Die Fluglärminitiative „Gegen die neue Flugroute“ hat inzwischen das, was seit dem 1. April am Flughafen Leipzig/Halle als Startentgelttabelle gilt, ausgewertet. So weit das überhaupt möglich ist. Denn wesentliche Teile der Gebührentabelle sind gar nicht öffentlich. Aber das, was zugänglich ist, bestätigt alle Befürchtungen: Die Entgelte wurden so gestrickt, dass sie die Fluggesellschaften nicht stärker beladen als zuvor. Steuerungswirkung – keine.
Und auch für die sächsischen Steuerzahler wird sich mit derart niedrigen Lärmentgelten nichts ändern. Der Frachtflughafen wird ein Zuschussgeschäft bleiben, bei dem der defizitäre Flugbetrieb durch regelmäßige Millionenzuschüsse des Freistaats ausgeglichen werden muss – immerhin seit 2000 schon runde 860 Millionen Euro.
Und letztlich noch prekärer ist die Tatsache, dass mit dem Billig-Modell gerade die ältesten Flugzeuge mit ihrer katastrophalen Emissionsbilanz nach Leipzig gezogen werden, was einerseits die CO₂-Emissionen auf LEJ drastisch steigen lässt und den Flughafen in Kürze zur stärksten Emissionsquelle in Mitteldeutschland machen wird, während gerade die Klimaschädlichkeit der eingesetzten Flugzeuge nicht einmal berücksichtigt wird.
Die Stellungnahme der Fluglärminitiativen zur neuen Entgeltordnung (Ausschnitt)
Auswertung der Fluglärminitiativen zu den neuen Startentgelten am Flughafen LEJ
Ein einziger großer Bluff
Als die Bürgerinitiativen rund um die lauteste stadtnahe nächtliche Lärmquelle Deutschlands, also den Flughafen Leipzig-Halle, von den Medien nach ihrer Meinung zu den vom Flughafen mittels PM veröffentlichten Änderungen der Entgelte für Start- und Landegebühren am LEJ befragt wurden, hielten sie sich mit ihren Stellungnahmen zurück. Zumindest für sie gilt: Faktenwissen geht vor Framing der Flughafenlobbyisten. Die neue Entgeltordnung liegt nun nach über zweijähriger Ankündigung seit dem 1. April öffentlich vor. Sie fällt nicht nur aus unserer Sicht mehr als nüchtern aus.
Was hat sich geändert? Der Versuch einer Einordnung.
1. Lärmbezogene Entgelte
„Viele große Flughäfen haben (Anm. d. Red., seit vielen Jahren) ‚Lärmklassen‘ eingeführt, in welche die Flugzeugmodelle in Abhängigkeit von den durch die ICAO ermittelten Messwerte einsortiert werden. Für Starts und Landungen eines jeden Flugzeugs wird in Abhängigkeit von der einschlägigen Lärmklasse und der Uhrzeit des Starts oder der Landung eine Lärmgebühr erhoben. … Diese Einteilung in Lärmklassen und die Festlegung der Lärmgebühren ist allerdings sehr uneinheitlich und abhängig vom Flughafenbetreiber verschieden.“ (Wikipedia)
Tatsächlich wurde jetzt auch in Leipzig ein Entgelt nach Lärmklassen eingeführt. Eine Typenzuordnung zu den einzelnen Lärmklassen ist, wie an anderen Flughäfen, allerdings nicht öffentlich. Der Außenstehende wird also im Unklaren darüber gelassen, welche Flugzeuge welchen Lärmklassen (und damit Lärmzuschlägen) zuzuordnen sind. Trotzdem bleibt die grundlegende Erkenntnis, das Lärmentgelt ist geringer, als an anderen Flughäfen. Das Lärmentgelt wird in Leipzig nur für die Landung erhoben.
Der Nachtzuschlag wird erhoben, wenn Landung und Start zwischen 22 und 6 Uhr erfolgen. Wenn nur jeweils Landung oder Start in der Nacht erfolgt, wird die Hälfte des Nachtzuschlages berechnet. In Frankfurt werden sowohl für Start als auch für Landung die Lärmentgelte gesondert berechnet.
2. Lärmentgelte für die Nachtkernzeit
Für die besonders gesundheitsgefährdenden Starts und Landungen in der Nachtkernzeit gibt es keine gesonderten Lärmentgelte. Die folgende Tabelle mit Landungen/Starts von den besonders lärm- und schadstoffintensiven Maschinen IL 76 (siehe auch FL-Report 02/2023) und AN124 zeigt im Vergleich mit Frankfurt diese Unterschiede am aktuellen Beispiel vom 01. bis 04. April. In der Zeit von 23 bis 5 Uhr, also in der Nachtkernzeit, gilt in Frankfurt ein Nachtflugverbot.
3. Emissionsabhängiges Entgelt (je ausgestoßenem Kilogramm Stickoxidäquivalent)
Auf die Einführung von CO₂-Entgelten wurde gänzlich verzichtet! Im Folgenden eine Übersicht der Emissionsentgelte an anderen Flughäfen und der aktuelle Ausstoß in Leipzig. Aus „gutem Grund“ sah man hier offensichtlich kein Handlungsbedarf.
4. Gewichtsbezogenes Landeentgelt
An der Ausrichtung auf die in der Zulassungsurkunde verzeichneten höchsten Abflugmasse des Luftfahrzeuges (MTOW) wurde festgehalten. Die Grundpreise wurden im Vergleich zur bisher gültigen Entgeltordnung um ca. 18 % gesenkt.
Fazit: Schon immer haben wir als Bürgerinitiative die Entgelte am LEJ kritisiert. Sie spiegelten die verschiedenen Emissionen am LEJ nicht wider und waren/sind, offensichtlich politisch gewollt. Eine der Ursachen, warum am Flughafen Leipzig-Halle alles starten und landen kann, was in anderen Flughäfen Deutschlands verboten oder zumindest unerwünscht ist. LEJ ist und bleibt der „Billige Jakob“ und die Emissionsmüllhalde Deutschlands, denn letztendlich ist es den Fluggesellschaften egal, wie sich das Entgelt zusammensetzt, Hauptsache billig.
Steffen Schwalbe, dem Vorsitzenden der Fluglärmschutzkommission, kann also durchaus zugestimmt werden kann, wenn er sagt „Ich habe keine Erwartung, dass es mit der neuen Entgeltordnung für die Bewohner … leiser wird.“
Zudem, die Gesamtheit der Entgelte scheint fast Aufkommens-/Kostenneutral zu sein, da Basiswerte für Zuschläge teilweise geringer sind. Der Steuerzahler kann also nicht hoffen, durch die neue Entgeltordnung von den jährlich notwendigen Landeszuschüssen befreit zu werden. Und DHL braucht, wie schon in den vergangenen Jahren, um die üppigen Dividenden für seine Aktionäre nicht zu fürchten. (…)
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Den kompletten Text findet man im aktuellen „Fluglärmreport“ (März 2023) der Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“.
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