat der Verwaltung den Rรผcken gegenรผber der Landesdirektion Sachsen, betont Neuhaus.
โIn Zeiten des Klimawandels erscheint es grotesk, fossil angetriebene Motorboote รผber einen der beliebtesten Seen der Leipzigerinnen und Leipziger brettern zu lassen. Diese sind nicht nur umweltschรคdigend, sondern auch lautโ, sagt Michael Neuhaus.
โDer โCossiโ gilt als Naherholungsgebiet, die Betonung liegt hier auf dem Wort โErholungโ. Eine Petition, die innerhalb kurzer Zeit mehr als 10.500 Unterschriften erreichte, untermalt den Wunsch der Bรผrger/-innen, beim Strandausflug weiterhin ihre Ruhe zu haben vor rรถhrenden Sportbooten.โ
Er verwies in seiner Rede auch darauf, dass das Wassergesetz natรผrlich auch ein Hintertรผrchen enthรคlt, mit dem die vรถllige Freigabe fรผr Motorbote unterbunden werden kann.
โAls Linke wollen wir vieles verรคndern, in diesem Fall aber war und ist es unser Ziel, den Status Quo beizubehalten. Sollte das per Sรคchsischem Wassergesetz (SรคchsWG) nicht mรถglich sein, dann muss das Gesetz eben geรคndert werden. Und zwar dahingehend, dass die Nutzung des Cospudener Sees fรผr nicht-elektromotorbetriebene Sportboote ausgeschlossen wirdโ, so Neuhaus.
โEine Beschrรคnkung der Schiffbarkeit fรผr Bootstypen ist dabei in ยง 17 Abs. 2 des SรคchsWG ausdrรผcklich erlaubt. Dennoch sollte auch hier nachgebessert und rechtssicher klargestellt werden, dass im Gesetz eine Unterscheidung zwischen fossilen und nicht fossilen Antriebstechnologien verankert ist.โ
Das Problem am ยง 17 Abs. 2 des SรคchsWG ist: Es mรผssen sich gleich zwei Ministerien einigen, die eigentlich mit Naherholung, Naturschutz und Gewรคsserschutz nichts zu tun haben โ das Innenministerium und das Verkehrsministerium. Noch so ein Zeichen dafรผr, wie verkorkst das Wassergesetz ist. Das eigentlich fรผr den Gewรคsserschutz zustรคndige Umweltministerium ist vรถllig ausgebootet, sitzt also irgendwie am Katzentisch, auch wenn Neuhaus meinte, der Umweltminister, den ja die Grรผnen stellen, kรถnne sich ja zu Wort melden und รnderungen verlangen.
Doch das Ergebnis dieser Regelung im Wassergesetz nennen Neuhaus wie Kasek beim richtigen Namen: Verantwortungsdiffusion. Was letztlich schlicht bedeutet, dass sich im Einzelfall Ministerien einigen mรผssen, die sonst gar nicht miteinander zu tun haben. Kein Einzelfall in der sรคchsischen Gesetzgebung, sondern gewollt. Denn damit sind die Hรผrden, Missstรคnde abzustellen, besonders hoch.
Und gerade weil Leipzig kaum mehr machen kann, als ein klares Zeichen gegen die geplante Schiffbarkeit zu setzen, war die Abstimmung dann doch deutlich: 51 Mitglieder der Ratsversammlung stimmten fรผr den Verwaltungsstandpunkt. Nur die zehn Immer-dagegen-Stimmer stimmten mit โNeinโ.
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