In diesem Jahr kam der Frühling erst spät im Holzbergbiotop an. Noch bis weit in den März hinein war die Flachwasserzone von Eis bedeckt und es regte sich nur wenig Leben im Schilf. Mancher mag das als Sinnbild für die frostigen Beziehungen angesehen haben, die den Holzbergkonflikt in der Vergangenheit leider viel zu oft bestimmt haben. Doch in diesem Frühjahr scheint manches anders zu sein und es regt sich Hoffnung auf eine einvernehmliche Lösung zwischen allen Beteiligten.
Dem Förderprojekt liegt der Schutz und die weitere Ausgestaltung des Biotopverbundes Holzberg und Köppelscher Berg zugrunde. Unter der Voraussetzung, dass die beantragten Fördermittel bewilligt werden, wird die DAV-Sektion Leipzig in der Lage sein, der Firma KAFRIL ein faires Kaufangebot nicht nur für den Holzberg, sondern für einen geschlossenen Naturraum in einer Größe von ca. 50 ha zu unterbreiten.
Das Gelände umfasst die ehemaligen Steinbrüche Holzberg und Köppelscher Berg in der zur Gemeinde Thallwitz gehörenden Ortschaft Böhlitz. Für den Arten- und Biotopschutz wäre die Umsetzung dieses Projekts ein Erfolg von landesweiter Bedeutung, denn die Holzbergregion gehört zu den Gebieten mit der höchsten Artendichte im Freistaat. Durch seine Gesamtgröße und seine über Jahrzehnte außerordentlich erfolgreich verlaufene Renaturierung ohne menschliches Zutun, könnte dieser artenreiche Lebensraum zukünftig einen Platz unter den sächsischen Wildnisgebieten einnehmen und damit europäische Bedeutung erlangen.
Dabei soll die Natur- und Bergsportregion Holzberg nicht nur vielen streng geschützten Arten ein sicheres Refugium bieten, sondern sie soll den Besuchern auch besondere Naturerlebnisse ermöglichen. Das Projekt umfasst darüber hinaus die Einbindung der bergsportlichen und touristischen Nutzung der Holzbergregion in die Entwicklung eines Tourismusgebietes im Landschaftsschutzgebiet Hohburger Berge.
Die Region hat mit ihrer artenreichen intakten Natur und den spektakulären Fels-, Wald- und Wasserlandschaften alles, was es zur Entwicklung einer erfolgreichen touristischen Wirtschaftsstruktur bedarf. Durch die Bewahrung des besonders artenreichen Naturraums der Holzbergregion wird somit der Grundstein für eine erfolgreiche Regionalentwicklung auf dem Gebiet der sanften touristischen Nutzung gelegt
Konfliktlösung möglich
Eine weitere Voraussetzung für die konstruktive Lösung des Holzbergkonflikts ist der Nachweis eines geeigneten Ersatzstandortes für die ursprünglich im Holzberg geplante Verfüllung des Bodenaushubs der Firma KAFRIL. Zeitgleich zur Arbeit der DAV-Sektion Leipzig am Fördermittelantrag wandte sich deshalb die Bürgerinitiative Böhlitz im Januar 2021 mit der Bitte um Unterstützung an den Vorstand der Werhahn KG. Deren Konzerntochter ist die Basalt AG (BAG), die mehrere große Steinbergbaubetriebe im Landkreis Leipzig, u. a. in Lüptitz und Großsteinberg, betreibt.
Man muss wissen, dass die aktuell ganz real vorhandene Chance auf eine einvernehmliche Konfliktlösung nicht zufällig entstanden ist. Schon mit ihrem ersten Vorschlag für einen Ersatzstandort hatte die Bürgerinitiative Böhlitz vor zwei Jahren im Februar 2019 damit begonnen, die Geschicke der Holzbergregion in eine konstruktive Richtung zu lenken.
