Der Klimawandel ist auch in der Landwirtschaft ein existentielles Thema, vor allem wenn es um Wasser geht. Fehlt es, verdorren die Pflanzen lange vor der Ernte, mit gravierenden finanziellen Folgen für die betroffenen Landwirte. Gibt es zu viel davon, wird neben der Ernte oft auch der Boden zerstört, indem teils große Krater entstehen, wenn große Wassermassen die Erde wegspülen. In beiden Fällen ziehen solche Ereignisse einen Rattenschwanz an Folgen nach sich, von den finanziellen Einbußen der Landwirte bis hin zu Preissteigerungen für den Endverbraucher.
Der Klimawandel kommt, ob man ihn wahrhaben will oder nicht, und mit ihm alle negativen Folgen, die schon seit Jahrzehnten berechnet und bekannt sind. Ob wir wollen oder nicht, ein Weiter so wird in der konventionellen Landwirtschaft in Zukunft schwer möglich sein.
Zum Thema Wasser in der sächsischen Landwirtschaft sagt das Sächsische Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft:
„Die aktuelle Situation in Bezug auf Wasser ist derzeit in der Landwirtschaft regional unterschiedlich für Sachsen einzuschätzen:
In Nordwest-, Nord- bis Nordostsachsen treten aufgrund leichterer Bodenverhältnisse (Sandböden mit geringeren Bodenwasserspeichervermögen) und geringeren Frühjahrsniederschlägen im Leipziger Raum/Umfeld gegenüber anderen Landesteilen schon wieder Wasserdefizite in den obersten durchwurzelten Bodenschichten auf. Entsprechend nutzen LW-Betriebe, die über Bewässerungsmöglichkeiten und Wasserrechte verfügen, diese in den Regionen in Nord-Sachsens bereits wieder.
Anderseits weisen die tiefgründigen Löss- und Lehmböden im Vorland der Gebirge und die Verwitterungsböden in den Gebirgen (nach höheren Niederschlägen im März/April 2023) zurzeit noch ausreichende Bodenfeuchten auf. Soweit die Witterung ohne wirksame Niederschläge (> 10 l/m2) weiter anhält, ist jedoch auch hier mit zunehmenden Wachstums- und Ertragseinschränkungen in den landwirtschaftlichen Kulturen zu rechnen.“
Ein Lösungsansatz: Agroforst
Mit zunehmender Industrialisierung der Landwirtschaft und immer größeren Ackerflächen und Massentierställen verschwanden zunehmend kleinteilige Felder und Bauernhöfe mit überschaubarer Viehhaltung aus dem Landschaftsbild. Felder wurden größer, die Maschinen auch, und Bäume und Feldraine störten den durchgetakteten Ablauf.
Das Ergebnis sind die teils riesigen Monokulturflächen, wie wir sie heute sehen, ohne einen einzigen Baum am Horizont oder auch nur ein paar Kornblumen am Rand, an die sich viele noch aus ihrer Kinderzeit erinnern. Selbst dort, wo noch ein bisschen Platz übrig ist, sind diese dem massiven Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln zum Opfer gefallen, denn Monokulturen sind extrem anfällig für allerlei Schäden.
Diese riesigen Ackerflächen sind schutzlos Sonne, Wind und Unwetter ausgesetzt. Die Sonne verdorrt Pflanzen und Boden, anschließende Starkregenereignisse treffen durch den fehlenden Randbewuchs auf keinerlei Hindernis mehr und spülen wertvollen Ackerboden weg und hinterlassen teils große Krater. Bei Trockenheit weht der Wind den Boden vom Acker.
Windbrecher und Wasserhalter
Wie aber können Lösungen aussehen? Wie gehen wir mit den Folgen um, die wir jetzt schon erleben? Neben dem Anbau von angepassten Getreidesorten liegt ein Hauptaugenmerk auch und vor allem auf der Anbaumethode. Eine der Lösungen wollen wir hier vorstellen: die Agroforstwirtschaft.
In der Agroforstwirtschaft werden Bäume mit anderen Systemen wie z. B. Tierhaltung und Getreideanbau so kombiniert, dass sie einander unterstützen. Während die Bäume Schatten spenden und durch Verdunstung das Bodenklima kühler halten, werden sie durch das flachwurzelnde Getreide angeregt, tiefer zu wurzeln. Das wiederum kommt den Bäumen zugute, denn auch im Boden findet man Wasser durch die langen Dürreperioden erst in immer tieferen Regionen.
