Manche Gesetze sind tatsächlich so gemacht, dass sie bürgernahe Entscheidungsebenen entmachten und staatlichen Instanzen den ganzen Spielraum geben, die Dinge so zu gestalten, wie es sich eine kleine Minderheit gern wünscht. Mit Motorbooten drin zum Beispiel. Denn dieses Interesse wurde in Paragrafen gegossen, als die damalige CDU/FDP-Regierung 2013 das sächsische Wassergesetz änderte. Das könnte man doch aber wieder ändern, fand die Linksfraktion im Landtag.

Und deshalb schrieb sie nach den aufbrandenden Diskussionen um die Schiffbarmachung des Cospudener Sees einen eigenen Gesetzentwurf. Doch der wird nicht Wirklichkeit werden, nicht nur, weil das eine Premiere im Sächsischen Landtag wäre, wenn ein solcher Entwurf aus der Opposition mal zum Beschluss würde. Sondern auch, weil die Staatsregierung selbst an einer Überarbeitung sitzt.

Denn Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) ist sehr wohl bewusst, dass das 2013 geänderte Wassergesetz schlicht nicht den Ansprüchen der Gegenwart genügt – schon gar nicht den vielen Problemen rund um Klimawandel und Wassermangel, die da längst sichtbar sind.

In seiner Stellungnahme zum Antrag der Linksfraktion erklärt er dazu: „Die beantragte grundlegende Revision (Überprüfung) der Spalte 4 der Anlage 2 Nummer 2 SächsWG in Verbindung mit einer Unterrichtung des Landtages über den festgestellten Änderungs- und Anpassungsbedarf ist zurzeit nicht zielführend. Das wasserrechtliche Verfahren der Feststellung der Fertigstellung regelt das ‚Ob‘ der technischen Eignungsfeststellung des Gewässers zur Schifffahrt.

Mit Wirksamkeit der betreffenden Allgemeinverfügung greift sodann grundsätzlich das Schifffahrtsrecht betreffend das ‚Wie‘ dieser Nutzung ein. Entsprechende Anordnungen trifft die Schifffahrtsbehörde auf der Grundlage der Sächsischen Schifffahrtsverordnung.“

Die oben zitierte Anlage 2 Nummer 2 SächsWG.

Erst einmal die Schifffahrtsverordnung

Also soll im ersten Schritt erst einmal die 2014 zuletzt geänderte Sächsische Schifffahrtsverordnung wieder geändert werden: „Eine Betrachtung der geltenden Regelungen im Wasserrecht und im Schifffahrtsrecht, deren Verhältnis und optimales Zusammenwirken ist bereits angedacht im Rahmen der umfassenden Novellierung der Sächsischen Schifffahrtsverordnung durch das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, die noch im II. Quartal 2023 beginnen soll. Abhängig von den Ergebnissen dieses Normsetzungsverfahrens, an dem das Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft eng beteiligt sein wird, sind dann gegebenenfalls die vorgenannten wasserrechtlichen Regelungen zu überprüfen.“

Das kann freilich noch dauern. Aber im SMEKUL ist man optimistisch, dass die Landesdirektion Sachsen, die jetzt mit der Schiffbarkeitserklärung für den Cospudener See beschäftigt ist, am Ende auf die Belange des Umweltschutzes am Cospudener See Rücksicht nimmt.

„Nachdem auf der Grundlage von Gutachten zum Naturschutz und zum Immissionsschutz der Entwurf der Allgemeinverfügung zur Feststellung der Fertigstellung erarbeitet und mit dieser die nach einer Verlängerung insgesamt etwa dreimonatige Anhörung erfolgte, findet nun seit 1. März 2023 die Auswertung der zahlreich eingegangenen Stellungnahmen statt. Diese beinhaltet insbesondere eine komplexe fachliche Bewertung und sorgfältige Abwägung zwischen den zu schützenden Belangen und den verschiedenen Nutzungsinteressen.“

Und dass es unbegrenzte Motorbootzulassung geben wird, sei noch keineswegs sicher: „In diesem Zusammenhang sind in einem ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahren auch die Argumente aus den Stellungnahmen der Anhörung zu prüfen, die für eine Beschränkung der Schifffahrt auf Fahrgastschifffahrt, nichtmotorangetriebenen und motorangetriebenen Sportbootverkehr mit alternativer (nicht fossiler) Antriebstechnologie sprechen. Es ist Aufgabe des Verfahrens, alle Aspekte, wie den Arten- und Vogelschutz und den Schutz des Auwaldes, ordentlich zu würdigen.“

Gesetz ist Gesetz ist Gesetz

Aber das Umweltministerium stellt auch trocken fest, wie eng das eigene Handlungskorsett ist, wenn man es mit einmal beschlossenen Gesetzen zu tun hat.