Diesen Vorschlag griff der zuständige Referatsleiter im Oberbergamt, Steffen Döhner, zum damaligen Zeitpunkt in seinem Schreiben an Landrat Henry Graichen vom März 2019 auf und das Sächsische Oberbergamt favorisierte somit von Anfang an den durch die Bürgerinitiative eingebrachten Weg zu einer einvernehmlichen Lösung: Wie schon in der Beratung am 11.02.2019 in Thallwitz angedeutet, sollte mit der Firma KAFRIL ein Kompromiss über einen anderen Verfüllort für ihren Bodenaushub gefunden werden, der sie auch finanziell verlustfrei stellt. Dann müsste jemand anderes den Steinbruch Holzberg übernehmen, das Ende der Bergaufsicht herbeiführen und dann die Kosten für die Wasserhaltung übernehmen.
Mit der Entstehung des Aktionsbündnisses zur Holzbergrettung, dem neben der DAV-Sektion Leipzig und der Bürgerinitiative Böhlitz weitere Naturschutz- und Bergsportverbände angehören, wurde dieser Weg dann konsequent weitergeführt. Im Ergebnis entstand auf Vorschlag von Landrat Henry Graichen der „Arbeitskreis Ersatzstandort“, dem seither auch die Firma KAFRIL angehört. Deren Eigentümer und zum damaligen Zeitpunkt auch noch aktive Geschäftsführer, Jens Karnahl, erklärte sich bereit, im Rahmen der Arbeitsgruppe an einer Ersatzstandortlösung mitzuarbeiten und eine solche im Erfolgsfall auch zu unterstützen.
Leider konnte dieser Arbeitskreis in der Folgezeit nur wenig zur Lösung des Problems beitragen, denn die Basalt AG kam der Bitte zur Zusammenarbeit zunächst nicht nach. Zur Begründung verwies man auf das Nichtvorhandensein geeigneter Standorte. Der Weg über den Vorstand der Werhahn KG war also notwendig geworden, um die regionale Geschäftsleitung der Basalt AG zur konstruktiven Zusammenarbeit zu bewegen.
Denn bei der Basalt AG liegt nicht nur das mit Abstand größte Lösungspotential, sondern sie steht auch unmittelbar in der Verantwortung, an einer konstruktiven Lösung mitzuwirken. Nachteilige Auswirkungen von erheblichem Ausmaß auf die Klimabilanz und auf die regionale Biodiversität hatten insbesondere zwei massive Eingriffe der Basalt AG in artenreiche Lebensräume.
Beide Maßnahmen betreffen Naturräume in unmittelbarer Nähe zur Holzbergregion. Mit der Bereitstellung eines Ersatzstandortes ergibt sich jetzt für die Basalt AG die Chance, sich endlich aktiv am Biotop- und Artenschutz in der Region zu beteiligen und zumindest einen Teil der erst in jüngster Vergangenheit entstandenen schweren Umweltbeeinträchtigungen wieder auszugleichen.
Ersatzstandort Steinbruch Zinkenberg
Das Aktionsbündnis zur Holzberg-Rettung ist im Sinne einer zügigen Realisierung des Projektes davon ausgegangen, dass es bei einem geeigneten Ersatzstandort nicht nur auf die allgemeine Machbarkeit, sondern vor allem auch auf die Möglichkeit einer zeitnahen Umsetzung ankommt. Im Ergebnis einer aktuellen Studie der TU Dresden erfüllt der ehemalige Steinbruch Zinkenberg diese beiden Voraussetzungen in idealer Weise. Der Zinkenberg weist noch keine fortgeschrittene Renaturierung auf und soll ohnehin mit dem Abraum verfüllt werden, der beim bereits seit 2014 geplanten Aufschluss des Großtagebaus im Frauenberg anfällt.
Drohnenbbild vom Naturkleinod am Holzberg. Foto: Bürgerinitiative BöhlitzNach Expertenmeinung besteht im Zinkenberg auch ausdrücklich die Möglichkeit, zusätzlich bergbaufremde Stoffe zur Herstellung der künftigen Geländestruktur zu verwenden. Gegenwärtig kann davon ausgegangen werden, dass man aufseiten der Werhahn KG und der Basalt AG keine Argumente mehr hat, die zur Begründung einer ablehnenden Haltung herangezogen werden könnten.
