Die Sache um die Zukunft des bedrohten Biotops am Holzberg ist nicht ausgestanden. Das macht das Herumgeeier des Sächsischen Oberbergamtes deutlich, das in einer Antwort der Landesregierung an die Abgeordnete der Linksfraktion im Landtag, Antonia Mertsching, sichtbar wird. Denn ein Sonderbetrieb ist aus Sicht der Behörde immer noch möglich.
Seit 2018 hat der ehemalige Steinbruch nämlich keinen gültigen Rahmen- oder Hauptbetriebsplan mehr. Damit müsste aus Sicht vom Antonia Mertsching eigentlich jede bergbauliche Tätigkeit hier beendet sein. Aber so sieht es das Sächsische Oberbergbamt überhaupt nicht.
Was kümmert ein erloschener Hauptbetriebsplan, wenn man einfach einen Sonderbetriebsplan weiterlaufen lassen kann?
„Die unbefristete Zulassung des Sonderbetriebsplans 1997 stellt einen begünstigenden Verwaltungsakt dar, der im Falle einer nachträglichen Rechtswidrigkeit unter Beachtung von Vertrauensschutzgesichtspunkten und ggf. unter Festsetzung einer Entschädigung widerrufen werden kann“, erklärt die Landesregierung in der Antwort an Mertsching.
„Kann ein möglicher Widerrufsgrund auf andere Weise beseitigt werden, scheidet ein Widerruf aus. Das BBergG sieht nicht vor, dass ein Sonderbetriebsplan seine Gestattungswirkung verliert, wenn der korrespondierende Hauptbetriebsplan unwirksam wird. Mit der Übertragung des Restlochs Holzberg auf den jetzigen Bergbauunternehmer entfiel zwar die Wirkung des Hauptbetriebsplans für das Restloch Holzberg, das bis dahin als Betriebsteil des Steinbruchs Frauenberg der Firma Basalt AG geführt wurde.“
Abschlussbetriebsplan kann Verkippung wieder in Gang bringen
Und da wird es jetzt spannend, denn aus Sicht des Oberbergamtes ist die Zulassung von Bauschuttverkippung hier durchaus wieder möglich: „Für die Wiederaufnahme des Vollzuges des Sonderbetriebsplanes ‚Verkippung‘ ist deshalb die Aufstellung und Zulassung eines Abschlussbetriebsplans für den Steinbruch Holzberg erforderlich. Mit dieser Zulassung erfolgt eine abschließende Entscheidung zu Art und Umfang der Wiedernutzbarmachung der bergbaulich in Anspruch genommen Oberfläche. Soweit durch den Abschlussbetriebsplan eine Verfüllung nicht vollständig ausgeschlossen wird, kann der Sonderbetriebsplan wieder umgesetzt werden.“
Diese Sondergenehmigung zum Verkippen nutzte auch der vorige Besitzer des Steinbruchs und hat sie in den Jahren 2003 bis 2007 auch angewendet, wie die Landesregierung bestätigt: „Die Verfüllung war grundsätzlich genehmigt. Die Zulassung des Sonderbetriebsplans beinhaltet die Verbringung von Abraum aus bergrechtlich zugelassenen Tagebauen der Fa. Sächsische Quarzporphyrwerke (SQW) sowie von bergbaufremdem, nicht kontaminiertem Bodenaushub einschließlich einer Drainageschicht aus ‚gut durchlässigem Material‘.
Entsprechend der damals üblichen Praxis ist davon auszugehen, dass diese Schicht auch durch Bauschutt hergestellt wurde. Die Abfallverwertung wurde überwacht durch das damalige Bergamt in Zusammenarbeit mit dem damaligen Regierungspräsidium Leipzig. Dem Oberbergamt als auch der Landesdirektion Sachsen liegen hinsichtlich der Herkunft der abgelagerten Massen und der anliefernden Unternehmen weder die erbetenen Dokumente noch anderweitige Informationen vor; diese waren Teil des Geschäftsbetriebs des Bergbauunternehmers SQW.“
Überschrittene Geringfügigkeitsschwellen
Eine Aussage, die schon verblüfft, denn gleichzeitig teilt die Landesregierung mit: „Aus der Stellungnahme des Umweltfachbereiches des Regierungspräsidiums Leipzig zu den jährlichen Wasseranalysen der Jahre 2004 und 2005 geht hervor, dass bei einigen Parametern die Grundwasser-Geringfügigkeitsschwellen teilweise überstiegen waren. Genannt werden Sulfat, Arsen, Quecksilber und Zink. Dies wurde als Hinweis gesehen, dass bisher eingebrachte Materialien hinsichtlich einer Grundwasserbeeinflussung nicht als unbedenklich gesehen wurden. Eine Verbindung des Wassers im Restloch mit dem Grundwasser der Umgebung besteht laut hydrologischem Gutachten von 1985 nicht.“
Hier wurde also etwas verkippt, was eigentlich nicht hierher gehört hätte. Und dann wird es ganz skurril, wenn die Landesregierung mitteilt: „Die stichprobenartige Prüfung von Lieferscheinen, Probennahmen und Analysen erfolgte durch den damaligen Umweltfachbereich des Regierungspräsidiums Leipzig, ggf. zusammen mit dem Oberbergamt, in der Regel vor Ort im Betrieb und in dessen Geschäfts räumen (letztmalig am 23. September 2005). Lieferscheine und Analysenergebnisse sind somit beim Unternehmer verblieben.“
Da prüfen also gleich zwei Landesbehörden, behalten aber die Prüfergebnisse nicht in ihren Unterlagen.