Auch dient die Bepflanzung als Windbrecher und hält so auch die kostbare Erde auf dem Acker. Die Baumflächen können eingezäunt für die Tierhaltung genutzt werden, zum Beispiel für mobile Hühnerställe. Die Hühner sind damit sogar Teil der Schädlingsbekämpfung und lockern durch das Scharren auf Nahrungssuche den Boden auf. Die Bäume wiederum können nach einigen Jahren für die Holzverarbeitung geerntet werden.
Der Nachteil: Bis das Zusammenspiel von Getreide und Bäumen Wirkung zeigt und der Baum groß genug ist, vergehen viele Jahre. Auch muss der gewählte Standort gut durchdacht sein, Bäume pflanzt man je nach Sorte für Jahre bis Jahrzehnte. Und auch wenn sich in Deutschland immer mehr Landwirte für diese Art der Bewirtschaftung interessieren, die finanziellen und bürokratischen Hürden schrecken oft ab.
Um das alles schneller voranzubringen und Interessierten Hilfe anzubieten, hat sich zum Beispiel der Deutsche Fachverband für Agroforstwirtschaft gegründet. Auf der Homepage ist eine interaktive Karte zu finden, in der Agroforstprojekte angezeigt werden.
https://www.youtube.com/watch?v=izoNpbD5jD4
Doch in Sachen Förderungen weiß das Umweltministerium Gutes zu berichten:
„In Sachsen soll ab Herbst 2023 die Etablierung von Agroforstsystemen (Anpflanzung und alle damit verbundenen Kosten) über die landwirtschaftliche Investitionsförderung mit bis zu 40 % Zuschuss auf die förderfähigen Kosten angeboten werden. Eine jährliche Förderung von Agroforstgehölzstreifen ist im Rahmen der sogenannten Öko-Regelungen der Direktzahlungen mit 60 Euro/ha bundesweit einheitlich möglich. Hierbei haben nur einzelne Landwirte die Antragstellung für 2023 genutzt. Genaue Zahlen hierzu liegen noch nicht vor.“
Vorbild Frankreich
In Frankreich ist man da schon weiter, dort wird seit 30 Jahren an dieser Art der Bewirtschaftung geforscht. Und die Ergebnisse sind positiv, sowohl auf Äckern als auch in der Tierhaltung oder beim Weinanbau. Denn auch dieser profitiert von den Bäumen. Nicht nur durch oben genannte Faktoren, sondern auch durch die in den Bäumen angesiedelten Vögel und Fledermäuse, die bei der Schädlingsbekämpfung helfen, denn der Pestizideinsatz ist im konventionellen Obstanbau oft sehr hoch.
In Deutschland gibt es mittlerweile einige Betriebe, die nach diesem System anbauen, auch unweit von Leipzig wird auf dem Permakulturhof Biophilija in Halle (Saale) seit 2021 neben der Permakultur auch Agroforst betrieben. Dort hat man 2.000 Pappeln als Pionierbäume angepflanzt, die zu den schnellwachsenden Bäumen gehören.
Und wie sieht es in Sachsen aus? Dazu eine Antwort aus dem Sächsischen Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft:
„Es gibt auch in Sachsen erste Landwirtschaftsbetriebe, die Agroforstsysteme angelegt haben oder dies nun im Rahmen der neuen Fördermöglichkeiten der GAP beabsichtigen bzw. planen. Genaue Zahlen über die deren Anzahl und die Flächenumfänge liegen dem SMEKUL noch nicht vor. Das  LfULG betreibt aktuell ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt zu Agroforst, in dessen Rahmen auch ein Überblick über Agroforstumfänge in Sachsen gesammelt und Demonstrationsanlagen in drei Betrieben (u. a. im Lehr- und Versuchsgut Köllitsch des LfULG) angelegt und begleitet werden.“
Natürlich gibt es nicht die eine Lösung für bestehende und kommende Probleme, auch Agroforst ist nur ein Baustein hin zu einer umweltverträglichen Landwirtschaft. Fakt aber ist, dass die konventionellen Methoden zu vielen dieser Probleme beigetragen haben und ein Umbau eigentlich zwingend notwendig ist, wollen wir unseren Nachkommen nicht eine Wüstenlandschaft mit ausgelaugten Böden hinterlassen.
Deshalb werden wir uns weiter mit diesem Thema befassen und auch andere Möglichkeiten sowie konkrete Beispiele aufzeigen und mit Experten über Probleme und konkrete Lösungen sprechen. Denn eins ist sicher: Ohne Landwirtschaft geht es nicht.
„Alternative Landwirtschaft in Zeiten des Klimawandels“ erschien erstmals in der Juni-Ausgabe, ePaper LZ 114, der LEIPZIGER ZEITUNG.
Sie wollen zukünftig einmal im Monat unser neues ePaper erhalten? Hier können Sie es buchen.
Keine Kommentare bisher