Dagegen spricht aufgrund der problematischen Umweltbilanz, die der regionale Steinbergbau in den letzten Jahren aufzuweisen hat, sehr viel dafür, dass die verantwortlichen Firmen die Bereitschaft zeigen, sich vor Ort maßgeblich im Biotop- und Artenschutz zu engagieren.
Mit der Bitte um Unterstützung bei der Umsetzung dieses Vorhabens hat sich das Aktionsbündnis zur Holzberg-Rettung zugleich auch an den Sächsischen Ministerpräsidenten, an die beteiligten Ministerien und an das Sächsische Oberbergamt gewandt. Darüber hinaus wurden viele Persönlichkeiten des Öffentlichen Lebens im Freistaat Sachsen und der Region Leipzig über den Projektantrag der DAV-Sektion Leipzig informiert.
Unter der Voraussetzung, dass dieser Projektantrag gefördert wird und mit dem Zinkenberg der geeignete Ersatzstandort für eine zeitnahe Nutzung gefunden werden konnte, steht einer einvernehmlichen Lösung zum gegenseitigen Nutzen aller Beteiligten nichts mehr im Wege.
Der Projektantrag wurde auch der Firma KAFRIL zur Verfügung gestellt. Daraufhin kommt es Anfang Mai zu einem Gespräch der Geschäftsleitung mit Vertretern des Aktionsbündnisses und der DAV-Sektion Leipzig. Dürfen wir also für die nächsten Tage ein Frühlingserwachen in der Holzbergregion erwarten?
Die Chancen für eine einvernehmliche Lösung zum gegenseitigen Vorteil aller Beteiligten sind für jedermann unübersehbar. Jetzt bedarf es erheblicher gemeinsamer Anstrengungen und einer fairen Kooperation zwischen sehr unterschiedlichen Partnern, wenn es gelingen soll, eine konstruktive Konfliktlösung herbeizuführen.
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Es gibt 7 Kommentare
Noch eine Ergänzung. Die BI Böhlitz ist nicht verpflichtet dem Bauunternehmen einen Alternativstandort vorzuschlagen oder zu besorgen. Das ist alleine Aufgabe des Vorhabensträgers und Gegenstandes des notwendigen Antrages auf Befreiuung von den offensichtlich eintretenden artenschutzrechtlichen Verboten. Die am Holzberg brütende Uhus und die Laichplatzeignung des Gewässers reicht völlig aus für das Vorhaben nachzuweisen, dass die Beeinträchtigung der örtlichen Population im Sinne des Artenschutzes gegeben ist. Der zu stellende Antrag zur Befreiung von den artenschutzrechtlichen Verboten der Fa. KAFRIL scheitert auch schon deshalb weil für das Gewinn erziehlende Vorhaben niemals zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses vorliegen können. Die Idee der Firma am Holzberg Bauschutt in Dimensionen abzulagern, ist von Anfang an eine Totgeburt. Das weiss die Firma mittlerweile auch.,es geht hier nur noch um einen gesichtswarenden Rückzug mit wehenden Fahnen.
Liegt daran, dass die heutigen Entscheider kaum noch eine klassische Schulbildung haben. Naturwissenschaften wurden abgewählt, anschließend wurde Jura oder BWL studiert.
Gerade vor wenigen Tagen wurde kritisiert, dass die Politik bisher nur sehr wenig Empirie zum Pandemiegeschehen wahrgenommen habe.
Wundert mich nicht. Um Wissenschaft zu verstehen, muss man selbst ein gewisses Grundverständnis mitbringen (so wie gute Naturwissenschaftler auch für gesellschaftliche Themen ein wenig aufgeschlossen sein sollten). Das sollte man neben Künstlerischem, Sprachen usw auch schon in der Schule erlernt haben. Nur… bei Politikern der Gegenwart: s.o.
