Ja, Sie sehen richtig, da sitzt der Autor vor etwa 40 Jahren in einem Motorboot. Es war ein Delphin 110 Typ 1, Baujahr 1965, mit dem Außenbordmotor Forelle 6 und das Ganze spielte sich an der Havel bei Potsdam ab. Nachdem ich einige Jahre mit einem geliehenen Paddelboot unterwegs war, reaktivierte ich 1973 das alte Motorboot meiner Eltern und war damit an Wochenenden und im Urlaub auf der Havel unterwegs. Das nur zur Einstimmung, ich habe prinzipiell nichts gegen Motorboote.
Warum damals der Umstieg auf das Motorboot? Zum einen war es bequemer, paddeln auf der Havel gegen die Strömung war anstrengend. Andererseits war es ein Stück Freiheit in der Enge der DDR. Ich konnte auf dem Boot übernachten, mit Luftmatratze und Schlafsack und ich erreichte, im Rahmen des Möglichen, weiter entfernte Ziele in kürzerer Zeit. Man bedenke, es handelte sich um Wochenenden und den in der DDR knapp bemessenen Urlaub.
So zog ich also mit dem Boot, von Potsdam aus, an Wochenenden über die Havelseen, wo es keinen FKK-Strand gab, gab es immer Boots-FKK auf einer Sandbank, in der Umgebung. Im Urlaub ging es dann die Havel abwärts, vorbei an Brandenburg, durch die Schleuse Bahnitz, ins Milower-Land und bis Havelberg. Dank des Motors kam ich auch problemlos zurück. Antriebsalternativen, wie Elektromotor, gab es nicht – vielleicht hätte ich es mir überlegt, aber das kann ich natürlich heute nicht sagen. 1987, noch vor dem Ende der DDR, war das Boot nicht mehr reparabel und die Zeit des Motor-Wasserwanderns endete für mich.
Es gab damals, im Vergleich zu heute, wenige Motorboote. Einige verwendeten diese zum Wasserskifahren, manche fuhren auch nur mal raus, um ihren 50 PS Wartburg-Einbaumotor oder sogar einen Mercury-Außenborder richtig aufzudrehen. Die meisten, die ich kennenlernte, hatten aber ähnliche Ambitionen wie ich.
Ich war in den letzten Jahren mehrmals im Havelland und musste feststellen, dass die Zahl der Boote aller Größenklassen enorm angestiegen ist. Fast schon witzig ist, dass viele von diesen nur selten und kurze Strecken unterwegs sind. Teilweise kann man sogar Menschen beobachten, die in die Marina fahren, ihr Boot abdecken, um dann Kaffee trinkend in der Sonne zu sitzen und abends wieder abzufahren. Das Motorboot bis hin zur Yacht ist ein Statussymbol geworden und verstopft die Fluss- und Seeufer.
Jetzt zum Cossi: Was soll man mit einem Motorboot dort anfangen?
Auf dem Wasserweg ist der See nicht erreichbar, das bedeutet, man muss das Boot per Straße dorthin bringen und zu Wasser lassen. Anlegen darf man wahrscheinlich nur in einer Marina, es werden im Falle der Zulassung wohl einige gebaut werden. Wenn man das Boot dort hat, kann man nichts anderes machen, als Runden auf dem See zu drehen. Manchem mag es gefallen, wenn er sein schickes und teures Boot präsentieren kann, aber wozu?
Ich gehe davon aus, dass am Ufer nicht einfach angelegt werden darf, das Ankern ist, wenn überhaupt erlaubt, bei einer mittleren Wassertiefe von 25 Metern für die Sportbootkapitäne eine eher theoretische Übung. Also rausfahren, Runden drehen und wieder ab in die Marina. Nochmal: Wozu das Ganze?
Natürlich gibt es wirtschaftliche Aspekte des motorisierten Wassertourismus, es würden Marinas entstehen, die Besitzer von Motorbooten würden für Liegeplätze und Service bezahlen, also anders als diese frechen Touris, die einfach mit Fahrrad, ÖPNV oder Auto kommen und sich ihre Verpflegung mitbringen. Die lassen ja kein Geld da.
Rechtfertigt das nun die Zulassung vom Motorbooten auf dem Cossi?
Ich meine nein und deshalb habe ich auch die Petition des Ökolöwen unterschrieben. Dort steht alles zum Naturschutz drin, ich wollte hier einen anderen Aspekt beleuchten.
Der Beitrag entstand im Rahmen der Workshopreihe „Bürgerjournalismus als Sächsische Beteiligungsoption“ – gefördert durch die FRL Bürgerbeteiligung des Freistaates Sachsen.
Es gibt 6 Kommentare
Bei so vielen Anknüpfungspunkten komme ich um eine Meinung nicht herum. Auch ich habe die von Thomas beschriebenen Havelseen geliebt; habe die ganzen Ferien und viele WE in Werder/H. auf dem Wasser verbracht. Segeln im Delphin der Familie, Paddeln und Segeln im vom Jugendweihgeld gekauften “Kolibri”, und später dann auch mal mit Thümmler gemächlich bis Potsdam oder Ketzin. Mein Faible fürs Wasser setzte sich ab 2000 fort mit einer Jolle (ohne Motor!) und Surfen auf dem Cossi, sowie der Errichtung der Sauna im See.
