รœber 10.000 Menschen haben die Petition gegen den weiteren Ausbau des Frachtflughafens Leipzig/Halle schon unterschrieben. Die Bรผrgerinitiative โ€žGegen die neue Flugrouteโ€œ hat ihren Begrรผndungstext fรผr die Petition jetzt aber nochmals erweitert. Denn selbst der Blick auf die Entwicklung des Frachtumschlags am Flughafen Leipzig/Halle zeigt: Die Zeit des permanenten Wachstums ist vorbei. Dafรผr sorgen auch die Krisen der Zeit.

Und ob es nach diesen Krisen wieder ein Wachstum bei den geflogenen Tonnagen geben wird, steht in den Sternen. Genauso wie die Frage, ob es รผberhaupt ein Danach geben wird und nicht die globalen Krisen dafรผr sorgen werden, dass sich die Warenstrรถme rund um den Globus verรคndern werden.

Schon heute ist der Leipziger Flughafen mit seiner Einzelstellung durch die nรคchtliche Frachtflugerlaubnis (eigentlich nur fรผr den Transport von Expressgรผtern) eine Ausnahme unter den deutschen Flughรคfen. Er hat vor allem davon profitiert, dass Frachtumschlรคge von anderen Flughรคfen auf den deutlich billigeren Flughafen bei Schkeuditz umverlagert wurden. Durch hohe Subventionen und niedrige Startentgelte sorgt Sachsens Regierung dafรผr, dass der Flughafen vermehrt Frachtfluggesellschaften angezogen hat, die hier ihre Kosten drรผcken wollen.

Die neue Publikation der Bรผrgerinitiative โ€žGegen die neue Flugrouteโ€œ zur Petition gegen den Flughafenausbau

Frachtflug im Abwรคrtstrend

Aber er profitiert nicht von einem steigenden Frachtflugaufkommen weltweit. Im Gegenteil, so kรถnnen die Autoren der Petition feststellen: Seit 2008, als es in Leipzig erst so richtig losging, sinken die Mengen der geflogenen Frachtgรผter weltweit.

โ€žDie Corona-Krise hat in der Luftfrachtbranche Zuwachsraten generiert, die den langfristigen Abwรคrtstrend vorรผbergehend kompensiert haben. Umso deutlicher zeigen sich nun die Auswirkungen des rรผcklรคufigen Handels auf das Cargo-Geschรคft, die anhand aktueller Statistiken dokumentierbar sindโ€œ, schreiben sie in ihrer Publikation.

โ€žDas Luftfrachtaufkommen hat sich insgesamt im Mai 2023 gegenรผber Mai 2022 um โ€“10,8 % reduziert. Die Einladungen sind um โ€“12,2 % gesunken und die Ausladungen um โ€“9,1 %. โ€“ Fรผr den Frachtflughafen Leipzig/Halle sehen diese Zahlen noch dramatischer aus. Die Einladungen sanken um โ€“13,6 % und die Ausladungen um โ€“12,0 %. Die Verkehrsstatistik der Mitteldeutschen Flughafen AG dokumentiert gleichfalls eine Reduzierung des Fracht- und Postumschlages um โ€“ 5,13 % im Vergleich zum Vorjahr. Selbst die Deutsche Post DHL Group verรถffentlicht in ihrem Geschรคftsbericht 2022 dramatisch zurรผckgehende Werte fรผr die Luftfracht.โ€œ

Der Satz, mit dem die Flughafen AG also den Ausbau des Flughafens bewirbt, stimmt nicht mehr: โ€žAngesichts der stetig steigenden Nachfrage wird der Flughafen Leipzig/Halle ausgebaut.โ€œ

Betrug das Luftfrachtaufkommen im ersten Quartal 2022 noch 385.438 Tonnen, so waren es im ersten Quartal 2023 nur noch 347.726 Tonnen. Und auch schon 2022 zeichnete sich ab, dass der Flughafen wohl die Grenze seines Frachtwachstums erreicht hat. Konnte das Luftfrachtaufkommen von 1.383.467 Tonnen im Jahr 2020 noch auf 1.591.613 im Jahr 2021 gesteigert werden, was mรถglicherweise sogar ein Corona-Effekt war, so sank das Gesamtaufkommen schon 2022 wieder auf 1.397.823 Tonnen.

Und die Zahlen fรผrs erste Quartal 2023 lassen zumindest vermuten, dass damit tatsรคchlich das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Folglich wรคre naheliegend, dass der Flughafen eben auch keinen weiteren Ausbau braucht, denn das, was vor allem durch Amazon zusรคtzlich geflogen werden soll, lรคsst sich auf den beiden existierenden Startbahnen problemlos unterbringen.