Kein Vorkaufsrecht für die Kommune
Da dürften auch die Thallwitzer staunen, denen die Landesregierung nun attestiert, dass sie niemals ein Vorkaufsrecht für den ehemaligen auf Gemeindegebiet liegenden Steinbruch hatten.
„Der Gemeinde Thallwitz stand kein Vorkaufsrecht beim Verkauf der Grundstücke am Holzberg zu, da die Voraussetzungen gemäß § 24 Absatz 1 des Baugesetzbuchs nicht vorlagen. Auch eine Vorkaufsrechtssatzung der Gemeinde nach § 25 des Baugesetzbuchs liegt nicht vor“, erklärt die Landesregierung.
„Da eine Befassung des Gemeinderates nur erfolgt, wenn ein Vorkaufsrecht besteht und die Gemeinde zu entscheiden hat, ob ein solches ausgeübt wird, war der Verkauf der Grundstücke am Holzberg nicht Gegenstand im Gemeinderat. Deshalb beschränkte sich der involvierte Personenkreis auf die mit dem Vorgang Beschäftigten in der Gemeindeverwaltung.“
Im Baugesetzbuch kann natürlich jeder nachlesen und merkt schnell, dass hier der Spielraum für Kommunen, überhaupt ein Vorkaufsrecht auszuüben, massiv eingeschränkt wurde, etwas, was auch die Großstadt Leipzig ja schon mehrfach erfahren hat. Aber für Naturschutzbelange gibt es überhaupt kein Vorkaufsrecht.
Und so ist nun völlig offen, ob der jetzige Eigentümer des Holzbergs, die Firma KAFRIL, vom Oberbergamt doch noch die Genehmigung zum Verfüllen bekommt, weil das Oberbergamt hier schlicht die Fortsetzung des Sonderbetriebsplans sieht. Oder ob der Landkreis Leipzig sein Veto einlegt, weil KAFRIL keine Befreiung nach dem Bundesnaturschutzgesetz bekommen kann.
Denn auch wenn der Holzberg noch kein offiziell geschütztes Landschaftsstück ist, haben sich hier in den Zeiten des Nichtbetriebs so viele geschützte Arten angesiedelt, dass es schwierig sein dürfte, ihren Schutzstatus aufzuheben.
Aber die Antwort an Mertsching klingt auch so, als wäre das in Sachsen kein Ding der Unmöglichkeit.
Es gibt 2 Kommentare
Über diese Gemengelage kann ein Normalbürger nur den Kopf schütteln und blickt nicht durch, was im bundesdeutschen Bergrecht alles so möglich ist. Gut wäre es, wenn auch andere Medien die Mitmenschen über so viel Wirtschaftshörigkeit aufklären würden. Das haben wir nun auch noch dem Einigungsvertrag zu verdanken.
LIeber Herr Juhnke, danke für die detaillierte Darstellung der in sich so verzwickten Sachlage. Der gesunde Menschenverstand sagt einem mündigen Bürger eigentlich: DAS KANN DOCH NICHT WAHR SEIN. Umso dringend notwendig ist, das LR Henry Graichen und MP Michael Kretschmer nun jeweils für Ihr Amt Position beziehen. Gesprächsrunden mti empathisch zuhörenden Verantwortungsträgern hatten wir ja schon zur genüge. Es ist Zeit für Taten im Sinne der Rettung des Holzbergs für die dort lebenden bedrohten Arten….und für uns als Menschheit