Am 1. April dieses Jahres – und das ist diesmal kein Aprilscherz – tritt für den Flughafen Leipzig/Halle eine neue Entgeltordnung für Landeentgelte in Kraft. Die Entgeltordnung wurde dem Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) vorgelegt und von diesem genehmigt, teilte die Mitteldeutsche Flughafen AG am Dienstag, dem 28. März, mit. Für laute Flugzeuge wird’s etwas teurer. Aber wirklich wirksam werden die Tarife wohl nicht sein, kritisieren die Grünen.

„Die neue Landeentgeltstruktur berücksichtigt gestaffelt das Abfluggewicht des jeweiligen Flugzeugmusters, die Schallemissionen sowie einen Nachtzuschlag für Flüge im Zeitraum von 22:00 bis 05:59 Uhr“, beschrieb die Flughafen AG das neue Entgelt-Konzept.

In dem ist dann auch endlich der seit Jahren geforderte Nachtzuschlag enthalten. Denn die größte Lärmbelastung erzeugen die nächtlichen Frachtflüge mit zum Teil uralten Maschinen.

„Mit der Einführung eines Nachtzuschlags als zusätzliche Komponente erhöhen sich die Entgelte für den Einsatz von lauteren Flugzeugmustern deutlich. Die Staffelung bedeutet, in Abhängigkeit von den jeweiligen Schallemissionen, eine Erhöhung von 50 bis zu 369 Prozent“, teilte die Flughafen AG mit.

„Der Einsatz von modernen und damit emissionsärmeren Flugzeugen, wie dem Airbus A220 oder A320neo, wird um vier bzw. zwei Prozent günstiger. Diese Flugzeugtypen werden im Passagierverkehr eingesetzt, der am Flughafen Leipzig/Halle auf den Zeitraum von 05:30 Uhr bis 23:30 Uhr beschränkt ist.“

Wirken die Nachtzuschläge?

Man hofft zumindest auf eine gewisse Lenkungsfunktion: „Die neue Landeentgeltstruktur setzt einen Anreiz für Airlines, Flüge, wenn möglich, am Tag durchzuführen sowie modernere und damit leisere Flugzeuge zu betreiben.“

Landeentgelte dienen dazu, die Infrastruktur eines Flughafens zu unterhalten, sie sind zweckgebunden und nicht frei gestaltbar. Die Zweckbestimmung ist in § 19b Luftverkehrsgesetz (LuftVG) geregelt. Die letzte Überarbeitung der Landeentgelte der MFAG war im Jahr 2019 erfolgt. 2021 kündigte das Unternehmen eine Überarbeitung der Entgelte für den Flughafen Leipzig/Halle an. Daraufhin wurde ein neues Modell entwickelt, das dem Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) 2022 zur Genehmigung vorgelegt wurde.

Nach Einschätzung des sächsischen Fluglärmschutzbeauftragten Jörg Puchmüller sind die neuen Entgelte ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Zusätzlich zu den wie bisher erhobenen gewichtsbezogenen Entgelten werden gestaffelte Lärmzuschläge mit 13 Lärmklassen eingeführt. Die Einstufung erfolgt dabei auf Basis des für jedes Flugzeug individuellen Lärmzertifikates.

„Dies ist zu begrüßen, denn so wird eine hohe Individualisierung der Einstufung erreicht. Hinzu kommen je nach Lärmklasse 25 bis 300 Prozent hohe Nachtzuschläge: je lauter die Maschine, desto höher der Zuschlag. So steigen beispielsweise die Gebühren für eine Antonov 124 in der Nacht um 145 Prozent, für eine IL 76 TD um 369 Prozent und für eine Boeing 747–400 um 50 Prozent. Die Betreiber moderner und leiserer Flugzeuge, wie der Airbusse 220 oder 320 neo, zahlen im Gegenzug weniger Gebühren als bisher“, so Puchmüller.

Im direkten Umfeld des Flughafens könne damit eine größere Akzeptanz bei den Anrainern erreicht werden. Für die häufig für Beschwerden sorgenden, besonderes lauten Maschinen seien nun deutlich höhere Gebühren in der Nacht zu zahlen als bisher. Dies setze Anreize für die Fluggesellschaften, diese Flüge eher am Tage durchzuführen.

Grüne bezweifeln die Wirksamkeit

Doch Gerhard Liebscher, verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, bezweifelt, dass diese kosmetische Korrektur genügt und den Flughafen Leipzig/Halle tatsächlich leiser macht.

„Die Überarbeitung der Entgeltordnung des Flughafens Leipzig/Halle war lange überfällig. Leider bleiben die neuen Tarife hinter unseren Erwartungen zurück“, sagt Liebscher.

„Wir Bündnisgrünen sehen in der Einführung von Lärm- und Nachtzuschlägen zwar eine Verbesserung des Lärm- und Gesundheitsschutzes und begrüßen es, dass besonders laute Maschinen ab 1. April deutlich höhere Lärmentgelte zahlen müssen und in der Nacht ein bis zu 300-prozentiger Lärmaufschlag gilt. Im Sinne der Anwohnerinnen und Anwohner wären jedoch grundsätzliche Lärm- und Nachtzuschläge für alle Flugzeugklassen und deutlich höhere Lärm- und Nachtzuschläge für Flugzeuge mit hohen Lärmwerten (ab 91 Dezibel) angebracht.“

Nach der neuen Entgeltordnung sind für ihn die Starts und Landungen in den meisten oberen Lärmklassen (zwischen 91 und 103,99 Dezibel), insbesondere in der Nacht und im Vergleich zu anderen Flughäfen wie Frankfurt Main, nach wie vor deutlich zu billig.

„Flugzeuge mit Lärmwerten bis 79,99 Dezibel erhalten weder einen Lärm- noch einen Nachtzuschlag, obwohl deren Lärmemissionen, vor allem in der Nacht, ebenso gesundheitsrelevant sind“, stellt Liebscher fest. „Hier wurde die Chance vergeben, den Gesundheitsschutz durch eine noch deutlichere und frühere Spreizung der Lärm- und Nachtzuschläge maßgeblich zu verbessern.“

Und Daniel Gerber, klimapolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, macht noch auf eine andere Fehlstelle aufmerksam: „Leider hat die Mitteldeutsche Flughafen AG ihre Möglichkeiten, die Start- und Landeentgelte auch nach Schadstoffemissionen zu staffeln, nicht wahrgenommen. Damit gibt sie ein wichtiges Anreizsystem aus der Hand, um den Gesundheitsschutz am Flughafen Leipzig/Halle zu stärken und den Einsatz von Flugzeugen mit weniger Schadstoffemissionen, wie NOX oder Kohlenwasserstoffverbindungen, zu fördern.“

Sein trockenes Fazit zu diesem neuen Kompromiss zwischen Flughafen AG und Wirtschaftsministerium: „Mit der neuen Entgeltordnung wird die Chance auf Vertrauensbildung zwischen Flughafen und Fluglärmbetroffenen verpasst.“

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