Es ist still geworden um den Zwenkauer See und seine zukünftige Nutzung, seit die Leipziger Stadtverwaltung 2015 vollmundig ihre Masterplanung zur Seeentwicklung vorgelegt hat. Natürlich wurde davon nichts umgesetzt. Aber es ist ein schöner Kosthappen für die AfD-Fraktion im Leipziger Stadtrat, die jetzt mit Anträgen so tun kann, als kümmere sie sich um steckengebliebene Projekte. Obwohl der Masterplan auch 2015 nichts als ein Luftschloss war, das die alten Tourismus-Träume aus dem WTNK noch einmal schön mit Bildern untersetzt hat.
Das Wassertouristische Nutzungskonzept (WTNK) bzw. dessen Fortschreibung ist mittlerweile in der Versenkung verschwunden. Die beteiligten Ämter kommen nicht weiter damit, weil sie es in ihrer Selbstgefälligkeit tatsächlich geschafft haben, sämtliche Umwelt- und Naturschutzverbände vom Runden Tisch zu vergraulen.Die natürlich – in Zeiten von Klimawandel, Artenverlusten und zunehmenden Extremwetterereignissen – darauf beharrten, dass der Naturschutz im WTNK endlich die Hauptrolle spielen muss und all die technischen Eingriffe in Natur- und Gewässerhaushalt aufhören.
Und eigentlich war das auch am Zwenkauer See klar – endgültig im Jahr 2013, als die LMBV gerade das wichtige Überlaufbauwerk von der Weißen Elster zum Zwenkauer See fertig hatte und der See kurzfristig über 20 Millionen Kubikmeter des Hochwassers aufnehmen konnte.
Damit wurde Leipzig tatsächlich geschützt. Und damit war auch klar, dass die alten Pläne für den sogenannten Harthkanal so nicht umsetzbar waren. Eine Botschaft, die sich in die Steuerungsgruppe Leipziger Neuseenland noch immer nicht wirklich durchgesprochen hat.
Jedenfalls tut Leipzigs Umweltdezernat noch immer so, als könnte man am Zwenkauer See einfach so weiterplanen. Irgendwann wird ja die LMBV den Harthkanal bauen, oder etwa nicht?
Weiter auf den alten Pfaden
„Der Bau des Harthkanals wird mit Mitteln des Bundes und des Landes finanziert“, kommentiert das Umweltdezernat den Antrag der AfD-Fraktion. „Die vorgesehenen Finanzmittel wurden aktuell pandemiebedingt eingekürzt. Die LMBV mbH baut den Harthkanal. Die spätere Übernahme der wassertouristischen Anlagen durch die Kommunen ist gesichert. Es besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen dem ZV und den Fachämtern der Stadt Leipzig zur planerischen Ausgestaltung der Brücken- und wassertouristischen Anlagen.“
Mit ZV ist der Zweckverband Neue Harth gemeint, in dem Leipzig (dem das Nordufer gehört) und Zwenkau zusammenarbeiten. Aber über die 2018 von der Landesdirektion ausgereichte Baugenehmigung für die Schlitzwand für das Hochwasserschutztor und die Baugrube für das künftige Schleusenbauwerk ist das Projekt noch nicht hinausgekommen.
Für den Rest des Bauwerks, also den eigentlichen Kanal, dessen kalkulierte Kosten von vormals 10 Millionen Euro inzwischen auf 80 Millionen Euro angestiegen sind, gibt es noch keine Baugenehmigung.
„Die eigentliche wasserrechtliche Plangenehmigung steht noch aus. Das Genehmigungsverfahren gestaltete sich komplizierter und langwieriger als zunächst von der LMBV sowie der LDS eingeschätzt. Dies hat seine Ursache in der Vielzahl der zu berücksichtigenden Interessen, unter anderem im Bereich des Naturschutzes, aber auch im anspruchsvollen Baugrund“, hatte die Landesdirektion vor drei Jahren festgestellt.
Der Harthkanal ist längst eines jener Projekte im Neuseenland, an denen sichtbar wird, dass man auf dem durchaus komplizierten alten Schüttgrund der Bergbaufolgelandschaft nicht einfach Kanäle von See zu See bauen kann. Die Vorfälle am Störmthaler Kanal haben zur Genüge gezeigt, was passiert, wenn man die Unsicherheit des Geländes und der Laufwege des Sickerwassers nicht mit einkalkuliert.
Auf längere Zeit wird jetzt jedenfalls kein Schiff mehr vom Markkleeberger zum Störmthaler See fahren. Und mit einer Vollendung des inzwischen wesentlich größer und aufwendiger geplanten Harthkanals ist vor Ende des Jahrzehnts auch nicht zu rechnen.
Womit der Zwenkauer See eben noch nicht die Hochwasserschutzfunktion erfüllt, die er eigentlich ausfüllen soll. Und vorher ist auch an eine touristische Seenutzung nicht zu denken.
Zweckverband will weiterplanen
Aber während andere Ämter der Stadt über den Mangel an Planungspersonal klagen, hat man im Umweltdezernat augenscheinlich jede Menge freie Kapazitäten.