„Die beantragte Gesetzesinitiative der Staatsregierung dahingehend, dass allein bezogen auf den Cospudener See eine Sonderregelung erfolgt, begegnet prima facie nicht unerheblichen Bedenken. Dem Antrag zufolge soll für den Cospudener See die Spalte 4 der Anlage 2 Nummer 2 SächsWG dahingehend geändert werden, dass eine Beschränkung auf Fahrgastschiffe, nichtmotorangetriebenen und motorangetriebenen Sportbootverkehr ‚mit alternativer (nicht fossiler) Antriebstechnologie‘ erfolgt.

Es ist aktuell weder erkennbar noch begründbar, warum der Cospudener See gegenüber den anderen Gewässern der Anlage 2 Nummer 2 SächsWG eine Sonderrolle einnehmen soll“, heißt es in der Stellungnahme des SMEKUL ganz so, als habe ein gesetzesverliebter Sachbearbeiter dieses Passus geschrieben.

Die Stellungnahme des SMEKUL.

Bei den „anderen Gewässern“ handelt es sich um Speicherbecken, Talsperren, Flüsse und andere Tagebauseen. Also um Gewässer, die sich durchaus unterscheiden und eigentlich zwingend auch unterschiedliche Formen der Bootsnutzung vertragen. Die „Sonderrolle“ des Cospudener Sees ist – auch durch seine teilweise Lage im Naturschutzgebiet – gegeben.

Und der nächste Passus gibt das auch zu, dass man eben nicht alle Gewässer über einen Kamm scheren kann: „Aufgrund der verschiedenen Schutzgüter und Nutzungsinteressen sind jedoch eine umfassende Prüfung und sorgfältige Abwägung mit einem Ergebnis, das auch im Gesamtkontext der verschiedenen Gewässer stimmig und nachvollziehbar ist, geboten. Davon scheint letztendlich auch die Antragstellerin auszugehen, wie aus Ziffer 3 des Antrages hervorgeht.“

Zu den „anderen Gewässern“, auf denen die Schiffbarkeit erklärt werden soll, gehören übrigens auch der Markkleeberger See, der Störmthaler See und der Zwenkauer See. Für alle sieht das Sächsische Wassergesetz „Fahrgastschifffahrt, nichtmotorangetriebenen und motorangetriebenen Sportbootverkehr“ vor. Übrigens auch für die hier als Überleiter bezeichneten Kanäle zwischen dem Störmthaler und dem Markkleeberger See (der seit 2021 komplett gesperrt ist) und dem Zwenkauer See und dem Cospudener See (dessen Planungskosten massiv gestiegen sind).

Mit dem Streit um den Cospudener See endet die Debatte also nicht, sondern wird sich mit jeder folgenden Schiffbarkeitserklärung wiederholen – es sei denn, die Landesdirektion findet eine Formel, die den Interessen der Seeanrainer tatsächlich entspricht.

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Es gibt 2 Kommentare

Hier am Störmthaler See dürfen schon jetzt Motorboote (auch einge in der Vermietung) rumkarjolen. Zwar auf 10 km/h begrenzt – aber die Polizei ist nur selten da zum überwachen. 1 Motorboot reicht, um den ganzen See zu beschallen !!! Nicht alles was möglich ist sollten wir machen. Die Motorboot-Zulassung über die Schiffbarmachung muss gestoppt werden. Nicht nur für den Cossi (wg seiner NAturschutzgebiete drumrum), denn die anderen Seen haben keine NAturschutz Ansprüche

Bin auch gegen Motorboote auf dem Cossi. Es gibt viele objektive Argumente dafür. Warum muss hier wieder das Narrativ des Klimawandels herhalten. Erinnert mich schon an die DDR. Hier wurde für jedes stoisch umzusetzende Ziel der Kampf für den Frieden bemüht.

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