In einer Pressemeldung vom 14. Juli behauptete die Flughafen AG zwar, man habe im Jahr 2022 โ€žrund 1,5 Millionen Tonnen Luftfracht registriertโ€œ. Aber diese Zahl deckt sich eindeutig nicht mit den tatsรคchlich gemeldeten Frachtmengen von knapp 1,4 Millionen Tonnen.

Auch DHL verzeichnet sinkende Frachtmengen

Speziell zum Rรผckgang des Frachtaufkommens bei DHL schreiben die Autoren der Petition: โ€žIm Jahr 2022 sank das Luftfrachtvolumen um โ€“9,3 %. Werden die Werte des 4. Quartals miteinander vergleichen, sind es sogar โ€“20 %. Der Wert fรผr Luftfracht Export lag im Geschรคftsjahr 2019 bei 2.051 Tausend Tonnen, d. h. selbst im Vergleich zu 2019 liegt ein Rรผckgang i. H. v. โ€“7, 3 % vor. Dies verdeutlicht, dass der starke Einbruch des Transportvolumens nicht ausschlieรŸlich auf das hohe Corona-Niveau zurรผckzufรผhren ist, sondern durch den nachlassenden Welthandel verursacht wird. Bereits 2019 waren die Wachstumsraten fรผr die Luftfracht negativ.โ€œ

Fรผr die Zukunft erwarten sie jedenfalls keine Rรผckkehr zum ungebรคndigten Wachstum der geflogenen Frachtgรผter: โ€žDerzeit dรคmpfen die Konflikte mit Russland und China das Handelsvolumen. Aber vor allem wegen der zunehmenden Destabilisierung des Klimas werden sich diese abnehmenden Werte
dauerhaft nicht erholen. Operative Geschรคftstรคtigkeiten, die das Klima signifikant negativ beeinflussen, mรผssen verteuert werden, um die Nachfrage zu reduzieren. Dieses รถkonomische Grundprinzip ist fรผr jeden Sachverstรคndigen plausibel. Die politische Fokussierung auf die umweltschรคdlichen Einflรผsse der Luftfracht wird daher in absehbarer Zeit auch in Deutschland relevant sein.โ€œ

Und dann werden sie ganz konkret, was das fรผr den Flughafen erstellte Gutachten fรผr kรผnftige Wachstumsmengen im Frachtflugverkehr betrifft: โ€žDas progressiv ausgerichtete Gutachten der Intraplan Consult GmbH ist vor dem Hintergrund aktueller รถkonomischer Kennzahlen und umweltpolitisch zu erwartender MaรŸnahmen unplausibel. Zudem fehlen in der aktualisierten Verkehrsprognose (August 2021) die Auswirkungen des Ukraine-Krieges. Die gravierenden Fehlprognosen der Intraplan Consult GmbH wurden bereits im Jahr 2014 von der TU Chemnitz anhand eines fachlich fundierten Gutachtens nachgewiesen. Umso verwunderlicher ist das Festhalten an Prognosen, die methodisch und mittlerweile eben auch empirisch widerlegt wurden.โ€œ

Ein Flughafenbesitzer wie der Freistaat Sachsen (70 Prozent) wรคre also gut beraten, vor der weiteren Investition von hunderten Millionen Euro in den Flughafenausbau die wirtschaftlichen Zahlen auf ihre Belastbarkeit zu prรผfen. Was normalerweise jeder Unternehmer tun wรผrde, bevor er ein Geschรคftsfeld ausbaut, von dem er nicht weiรŸ, ob darin รผberhaupt noch ein Wachstum steckt.

Die Petition zur Einstellung der Ausbauplรคne am Flughafen Leipzig/Halle findet man hier.

Empfohlen auf LZ

So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:

Ralf Julke รผber einen freien Fรถrderbetrag senden.
oder

Es gibt 2 Kommentare

Wurde eigentlich alles Frachtgut, was in Leipzig umgeschlagen wurde, berรผcksichtigt?

ja, DHL und Co kรถnnen hier in Leipzig ihre Kosten senken โ€“ haben Sie getan. UND SIE HABEN IHRE GEWINNE DRASTISCH GESTEIGERT !!! Und in Form von Dividenden und Gewerbesteuern in Bonn NICHT in Leipzig verteilt ! Das ist ein Skandal ! Hier wird gestรถrt und zerstรถrtโ€ฆ.und die Region hat noch nicht mal was davon. โ€“ Abgeshen davon ist FLugfracht angesichts der enormen Umweltbelastungen eh aus der Zeit gefallen und muss reduziert werden.

Schreiben Sie einen Kommentar