„Der Beschluss zur Weiterführung des Bebauungsplanes ‚Neue Harth-Süd‘ für das Nordufer des Zwenkauer Sees wurde in der Verbandsversammlung des ZV vom 21.06.2021 auch mit den Stimmen Leipziger Verbandsräte mit Beschluss Nr. 50/003/2021 gefasst“, teilt das Dezernat mit. „Im Zuge des Bebauungsplanverfahrens werden die städtischen Fachämter beteiligt und es wird auf deren Expertise zurückgegriffen.“
Und auch den Bau eines Wander- und Rundweges will man in Angriff nehmen, auch wenn es ohne fertigen Kanalbau keinen wirklichen Rundweg geben wird: „Für die Wege rund um den Zwenkauer See wurden Fördermittel gem. § 4 VA BKS eingeworben und bewilligt. Den Eigenanteil finanziert der ZV aus seinem Haushalt. Im Zuge der Planung und Realisierung stimmt sich der ZV mit den betroffenen Fachämtern der Stadt ab.“
Auf Jahre keine Schiffbarkeitserklärung
Dass der Harthkanal aber bestimmt, was am Zwenkauer See wann passieren kann, wird deutlich, wenn das Umweltdezernat zur geforderten Schiffbarkeitserklärung für den Zwenkauer See Stellung nimmt: „Die Schiffbarkeitserklärung des Zwenkauer Sees verzögert sich aus verschiedenen Gründen seit vielen Jahren. Nach aktuellen Informationen der federführenden Landesdirektion Sachsen ruht das Verfahren derzeit, da weiterhin die Zustimmung der LMBV mbH als Grundstückseigentümerin fehlt.“
Und die LMBV zögert, wie die Stadt jetzt feststellt, ja aus gutem Grund: „Das Thema Nutzungsvertrag zwischen der Stadt Leipzig und der LMBV mbH bzgl. des Zwenkauer Sees wurde bereits vor einigen Jahren intensiv durch die Beteiligten diskutiert. In den durch die LMBV mbH vorgelegten Vertragsentwürfen ging es insbesondere darum, dass die Stadt Leipzig die Haftung für Dritte übernehmen soll.“
„Die LMBV mbH soll von jeglichen Schäden (außer bergbaubedingten Schäden) freigestellt werden. Nach eingehender juristischer Prüfung wurde seitens der Stadt Leipzig herausgearbeitet, dass hauptsächlich wegen der Haftungsfrage keine Unterzeichnung durch die Stadt Leipzig erfolgt. Eine Rücksprache mit dem Versicherer KSA ergab, dass eine Versicherung für einen solchen Fall mit einer angepassten, verträglichen Sicherheitssumme nicht angeboten werden kann.“
Und deshalb macht es auch keinen Sinn, irgendeine der 2015 aufgemalten Nutzungen am Nordufer des Sees zu bauen. Und auch private Investoren würden ein nicht planbares Risiko eingehen, wenn sie jetzt schon am Nordufer beginnen würden, irgendetwas zu bauen.
Und ohne private Investoren passiert hier nichts, stellt das Umweltdezernat fest: „Die Entwicklung des Nordufers auf Grundlage des Masterplanes Neue Harth 2015 bedarf in großen Teilen privater Investitionen und ergänzender öffentlicher Förderung – insbesondere für die notwendige Erschließung. Eine konkrete Antragstellung von Fördermitteln setzt jedoch auch konkrete Ansiedlungsvorhaben voraus, die es bis dato noch nicht gibt. Zum jetzigen Zeitpunkt sind Gespräche mit dem Freistaat nicht angezeigt.“
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Es gibt 4 Kommentare
@cx, war die Rutschung nicht erst dieses Jahr? Also 2021? Oder gab es auch 1994 schon eine?
@Christian: bei Hochwasser gehört das Wasser sowieso in die Auen entlang der Flüsse und dort kann das Wasser dann Natur wie Mensch Gutes tun (Stichwort Artenvielfalt, Grundwasser, Klima).
Den Überlauf hatte ich gar nicht mehr auf dem Schirm. Stimmt.
Der Harthkanal würde im Übrigen auch Probleme mit dem Einbringen von saurem Wasser in den Cospudener See bringen.
@Ralf Julke:
Ich habe jetzt nicht verstanden, wozu der Harthkanal im Falle eines Hochwassers benötigt wird? Dafür ist doch der Überlauf zum Elsterkanal vorhanden?
Und den Zusammenhang der touristischen Nutzung des Nordufers, wie er bereits in der OSM eingemalt ist, mit dem Harthkanal , wo soll dieser denn liegen? Der Endpegel des Zwenkauer Sees muss natürlich fix sein, sonst bekommen die am geplanten Camping nasse Füße – aber das stellt doch der Überlauf sicher. In den Cossi darf ja im Flutfalle auch nichts abgeleitet werden, das wäre ja fatal.
Oder habe ich das falsch verstanden?
Davon abgesehen ist es ganz praktisch gesehen in dieser Wüstenei dort am Nordufer ja so, dass es einen sehr gut benutzten Rundweg gibt, viele Freizeitsportler (Windsurfer, Radler) und Hundehalter dort ganz glücklich über die Ruhe und Einsamkeit mit Kiesgrubencharme sind.
Die geplante touristische Nutzung ebenso wie der Harthkanal an sich sind überflüssiger überflüssiges Nice-to-have auf einem sehr fragwürdigen Baugrund. Ich erinnere mich noch an die massive Rutschung 1994 (?).
Einfach so lassen, wie es ist.
Vermutlich die naturverträglichste Variante und hält die Übernutzung fern.
Nur die Frage bleibt offen, was beim nächsten Hochwasser passiert. Wird der See dann überfüllt und muss langsam abdunsten?