Die Meldung wollen wir natürlich noch nachholen. Denn nicht nur in Leipzig und Delitzsch haben die Radfahrerinnen und Radfahrer fleißig am ADFC-Fahrradklimatest 2022 teilgenommen. Auch für die Parthe-Stadt Taucha gibt es Ergebnisse. Und auch sie bestätigen, dass eine deutlich wahrnehmbare Lücke besteht zwischen den Erwartungen der Radler und den tatsächlich vorgefundenen Radfahrbedingungen.
Und es ist keine Überraschung, dass auch Taucha von den 166 Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Tests am Ende nur eine mittelmäßige Benotung bekommt: 57 Prozent der Befragten in Taucha fühlen sich gestresst, wenn sie in der Stadt mit dem Rad unterwegs sind. Nur 44 Prozent sagen: In Taucha ist man mit dem Rad als gleichberechtigter Verkehrsteilnehmer akzeptiert.
Der Grund? Auch Taucha verfügt über kein ausgebautes Radwegenetz. Vieles ist Stückwerk. Immer wieder müssen Radfahrer in den Mischverkehr ausweichen.
Und das empfinden die meisten als Zumutung: 82 Prozent der Befragten in Taucha erleben beim Radfahren im Mischverkehr zusammen mit Autos, dass sie bedrängt und behindert werden. 78 Prozent fühlen sich regelmäßig gefährdet, wenn sie in Taucha mit dem Rad unterwegs sind.
67 Prozent der Befragten sind logischerweise auch nicht zufrieden mit der Förderung des Radverkehrs in der Stadt und wünschen sich dabei mehr Engagement seitens der Kommunalpolitik und der Verwaltung in Taucha. Unter den 46 sächsischen Städten im Fahrradklima-Test erreicht Taucha damit trotzdem den Rang 18.
Sachsens Schwächen bei der Radverkehrsförderung
Hier trifft die Aussage des ADFC zu den stagnierenden Verhältnissen im ländlichen Raum zu: „Hier ändert sich das Fahrradklima nicht spürbar. Zwar sind die Bedingungen zum Radfahren hier besser als in den großen Städten, weil mehr Platz vorhanden ist und es weniger Konflikte mit Autos gibt, doch von einer Verkehrswende ist im ländlichen Raum nicht viel zu spüren.“
Und dabei ist die Nähe zur Großstadt Leipzig noch von Vorteil, denn von dort aus wächst auch der Druck, bessere Radwegeverbindungen über Land zu schaffen.
Taucha kam – wie Markranstädt – auf die Note 4,1. Markkleeberg bekam immerhin eine 3,7 (leicht besser als die 3,84 in Leipzig). Grimma und Delitzsch lagen mit 3,87 und 3,86 auch noch etwa auf der Höhe von Leipzig, während vor allem ostsächsische Städte mit Noten deutlich über 4 das Hinterfeld in Sachsen bestimmten.
Aus dem Leipziger Raum fallen noch Borna mit einer 3,65 und Torgau mit 3,69 auf, während Städte wie Wurzen., Schkeuditz und Oschatz schon zur Note 4 tendierten. Da gibt es also noch gewaltigen Nachholbedarf. Man denke nur an den seit 2018 in der Planung befindlichen Radschnellweg von Halle nach Leipzig, an den ja auch Schkeuditz angebunden wäre. Aber selbst dieses zähfließende Projekt zeigt, wie enorm die Widerstände für den Ausbau eines wirklich guten Radwegenetzes sind.
Auch in Taucha sieht Konrad Krause, Geschäftsführer des ADFC Sachsen, die Kommunalpolitik in der Pflicht: „Immer mehr Menschen wollen Wege in der Stadt entspannt mit dem Rad zurücklegen. Doch im Straßenverkehr mit Autos werden sie in Taucha regelmäßig bedrängt und gefährdet. Dass sich so viele Tauchaer auf dem Rad regelmäßig gefährdet fühlen, muss für die Entscheidungsträger ein Alarmsignal sein. In Taucha muss mehr für sicheren Radverkehr passieren.“
Über Land – ein echtes Problem
Und dann kommt das besonders heikle Thema: Der ADFC hat beim Fahrradklima-Test 2022 auch danach gefragt, wie gut die Menschen in Taucha die Erreichbarkeit der Nachbarorte einschätzen. 67 Prozent der Befragten in Taucha halten diese für ausbaubedürftig. Vier von fünf Befragten fühlen sich mit dem Rad unterwegs in die Nachbargemeinden gefährdet.
„Angesichts des wachsenden Verkehrs auf den Land- und Kreisstraßen muss die Radinfrastruktur zwischen den Orten endlich angepackt werden. Viele Leute sind frustriert und sehen nicht ein, noch weitere Jahrzehnte auf den Ausbau eines straßenbegleitenden Radwegs zur Nachbargemeinde zu warten“, sagt ADFC-Geschäftsführer Krause. Beim überörtlichen Radwegeausbau sei der Freistaat Sachsen immer noch im Schneckentempo unterwegs.
Besser als der sächsische Durchschnitt bewerten die Tauchaer die Abstellanlagen am Bahnhof. 48 Prozent der Befragten sind mit den Bike+Ride-Anlagen am Bahnhof Taucha zufrieden. Über dem sächsischen Durchschnitt schneidet Taucha auch bei der Bewertung ab, wie verbreitet die Menschen das Fahrrad als Alltagsverkehrsmittel in der Stadt einschätzen. Hier sagen sieben von zehn Befragten: In Taucha fahren alle Rad, egal ob alt oder jung.
Weitere Ergebnisse der Erhebung
Beim Fahrradklima-Test lag in diesem Jahr ein besonderer Fokus auf den Bedingungen des Radverkehrs in ländlichen Räumen. Neben der umwegfreien und komfortablen Erreichbarkeit von Nachbarorten (Bewertung Landkreis Nordsachsen: 3,9) und dem Sicherheitsgefühl beim Radfahren über Land (Bewertung Landkreis Nordsachsen: 4,4) konnten die Befragten auch die Qualität des Fahrradparkens an Bahnhöfen und Haltepunkten bewerten.
Der Landkreis Nordsachsen erhielt dabei eine Bewertung von 3,5.
92 Prozent der Befragten in Sachsen verfügen über einen Führerschein und 71 Prozent besitzen ein Auto. 85 Prozent sind nicht Mitglied im ADFC. 2022 bewerteten in Taucha 166 Personen ihre Stadt nach Fahrradkriterien, in Sachsen waren es über 10.000 und deutschlandweit sogar fast 240.000.
Mit einer Gesamtbewertung der Fahrradsituation von 4,08 auf einer Skala von 1 bis 6 liegt Taucha im bundesweiten Mittelfeld und auf Platz 691 aller 1.114 Städte im Fahrradklima-Test.
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