Am Mittwoch, dem 3. Mai, fand die mittlerweile 62. Sitzung der Fluglärmkommission (FLK) des Flughafens Leipzig/Halle in Schkeuditz statt. Eine Sitzung, die eher wieder wie ein nettes Kaffeekränzchen ausging. Man sprach über Beschwerden, Abflugrouten, Lärmentgelte und eine neue Messstelle. Aber der einzig wirklich sichtbare Fortschritt, der verkündet wurde, war die neue Lärmkartierung durch das LfULG, die auch online abrufbar ist.

Das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) erläuterte die Ergebnisse der turnusmäßigen Lärmkartierung nach Umgebungslärmrichtlinie am Flughafen Leipzig/Halle. Die Ergebnisse sind jetzt im Internet abrufbar. Das LfULG wies darauf hin, dass aufgrund geänderter Berechnungsmodelle ein Vergleich der Lärmkonturen mit vorhergehenden Berichtszeiträumen jedoch nicht ohne weiteres möglich sei.

Aber die Karte bietet noch andere Schwierigkeiten. Denn zu sehen ist die Lärmbelastung nur im Nahzoom. Eine Gesamtansicht über das gesamte von Fluglärm belastete Gebiet bekommt man nicht.

Und auch ein anderes Angebot, welches das LfULG eigentlich verspricht, bekommt man nicht angezeigt: „Die ebenfalls veröffentlichte HotSpot-Analyse ist als Hilfsmittel zu verstehen, die ermittelten Belastungen oberhalb der Gesundheitsrelevanz in ein einheitliches Verhältnis zu setzen. Normiert auf eine Flächengröße von 100 m × 100 m sowie ausgehend von 55 dB(A) nachts wird anhand der Lärmkennziffer die Anzahl betroffener Einwohner sowie die Höhe der Pegelüberschreitung gewichtet.“

Zu sehen ist die nächtliche Fluglärmbelastung an einem Teil des Flughafens Leipzig / Halle. Grafik: Freistaat Sachsen/LfULG
Die nächtliche Fluglärmbelastung an einem Teil des Flughafens Leipzig / Halle. Grafik: Freistaat Sachsen/LfULG

Genau da, wo es also konkret werden müsste, bekommt man die Information „Keine Objektinformationen verfügbar“ angezeigt.

Durchschnittswerte statt Fluglärmspitzen

Und das würde – allein wenn man die Ansicht für die Nachtfluglärmbelastung nimmt – Gemeinden wie Radefeld und Freiroda genauso betreffen wie Ortsteile im Leipziger Norden, beispielsweise Lützschena-Stahmeln, Lindenthal und Wiederitzsch, von denen zumindest Teile nachts mit mindestens 45 dB (A) verlärmt werden. Wobei die Lärmkartierung auch wieder nur rechnerische Durchschnittswerte anzeigt und nicht die tatsächlichen Lärmspitzen, welche die Menschen aus dem Schlaf schrecken.

Ein also nur bedingt wirklich für die Lärmaktionsplanung geeignetes Werkzeug, auch wenn das LfULG dieses genau dafür für nützlich hält: „Die Lärmkarten dienen als Hilfsmittel, um sich einen Überblick über die Geräuschsituation zu verschaffen und bilden die Grundlage für eine sich daran anschließende Lärmaktionsplanung. In Lärmaktionsplänen sind durch die Gemeinden unter Beteiligung der Öffentlichkeit mögliche Maßnahmen zur Verminderung der Geräuschbelastung zusammenzustellen.“

Also wieder ein hübsches Online-Angebot, das für den tatsächlichen Lärmschutz nur bedingt brauchbar ist.

Während es konkrete Daten zur Beschwerdesituation rund um den Flughafen nicht gibt. Nur die sehr allgemeine Aussage: „Im Rahmen der regelmäßigen Berichterstattung informierte der Flughafen über die aktuelle Beschwerdesituation, die durchgeführten Fluglärmmessungen und die Fertigstellung der baulichen Ertüchtigung der Triebwerksprobelaufhalle im Oktober 2022. Seit diesem Zeitpunkt finden nachts außerhalb der Halle auch wieder wie geplant keine Triebwerksprobeläufe statt.“

Womit zumindest die Kritik der Flughafenanwohner bestätigt wurde, dass – trotz anderslautender Versprechen – die Triebwerksprobeläufe monatelang im Freien stattfanden.