Als mir 2009 als Betreiber dieser Sauna 3 Tage vor der Beschlussfassung das Hotel- und Golfplatzprojekt von “Unister” zugespielt wurde, brachte ich es über die Zeitung gerade noch rechtzeitig an die Öffentlichkeit, und mit einer zu diesem Zweck gegründeten BI unter Leitung von Monika H. und anderen ebenfalls sehr engagierten Mitstreitern letztendlich zu Fall. Diese BI wurde dann wieder aktiv(iert), als die Motorbootdiskussion aufkam. Stets hart in der Sache, zeichnete uns aber auch immer eine große Sachlichkeit gegenüber Stadt, OBM und Behörden aus, sodass wir trotz teils sehr gegenteiliger Auffassungen anerkannte Gesprächspartner in strittigen, aber von gegenseitigem Respekt getragenen Diskussionsrunden beim OBM und der Landesdirektion waren. Ich denke, dass das heute oft zu vermissende gegenseitige Zuhören, unsere Sachlichkeit und Korrektheit in den Diskussionen wesentlich zu unseren Erfolgen beigetragen hatte.
Ich befürchte allerdings, dass aus der Rechtslage heraus das Thema aktuell wohl “durch” ist. Ich sehe es wie der Autor, dieses Rumschippern macht insbesondere in der gegenwärtigen und sicher noch lange bestehenden bleibenden “Single-See”-Situation absolut keinen Sinn. Die konzeptionelle Idee für eine Motorbootzulassunng stammt ja noch aus einer Zeit, wo der Seenverbund mit dem Zwenkauer auf der TO stand. Es kann sein, das weiß ich aber nicht mehr genau, dass damals auch der Floßgraben mit für eine Motorbootzulassung angedacht war.
Wenn es noch eine Chance geben sollte, diese beschlossene Sache doch noch zu kippen, bietet m.E. der an der Schleuse zum Zwenkauer gescheiterte Seenverbund, sowie der hohe Schutzgrad des Floßgrabens die einzige Chance, die Inkraftsetzung doch noch mittels einer “Vernunftstrategie” zu verhindern.
“Wenn man das Boot dort hat, kann man nichts anderes machen, als Runden auf dem See zu drehen. Manchem mag es gefallen, wenn er sein schickes und teures Boot präsentieren kann, aber wozu?”
Da frage ich mich, was die ganzen Segler so mit ihren Booten tun, die am Pier 1 liegen. Und was wäre, wenn das Boot lediglich günstig und selbst gebaut wäre, dafür aber unheimlich laut wäre: protzen unmöglich, daher ok?
Wenn Sie mit Ihrem Artikel den Sinnhaftigkeitsaspekt beleuchten wollten, geht er möglicherweise nicht weit genug, denn es gibt bereits jede Menge Boote, sicher auch nicht nur günstige, die dort “im Kreis” fahren.
Oder die Frage erledigt sich von selbst durch die Universalbegründung Hedonismus: weil es schön ist!
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Ich brauche auf dem Cossi auch keine Motorboote. Das kleine Idyll, wie ich es 2007 kennengelernt habe, ist es aber lange nicht mehr. Ich brauche auch keine Grinseln mit Partypeople drauf oder lärmende Bluetooth – Boxen am Strand. Auch kein so genanntes Think-Festival oder ausufernde Gastro mit Mobiliar im Strandbereich, dort wo man von der Kirche kommt. Dass das genehmigt werden konnte ist mir unklar.
Aber gut, die Motorboote aah Metallklumpen machen das Kraut nun für einige zu fett.
Die sogenannten Motor”boote” sind übrigens lediglich Metallklumpen: da ist von einem Bootskörper nichts zu erkennen. Daher müssen die Motoren auch vollkommen übertriebene Größen haben, um diese unförmigen Klötze durch das Wasser zu drücken. Die entstehenden Wellen sind für Schwimmer und Paddler gefährlich und zerstören das Ufer.
@fra Sie haben natürlich recht, es gab in der DDR Elektromotoren, sogar sehr gute. Es gab aber im Handel nur einen Außenbord-Bootsmotor, die Libelle, der für den Delphin unterdimensioniert war. Einen spritzwassergeschützten Eigenbau zu basteln, dazu war ich nicht in der Lage.
Wozu das ? Gute Frage. Meine Erfahrung mit Motorboot-Fahrern ähnelt der auf der Straße: Ego, Freiheit, Narzismus. Es wird eng auf usnerem Planeten – nicht alles was möglich ist muss man tun !!!
Als erstes einmal bin ich auch für ein Verbot von Motorbooten auf dem Cossi. Das mal voran, die Aussage das es zu DDR Zeit keine E-Motoren gab, will ich hier nicht so stehen lassen. Die VEM war führend im Bereich der E-Motoren und auch den normalen Bürger war es möglich einen passenden zu erwerben. Natürlich nicht wie heut im Internet oder beim Diskounter. Man musste sich schon mal kundig machen. Das war in jeder guten Bibliothek möglich, oder auf der Leipziger Messe. Da konnte man auch alles erfahren um einen oder 2 12SAM28 Batterien zu erwerben. Damit war die mehrstündige Fahrt gesichert.