“Man hat das Gefühl das es massiv an einem Wissenstransfer aus Wissenschaft in die Kommunalpolitik mangelt.”
Danke. Ja, das ist ein wesentlicher Punkt, der in sämtlichen Wissensbereichen zutage tritt; ob nun Bildungspolitik, Digitalisierung, Sozialwesen o.a., und nicht nur kommunal!
Die zu lösende Frage ist nur, warum ist das so und wie könnte man es wieder in vernünftige Bahnen lenken?
Doch das werden wiederum nur private Initiativen anstoßen können… Ein Systemfehler.
Wir freuen uns über den Silberstreif am Horizont. UferLeben unterstützt die Bürgerinitiative Böhlitz seit 03.2019. Wie man überhaupt, in der heutigen Zeit, auf die Idee kommt ein solches Biotop zu zerstören ist uns schleierhaft. Wenn das Bergrecht eine Verfüllung des Biotops zulässt, ist es an der Zeit das Bergrecht zu ändern. Im Prinzip sieht es zur Zeit in Sachsen so aus, dass private Initiativen Aufgaben staatlicher Institutionen übernehmen müssen um die Natur zu schützen. Man hat das Gefühl das es massiv an einem Wissenstransfer aus Wissenschaft in die Kommunalpolitik mangelt. Es ist unbedingt notwendig mehr gut ausgebildete Nachhaltigkeitsbeauftragte mit Entscheidungsgewalt auf Kommunal- und Kreisebene zu installieren. Weiterhin müssen die Naturschutzbehörden besser personell ausgestattet werden um ihren Aufgaben auch nachkommen zu können.
Danke für dieses seltene aber überaus hoffnungsvolle Beispiel, wie Bürgerinitiativen im Biotop- und Artenschutz wirksam sein können. Die persönlichen Aufwendungen und den psychosozialen Stress, denen die Aktiven ausgesetzt sind, kann wahrscheinlich nur ermessen, wer sich selbst schon ähnlich engagiert hat. Andererseits ist es auch ein schöner Freizeitvertreib der Kreativität und Gemeinschaftsbildung zulässt und Ausdauer trainiert. Eine mögliche Alternative wem Glotzen und Golfen zu langweilig geworden ist.
Vor Beantragung zur Befreiung von den artenschutzrechtlichen Verboten hat der Vorhabensträger den Nachweis zu erbringen, dass es keine Alternativstandorte zum Verfüllen von Schuttmaterial gibt. Andere Standorte scheiden schon nicht deshalb als Alternative aus, weil deren Inanspruchnahme finanziell das Unternehmen belastet. Denn schon vor Annahme und Gewinnung von umfangreichen Verfüllmaterial muss der Annehmer und späterer Besitzer des Materials die Entsorgung des Materials nachweisen bzw. realistisch kalkulieren und planen. Die Verfüllung massiv dem Artenschutz entgegenstehender auch aus finanziellen Gründen vom Vorhabensträger bevorzugter und nicht genehmigungsfähiger Ideen sind in dem Sinne keine Alternative zu einer ordnungsgemäßen möglichen eventuell teureren Entsorgung an anderer Stelle. Das muss der Firma auch mal klar gemacht werden, ansonsten wird sich der Aufsatz analog im OVG-Urteil wiederfinden lassen.
Bei einer solch gravierenden Betroffenheit des Artenschutzes und der nicht möglichen Nachweisbarkeit alternativer Lösungen zum Verkippen von Schuttmaterial ist der Ausgang des Verfahrens absehbar. Sollte doch aus rein politischen Gründen eine Genehmigung des Verfüllens seitens des LRA erteilt werden, so ist das Urteil des angerufenen OVG’s absehbar. Das LRA sollte sich nicht blamieren wollen und vorsorglich zahlreiche vergleichbare Gerichtsverfahren in Sachsen recherchieren.