Der Rest des Programms auch bei dieser Sitzung war dann so eine Art Abnicken der Maßnahmen, mit denen man sich irgendwie eine Eindämmung des Fluglärms verspricht, ohne dass klar ist, welchen Effekt diese Maßnahmen tatsächlich gebracht haben.

Das liest sich dann protokollarisch so:

-„Der sächsische Fluglärmschutzbeauftragte (FLSB) stellte anschließend die bisherigen Ergebnisse der im letzten Jahr von der FLK eingesetzten technischen Arbeitsgruppe ‚Flugverfahren‘ vor. Die Arbeitsgruppe mit Vertretern von Flughafen, Deutscher Flugsicherung, DHL, LfULG und FLSB prüfte die Möglichkeiten der Überführung von Ergebnissen der vom LfULG beauftragten Studie zu lärmärmeren An- und Abflugverfahren in die Praxis.

Als ersten Schritt schlug die Arbeitsgruppe die konsequente Einführung des sogenannten Flachstartverfahrens (NADP-2) für alle Flugzeugtypen vor. Dieses Verfahren hat laut Studie Potenziale zu Lärmverminderung, wird aber in Leipzig bisher nur von einem Teil der Flotten praktiziert. DHL kündigte daraufhin die Umstellung des Verfahrens für die gesamte Flotte nach Abschluss der notwendigen Vorbereitungen an.

– Der FLSB teilte der Kommission mit, dass ab Juni eine zusätzliche mobile und energieautonome Fluglärmmessstelle in seiner Zuständigkeit betrieben wird. Die ersten Einsätze sind derzeit aufgrund der geänderten Abflugverfahren vor allem im Bereich zwischen Krostitz und Delitzsch geplant.

– Die DFS berichtete im Anschluss über die Ergebnisse des nach Einführung dieser im Januar 2023 geänderten Abflugverfahren von ihr durchgeführten Monitorings. Die durch die Fluglärmkommission im Rahmen der Abstimmung über die Flugverfahrensänderung geforderte Flugspurenanalyse ergab eine Übereinstimmung zwischen dem realen Flugbetrieb und dem geplanten Flugverfahren. Das Monitoring wird fortgesetzt, um weiteres Potenzial zur Verfahrensanpassung zur Verringerung der Fluglärmbelastung zu untersuchen.

– Der Flughafen informierte abschließend über die zum 01.04.2023 in Kraft getretene Anpassung der Entgeltordnung. Durch die Einführung von Lärmklassen und Nachtzuschlägen wurde die Lärmdifferenzierung zur Förderung des Einsatzes leiserer Luftfahrzeuge weiter gestärkt.“

Zu diesem Punkt hatte auch die LZ berichtet.

Steffen Schwalbe wiedergewählt

Am 3. Mai stand auch die turnusmäßige Wahl des Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden auf der Tagesordnung. Die FLK-Mitglieder sprachen Steffen Schwalbe, dem bisherigen Amtsinhaber und Bürgermeister von Rackwitz, das Vertrauen aus und wählten ihn tatsächlich einstimmig für weitere zwei Jahre zum Vorsitzenden. Als neuer Stellvertreter wurde ebenso einstimmig Torsten Ringling, Bürgermeister der Gemeinde Schkopau, bestimmt.

Die Leipziger Vertreter in der Runde scheinen als nicht einmal Interesse daran zu haben, ein gewichtigeres Wörtchen mitzureden.

Als Steffen Schwalbe 2019 erstmals zum Vorsitzenden der Fluglärmkommission gewählt wurde, brachte Matthias Zimmermann, Sprecher der Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“, seine Zweifel daran zum Ausdruck, dass Schwalbe sich tatsächlich für eine Minderung der Fluglärmbelastung ins Zeug legen würde.

Das klang dann so: „Herr Schwalbe ist nicht gerade bekannt dafür, sich bisher durch bahnbrechende Fluglärmschutz-Anträge hervorgetan zu haben. Genauer gesagt, es ist kein einziger aktiv eingebrachter Antrag von ihm bekannt. Im Gegenteil, an ihn durch Bürger herangetragene Anträge wurden nicht in die FLK eingebracht. Leipzig dagegen hat eine Vielzahl demokratisch zustande gekommener Anträge eingebracht, abgeschmettert auch durch eben Herrn Steffen Schwalbe – ist anzunehmen.“

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